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Stille Nacht light. Usch HollmannЧитать онлайн книгу.

Stille Nacht light - Usch  Hollmann


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sich ein geradezu hektischer Mailverkehr zwischen ihm und mir.

      „Liebe Nichte – wir haben uns entschlossen, am 1. Oktober in unser Winterquartier zu ziehen. Uta soll aber des wegen nicht auf ihr geliebtes Weihnachtsfest und Du nicht auf Dein Geschenk verzichten müssen. Ich habe vor – pst, Uta weiß nichts davon! – den Heiligen Abend auf den 24. September vorzuverlegen. Du bist herzlich dazu eingeladen und darfst mir sogar dabei helfen. Gut, dass Uta keine Computerkenntnisse hat, so können wir uns auf diesem heute nicht mehr ungewöhnlichen Wege mit Mails konspirativ verständigen. Dein Onkel Hubert.“

      „Lieber Onkel Hubert, welch großartige Idee! Ich danke Dir für deine Einladung und komme natürlich gerne. Wer lässt sich schon eine Weihnachtsfeier am 24. September entgehen. Habe das Datum bereits im Kalender vorgemerkt. In welcher Form kann ich dir helfen? Deine Annette bzw. DA. (Ich werde künftig aus konspirativer Vorsicht dieses Kürzel benutzen).“

      Schon zwei Stunden später erschien die Antwort auf meinem Bildschirm.

      „Liebe Annette. Es soll richtig schön weihnachtlich werden, mit Tannenbaum und selbstgebackenen Plätzchen und weihnachtlicher Musik. Auf den Besuch der Christmette werden wir allerdings aus naheliegenden Gründen verzichten müssen, nicht aber auf weihnachtliche Musik. Ich habe bereits angefangen, ‚Es ist ein Ros’ entsprungen‘ auf der Blockflöte zu üben. Auf die Idee kam ich gestern Morgen, als ich beim Gang durch den Garten zu meiner Freude sah, dass die Gloria Dei eine zweite Blüte angesetzt hatte. Natürlich kann ich nur üben, wenn Uta außer Haus ist – und weil die Blockflöte nicht zu überhören ist, musste ich unsere Nachbarn, Herrn und Frau Gruber, in meinen Plan einweihen, den Heiligen Abend auf den 24. September zu verlegen, und habe sie deshalb auch zum Fest eingeladen. Sie zeigten sich sehr verständnisvoll und gutmütig. Gruß OH.“

      „Lieber OH. Was weihnachtliche Musik betrifft: Ich könnte Dich auf der Gitarre begleiten. Was wird es übrigens zu essen geben? Soll ich etwas mitbringen? Mit Gänsebraten oder Karpfen sieht es im September allerdings schlecht aus. DA“

      „Liebe Annette, ein guter Kartoffelsalat tut’s auch und ist im Übrigen ohnehin unser traditionelles Essen am Heiligen Abend. Erfahrungsgemäß schmeckt Kartoffelsalat aber auch im September. Ich werde die Würstchen besorgen, das ist nicht schwer. Hingegen wird es ein Problem sein, im September einen Tannenbaum zu bekommen. Hast Du eine Idee? OH“

      „Lieber OH, ich habe im letzten Jahr einen kleinen immergrünen Tannenbaum aus Plastik auf dem Flohmarkt erstanden, er sieht sehr natürlich aus und wird auch bei sommerlichen Temperaturen nicht nadeln. Soll ich ihn mitbringen? DA.“

      Am 20. September meldete der Wetterbericht ein spätsommerliches Hoch, und es kostete mich einige Überwindung, bei 25° im Schatten die gewünschte Portion Spritzgebäck zu backen. Onkel Hubert hatte gemailt, er habe die Wachskerzen für meine Plastiktanne versuchsweise in die Kerzenhalter gesteckt, aber sie hätten sich in der Sommerhitze kläglich verbogen. Und weiter:

      „In mehreren Geschäften habe ich nach Süßigkeiten gesucht, die sich als essbarer Christbaumschmuck eignen, bin aber nicht fündig geworden. Nun habe ich zehn Schokoladen-Überraschungseier mit bunten Bändchen zum Aufhängen vorbereitet und der Hitze wegen in der Kühltruhe versteckt. Wann wirst Du kommen? OH“.

