Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther KabelЧитать онлайн книгу.
und Coys Rangen stinken immer nach irgend etwas.
Das Leben ist schön, wenn man keinen Smoking zu tragen braucht …
Also – nachmittags Pumajagd …
Mein Freund Coy
1. Kapitel
Ich hatte, so lange ich in der Welt lebte, nur einen Freund. Unter Welt verstehe ich das, was nicht »die Welt« ist, nicht meine Welt der Freiheit und der freien Persönlichkeit.
Dieser Freund war ein Hund, ein Bastard, Kreuzung zwischen Dobermann und Schäferhund. Meine Bekannten lachten mich aus, weil ich so vernarrt in das Tier war. Ich hatte es, während ich noch in Charlottenburg studierte, vollkommen verwahrlost im Tiergarten aufgelesen, als schon ein Hundefänger seine Schlinge bereit hielt. Sechs Jahre hat »Malm« (ein Phantasiename, eine Abkürzung von Malmö, meiner Vaterstadt) mir eine Liebe und Anhänglichkeit bewiesen, zu der kein zweibeiniges Gottesgeschöpf mit solcher Selbstlosigkeit fähig ist. Malm begleitete mich nach Indien, Australien und nach Sumatra, – wohin mich immer mein Ingenieurberuf führte. Malm starb für mich in Kota Matta, mitten in der Sumatrawildnis durch einen Leopardenbiß. Mein sogenannter Freund und Kollege K. riß aus, nachdem er das Raubtier gefehlt hatte, obwohl sein Patronenrahmen noch vier Schüsse enthielt. Malm starb für mich. Sein Tod gewährte mir die nötigen zehn Sekunden, um meine eigene an einem Baume lehnende Büchse zu holen. Ich werde Malm ebensowenig vergessen wie Coy Cala, den Araukaner. –
Coy lag neben mir im Steppengras auf der Hügelkuppe hinter den gelben Dornenblüten und den zähen bräunlichen Ranken. Unsere Pferde standen hinter uns in einer Bodensenkung. Coy hatte soeben den prächtigen Puma abgehäutet, die Fangzähne herausgebrochen und den Kadaver in eine tiefe Regenrinne geworfen. Dann war ich des einzelnen Mannes ansichtig geworden, der von den westlichen letzten Ausläufen der Anden her mit einem langen Stecken in der Hand sich über die von Gürteltieren aufgewühlte Sandebene tastete.
Tastete – – fühlte, genau wie ein Blinder.
Mein Fernglas bestätigte mir, daß der barhäuptige Europäer dort fraglos das Augenlicht verloren hatte.
»Mistre,« sagte der braune Coy zu mir, »wie kommen Mann hier in Einsamkeit?!«
Meines Freundes Coy englische Sprachkenntnisse sind genau so eigenartig und mangelhaft wie seine religiösen Vorstellungen. Der Aufenthalt in einer der amerikanischen Missionsstationen hier am Rande des südlichen Südamerikas ist ihm schlecht bekommen.
»Der Mensch ist vollständig erschöpft,« erklärte ich, nahm die Sniders-Büchse und erhob mich. »Gehen wir ihm entgegen, Coy … Du hast ganz recht: Was tut der Mann hier in der Südwestecke Patagoniens?!«
Coy Cala schritt neben mir, den Karabiner im rechten Arm.
Der Fremde war in einem der zahllosen trockenen Flußtäler verschwunden.
»Mistre, können sein Harzsucher,« meinte mein Freund nachdenklich. »Tragen Lederanzug wie wir, haben Pistole am Gurt, Messer und kleines Beil. Vielleicht Harzsucher von Dorf nördlich von Gallegos-Bucht.«
Wir hatten den Südrand des Flußbettes erreicht. Er fiel steil ab. Unten lagen Steine, Felsen. Ein Trupp kleiner Pampasstrauße jagte in wilder Flucht gen Osten, setzte dabei über alle Hindernisse mit Riesensprüngen hinweg und verschwand.
Unser Mann kniete am Boden neben einer lehmigen, von den Vögeln aufgerührten Regenpfütze und schöpfte den eklen Trank mit einem kleinen zerbeulten Aluminiumbecher. Wir beobachteten ihn. Die Entfernung betrug fünfzig Meter.
Der arme Kerl dort – bemitleidenswerter Anblick! Das blonde fahle Haar war lang und verwahrlost. Der Bart genau so, das Gesicht mager, tief gebräunt und rot gesprenkelt. Diese kleinen roten Beulen hatten gelbe Eiterköpfe. Bis zum Kinn, den Ohren, dem Haaransatz zeigten sich diese entsetzlichen Merkmale der in Südpatagonien zum Glück so seltenen Chapo-Ameisen.
»Chapo!!« sagte Coy gleichmütig. »Mann sein blind von Chapo. Das kennen, Mistre … Chapo Aasfresser. Wenn Menschen beißen, geben Geschwüre.«
Ich schaute mich nach einer weniger abschüssigen Stelle um, und als ich ein paar Schritte zur Linken lehmharte Terrassen entdeckt, in denen der feine Glimmerstaub wie Goldkörnchen leuchtete, wollte ich mich dorthin wenden, denn es drängte mich, den Ärmsten da unten, den das Schicksal so furchtbar heimgesucht hatte, unsere Nähe kundzutun und ihm unsere Hilfe anzubieten. Aber Coy legte mir die schmutzige, noch mit getrocknetem Pumablut getünchte Hand auf den Arm.
»Mistre, dort …!«
Er wies in die Ferne, gen Westen …
»Andere Mann kommen, Mistre, zweite Mann auf Fährte von Blinden. Kommen geritten, Mistre. Sehen?«
»Nein, Coy. Ich habe nicht deine Augen …«
»Fernglas nehmen … Erst verstecken aber. Dort Buchen, gut sein …«
Die immergrünen Buchen Patagoniens mit ihren üppigen Schößlingen boten genügend Schutz. Der Reiter konnte uns noch nicht wahrgenommen haben. Die untergehende Sonne stand hinter uns, und sie schien heute klar und grell wie selten.
Der Reiter näherte sich im Schritt. Mein Fernglas zeigte mir einen Tehuelchen, einen Sohn der Steppe, mit breitem Strohhut und einem Lederkostüm, wie wir es trugen.
»Blicken immer auf Spur von Blinden, der dreckige Tehu,« meinte Coy mit ungeheurer Verachtung. Denn Coy Cala war Araukaner. Sein Volk wohnte weiter nördlich, und wie ausgerechnet diese kleine Kolonie Araukaner hier an die Ufer der Gallegos-Bucht geraten, hatte ich noch immer nicht feststellen können. Die Leute sprachen nicht darüber, und wenn ich Coy fragte, zuckte er nur die Achseln … »Nicht wissen, Mistre … Zu lange her,