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Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.

Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Sie haben Nerven, oder Sie sind ein Vollidiot«, knurrte ihn der Mann mit dem groben Gesicht an. »Wenn ich den Zeigefinger bewege, sind Sie ein toter Mann. Ist das klar?«

      »Nicht unbedingt«, widersprach Parker höflich. »Es kommt darauf an, wie gut oder schlecht Sie schießen.«

      »Ich schieße sogar erstklassig«, warnte ihn der Mann. »Steigen Sie ein, Alterchen. Wenn Sie parieren, passiert Ihnen nichts. Wenn Sie Ärger machen, sind Sie Dauergast im Spital!«

      »Ihre Argumente überzeugen mich im Moment«, stellte Parker fest. »Aber ich möchte dennoch nicht versäumen, in aller Form gegen diese Art des Menschenraubs zu protestieren.«

      »Mach’ schon, Alter.« Der Mann zischte wie eine gereizte Klapperschlange. »Deinen Unsinn werde ich dir schon schnell austreiben …!«

      Parker stieg ein und hielt den Mund.

      Er hätte sich selbstverständlich zur Wehr setzen können. Er verzichtete darauf. Kontakt mit Gangstern jeden Kalibers war immer wichtig. Nur so erfuhr man schließlich, wie die Figuren im tödlichen Spiel verteilt waren …

      *

      Der Mörder aus dem ›Jackson‹, der Frank Carpenter erhängt hatte, konnte es einfach nicht fassen. Immer wieder nahm er die Brieftasche hoch, die vor ihm auf dem Tisch lag. Und immer wieder murmelte er Flüche, die von Minute zu Minute eindeutiger und wütender wurden.

      Er hatte allen Grund, sich so zu verhalten. Die Brieftasche vor ihm auf dem Tisch war nicht die, die man ihm aus der Brusttasche geschlitzt hatte. Es war die Brieftasche des jungen Taschendiebes. Und die war für den Mörder natürlich vollkommen wertlos.

      Er konnte es nicht riskieren, zurück ins ›Jackson‹ zu gehen. Nach seiner Flucht, nach dem Niederschießen des Hausdetektivs, durfte er sich dort nicht mehr sehen lassen. Es war überhaupt gefährlich für ihn, sich auf den Straßen sehen zu lassen. Schließlich wußte zumindest der Taschendieb, wie er aussah.

      Wie komme ich an die Brieftasche heran? fragte sich der Mörder. Umsonst habe ich Carpenter schließlich nicht umgebracht. Die Brieftasche stellt für mich ein Vermögen dar. Und abgesehen vom Geld garantiert sie sogar mein Leben. Kann ich sie nicht zurückholen, dann dürfte es mir an den Kragen gehen. Dann ist nicht nur die Polizei hinter mir her, sondern dann muß ich auch mit ein paar ausgesuchten Berufsmördern rechnen. Und die dürften gefährlicher sein als die Polizei. Sie werden mich aufspüren, ganz gleich, wo ich mich auch verstecke …

      Der Mörder zuckte zusammen.

      Das Telefon in seinem Hotelzimmer schrillte unangenehm laut. Allein dieses Geräusch war wie eine Mahnung. Der Mörder riß sich zusammen, gab sich einen Ruck und hob den Hörer aus der Gabel.

      »Hier Hyman«, meldete er sich.

      »Hier ist der Kaiser von China«, lautete die ironische Antwort. »Sie wissen, wer ich bin?«

      »Natürlich.« Walt Hyman spürte, daß sein Mund trocken wurde.

      »Wie sieht’s denn mit der Ware aus?« erkundigte sich der Mann am anderen Ende. »Ich soll sie doch gegen Abend bekommen, ja?«

      »Das geht klar«, antwortete Walt Hyman gegen seinen Willen. Die Angst vor dem Anrufer war größer als sein Mut, die Wahrheit zu bekennen.

      »Sehr schön.« Die Stimme des Anrufers klang wohlwollend. »Ich wußte doch, daß ich mich auf Sie verlassen kann, Hyman. Wann sehen wir uns?«

      »Gegen 22.00 Uhr. Auf den Twin Peaks.«

      »Wo da genau?«

      »Auf dem nördlichen Hügel, einverstanden?«

      »Schön. Vergessen Sie nicht zu kommen, Hyman! Aber so dumm werden Sie ja wohl nicht sein, oder?« Der Anrufer lachte leise auf.