      Was für eine Idee: Überraschungseier als Christbaumschmuck! Aber typisch für meinen spleenigen Onkel und getreu seinem Motto: „In allen Lebenslagen Onkel Hubert fragen!“

      „Lieber OH, tolle Idee, das mit den Überraschungseiern. Wenn wir schon beim Überraschen sind: Soll ich schon gegen Mittag als Überraschungsgast kommen und mit Tante Uta eine Kaffeefahrt unternehmen, damit Du in Ruhe den Baum dekorieren kannst? DA“

      „Liebe Annette, Du erscheinst als rettender Weihnachtsengel – ich erwarte Dich gegen 15 Uhr. Wenn Ihr dann gegen 18 Uhr zurück seid, habe ich in der Zwischenzeit alles vorbereitet. OH“

      Und dann lief eigentlich alles wie am Schnürchen. Am 24. früh morgens zog ich mein luftigstes Sommerkleid an. Dann füllte ich den am Vorabend zubereiteten Kartoffelsalat in eine verschließbare Schüssel, das Spritzgebäck in eine Weihnachtsdose, verstaute alles in einer Kühlbox und brachte es ins Auto, ebenso die Gitarre nebst Notenbüchlein mit Weihnachtsliedern. Gegen Mittag fuhr ich los. Es war mörderisch heiß und ich schaltete die Klimaanlage ein.

      Pünktlich um 15 Uhr kam ich bei Onkel Hubert und Tante Uta an und klingelte. „Nein, so eine Überraschung, wie kommen wir zu der Ehre, dass Du uns am heißesten Tag des Jahres besuchst? Uta, schau mal, wer gekommen ist …“ Onkel Huberts Begeisterung klang absolut überzeugend. Er zwinkerte mir fröhlich zu. Tante Uta umarmte mich herzlich und bat mich herein.

      Es war nicht schwer, sie nach einigem Hin und Her zum Eisessen an einen der nahe gelegenen Baggerseen einzuladen. Onkel Huberts Weigerung, sich dem Ausflug anzuschließen, wurde akzeptiert – er müsse den Rasensprenger beaufsichtigen. Tante Uta holte ihre Handtasche und wir fuhren zu zweit los. Herr und Frau Gruber im Garten nebenan winkten zum Abschied.

      Wir hatten uns viel zu erzählen. Tante Uta sprach über ihren Plan, den Winter im warmen Süden zu verbringen – was man alles zu bedenken habe und was alles mitzunehmen sei. „Stell dir vor, Hubert will sogar den Christbaumschmuck mitschleppen, so ein Blödsinn, er meint es ja gut, aber das finde ich nun doch übertrieben … was Männern so manchmal in den Kopf kommt.“

      Wir unterhielten uns prächtig.

      Zur verabredeten Zeit waren wir zurück. Onkel Hubert hatte sich umgezogen und empfing uns im dunklen Anzug. Der Schweiß rann ihm von der Stirne. Er schob Tante Uta ins Wohnzimmer. Dort stand an gewohntem Platz meine geschmückte Plastiktanne, die Überraschungseier baumelten zwischen Strohsternen und Lametta und die Kerzen brannten, allerdings nicht alle. Mehrere hatten der Hitze nicht standhalten können und hingen mit den Dochten nach unten. Tante Uta stand sprachlos im Türrahmen, ihre Handtasche noch in den Händen und Tränen in den Augen.

      Onkel Hubert wollte eben mit seiner vorbereiteten Ansprache beginnen, als Herr und Frau Gruber nach kurzem Anklopfen durch die offene Terrassentür traten und „Fröhliche Weihnachten“ riefen. Tante Uta ließ verblüfft ihre Handtasche zu Boden fallen, und ich hielt es für angebracht, ihr einen Stuhl in die Kniekehlen zu schieben ...

      Onkel Hubert setze neu an und erklärte seiner „ehemaligen Verlobten“ in wohlgesetzten Worten, was der Anlass zu dieser vorgezogenen Weihnachtsfeier sei. Dass man ja in diesem Jahr im neuen Winterquartier wohl nicht wie bisher würde Weihnachten feiern können, aber da Uta so sehr an diesem Fest hinge, hätte er sich gedacht …

      Es wurde eine rührende Liebeserklärung daraus. Frau Gruber bat Herrn Gruber um ein Taschentuch und auch ich musste tief durchatmen. Tante Uta ging zu ihrem Gatten, zog ihm das dunkle Sakko aus, wischte ihm mit bloßer Hand über die nasse Stirn und umarmte ihn. Ich sah nur noch durch einen Tränenschleier, wie sie sich küssten.

      Dann löste er sich aus der Umarmung, griff nach seiner bereitgelegten Blockflöte und gab mir ein Zeichen, meine Gitarre ebenfalls zur Hand zu nehmen. Doch bevor wir zu spielen anfingen, überreichte Onkel Hubert seiner Uta eine knapp aufgeblühte rote Rose, und danach erklang unser leider nicht genügend geübtes „Es ist ein Ros’ entsprungen“ – ziemlich stümperhaft, wodurch zum Glück die Feierlichkeit des Augenblickes ein rasches Ende fand.

      „Nein, so eine Überraschung – auf solch eine verrückte Idee kann nur mein


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