      »Natürlich werde ich kommen«, gab Walt Hyman zurück. »Und vergessen Sie nicht, mir die Quittungen mitzubringen.«

      »Keine Sorge, Hyman! Auf mich, verstehen Sie, auf mich kann man sich verlassen.«

      »Ich weiß, ich weiß. Deshalb arbeite ich ja mit Ihnen zusammen.«

      »Was ist aus Ihrem Lieferanten geworden? Wird er keine Schwierigkeiten machen oder Verdacht schöpfen?«

      »Nein.«

      »Warum so kurz angebunden, Hyman?«

      »Am Telefon kann ich darüber nicht sprechen. Verlassen Sie sich darauf, er wird keine Schwierigkeiten machen.«

      »Na gut, das ist schließlich Ihr Job. Bis dann …!«

      Walt Hyman hörte das-Klicken in der Leitung. Er hielt den Hörer in der Hand und starrte die Zimmerwand an. Er hatte das Gefühl, als zöge sich ein dichtes Netz über seinem Kopf zusammen.

      Wütend warf er den Hörer in die Gabel.

      Er stand auf, zündete sich eine Zigarette an.

      Ich sollte sofort abhauen, sagte er sich. Warum habe ich nicht den Mut, alle Brücken hinter mir einzureißen? Ich brauche doch nur raus zum Flugplatz zu fahren und zu verschwinden …

      Aber vielleicht wird der Flugplatz überwacht. Vielleicht lassen sie mich schon seit Tagen nicht mehr aus den Augen. Vielleicht wissen sie, daß ich nur zu gern verschwinden möchte …

      Walt Hyman, der Mörder mit den schwachen Nerven, trat ans Fenster und sah hinunter auf die Straße. Der Betrieb auf der Straße und auf den Gehsteigen war normal. Schaulustige standen vor Fensterauslagen der Geschäfte, unterhielten sich am Straßenrand, saßen in parkenden Wagen und verschwanden in Geschäften.

      Jedermann von diesen Leuten konnte ein Spitzel sein. Jeder konnte den Auftrag haben, ihn, Walt Hyman, zu beschatten. Gab es überhaupt noch eine Fluchtmöglichkeit? Würden ihm am Abend wirklich die Quittungen ausgehändigt werden? Fragen über Fragen! Der Mörder wischte sich über die Stirn. Nein, er mußte mitspielen. Er mußte wenigstens so tun, als sei alles in Ordnung.

      Er ging zurück zum Sessel und ließ sich in die Polster fallen. Es mußte doch noch einen Ausweg geben, um den tödlichen Kreis zu durchbrechen.

      Nun, solch ein Ausweg verlangte Mut und Härte. Der Mörder prüfte sich, ob er die Nerven hatte, einen ganz bestimmten Plan durchzuführen. Dieser Plan war lebensgefährlich für ihn, aber er war und blieb die eine Möglichkeit, das Beste aus dieser Situation zu machen. Er mußte doch noch einmal zurück ins ›Jackson‹. Und zwar nach Ladenschluß. Er mußte alle Schränke des Detektivbüros nach der bewußten Brieftasche durchwühlen. Er war sicher, daß sie sich noch im ›Jackson‹ befand.

      Fand er sie aber nicht, dann mußte seine Waffe noch einmal sprechen …

      *

      »Ich möchte als sicher unterstellen, daß Sie mich nicht zu einer Spazierfahrt eingeladen haben«, sagte Josuah Parker höflich. »Um auf den Kern der Sache zu kommen, was kann oder muß ich für Sie tun?«

      »Erst mal den Mund halten«, sagte der Beifahrer mit dem groben Gesicht.

      »Ich beuge mich natürlich Ihren Wünschen. Aber gehe ich richtig in der Annahme, daß es sich um den leider so plötzlich verstorbenen Mr. Frank Carpenter handelt?«

      »Er trifft den Nagel auf den Kopf«, wandte sich der Beifahrer an den bisher schweigsamen Mann am Steuer. »Was sagst du zu diesem klugen Burschen?«

      »Laß dich auf nichts ein«, warnte der Fahrer seinen Partner. »Ich wette, dieser alte Knabe hat es faustdick hinter den Ohren.«

      »Wogegen ich protestieren möchte«, schaltete sich Josuah Parker ein. »Ich pflege mich jeden Morgen zu waschen.«

      »Halt jetzt endlich den Mund«, schnauzte der Beifahrer. »Sei froh, daß wir keine anderen Saiten aufziehen.«

      Parker zog es vor, ab sofort den Mund zu halten.

      Der Buick kreuzte die Market Street, bog in die Mission Street ein und fuhr dann in normalem Tempo hinunter zum Hafen in Richtung der Fährkais.


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