Butler Parker 152 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
größten Wert legte. Er rüstete sich zusätzlich mit einigen Gegenständen aus, die vielleicht nutzbringend anzuwenden waren, und machte sich dann auf den Weg.
Er benutzte sein hochbeiniges Monstrum, wie sein Privatwagen von Freund und Feind genannt wurde. Es handelte sich dabei um ein ehemaliges Londoner Taxi sehr alter Bauart, das sich durch kantige Formen auszeichnete. Rein äußerlich wirkte dieser Wagen langsam, vielleicht sogar asthmatisch, doch genau das Gegenteil war der Fall.
Butler Parker hatte diesen Wagen nach seinen sehr eigenwilligen Vorstellungen modifiziert. Unter der eckigen Motorhaube befand sich ein Kraftwerk, das einem Rennwagen alle Ehre gemacht hätte. Die Bremsen und auch das Fahrwerk waren dementsprechend umgestaltet worden. Wenn es sein mußte, konnte Parker mit seiner Trickkiste auf Rädern, wie man sein Fahrzeug auch respektvoll nannte, eine unwahrscheinliche Geschwindigkeit vorlegen.
Aus Gründen der Sicherheit hatte Parker diesen Wagen in der schmalen Gasse hinter dem Fachwerkhaus abgestellt. Zur Straße hin war diese Gasse durch ein elektronisch funktionierendes Gitter abgesichert. Ein Tor schwang gehorsam zur Seite, nachdem der Butler vom Fahrersitz aus per Knopfdruck die Öffnung eingeleitet hatte. Elektrowellen einer bestimmten Frequenz setzten den Öffnungsmechanismus in Gang. Parker rollte in die Seitenstraße, um dann von dort aus die eigentliche Straße zu benützen. Während dieser Fahrt in die nahe City von London schaute er wiederholt in den Rückspiegel und entdeckte schon bald einen Volkswagen, der ihm hartnäckig folgte.
Parker übersah das gelassen.
Ihm kam es schließlich darauf an, Kontakt mit den japanischen Rittern aufzunehmen. Er zweifelte keine Sekunde daran, daß man versuchen würde, ihn in die Lage zu bringen, einige Wochen Gast eines Unfall-Hospitals zu werden. Obwohl man es wahrscheinlich mit Amateuren zu tun hatte, waren diese Leute doch recht gut informiert, was ihn, Lady Simpson, Kathy Porter und Mike Rander betraf.
Parker machte es dem Verfolger bequem. Als er die Innenstadt erreichte, steuerte er ein Parkhochhaus an und brachte seinen hochbeinigen Wagen bis zum höchsten Parkdeck. Dann verließ er den Fahrersitz, korrigierte seine Kleidung, legte den ausgewechselten Regenschirm über den angewinkelten linken Unterarm und schritt gemessen und würdevoll zum Treppenhaus. Er empfand es als wohltuend, daß auf diesem Parkdeck so gut wie kein Gast zu sehen war. Es gab da zwar ein Ehepaar, das aber den Fahrstuhl benutzte, um nach unten zu gelangen.
Butler Parker hatte seine Gegner richtig eingeschätzt. Sie waren allerdings noch schneller und näher, als er ausgerechnet hatte. Parker hatte das Treppenhaus fast erreicht, als die Eisentür jäh aufgestoßen wurde.
Zwei Samurai erschienen auf der Bildfläche, stießen drohende Laute aus, die irgendwie an Grunzen erinnerten, zogen blitzschnell ihre Schwerter aus den Scheiden und schwangen sie ausgesprochen kriegerisch durch die Luft.
»Ich gestatte mir, Ihnen meinen Gruß zu entbieten«, sagte der Butler und lüftete höflich die schwarze Melone, »darf oder muß man sogar unterstellen, daß Sie sich nicht in friedlicher Absicht eingefunden haben?«
Sie verzichteten auf eine Antwort und wollten die Schärfe ihrer leicht gebogenen Schwerter an Parkers Körper demonstrieren. Josuah Parker sah sich daher genötigt, gewisse Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
*
Amateure waren es nicht, die auf ihn eindrangen.
Sie hatten die Kunst des Schwertkampfes genau studiert und eindeutig nur das eine Ziel, Parker erheblich zu verletzen – oder ihn gar zu toten. Sie wollten es so schnell wie möglich hinter sich bringen und verzichteten auf alle üblichen Einleitungen.
»Sie zwingen meine Wenigkeit, gewisse Rücksichten hintanzustellen«, sagte Josuah Parker und hob seinen präparierten Regenschirm. Er blockte einen Schlag geschickt ab und ging sofort zum Gegenangriff über. Er nutzte die kurze Verwirrung des Samurai, der wohl damit gerechnet hatte, schon jetzt den entscheidenden Treffer anbringen zu können. Parker stach ein wenig formlos und überhaupt nicht im Sinn der japanischen Fechtkunst zu und traf die Magenpartie des Ritters, der erst mal scharf die Luft einsog, um dann leichte Konditionsschwierigkeiten zu zeigen.
Der zweite Samurai witterte eine Chance, die Blöße zu nutzen, die Parker sich dabei geben mußte. Der Mann im Ritterkostüm ließ sein Schwert herumwirbeln, wollte den Butler verwirren und dann seinen Streich anbringen ...
Er traf voll die Luft.
Butler Parker legte eine Leichtfüßigkeit an den Tag, die beachtenswert war. Vom Schwung mitgerissen, fiel der Samurai nach vorn und bot dem Butler seinen nur oberflächlich geschützten Hinterkopf dar.
Natürlich konnte Josuah Parker nicht widerstehen.
Blitzschnell langte er mit dem Schirmstock zu und traf genau das Ziel. Der Samurai hüstelte betroffen und klatschte auf den Zementboden des Parkdecks. Er scharrte und zappelte noch mit den Beinen, entschloß sich dann aber, erst mal Ruhe zu geben.
Der erste Samurai hatte den Magenstoß inzwischen verdaut und wollte es jetzt wissen. Er stieß einen wilden Brüller aus, ließ sein Schwert herum wirbeln und es fast zu einer Scheibe werden. Er brachte den Butler dazu, sich erst mal zurückzuziehen. Parker tat dies sehr bewußt und provozierte bei dem angeblichen japanischen Ritter ein gewisses Überlegenheitsgefühl...
»Ihre Künste sind ausgesprochen bemerkenswert«, sagte Parker, dessen Atem ruhig ging, »falls meine Wenigkeit die Möglichkeit dazu hätte, würde man bewundernd die Kopfbedeckung lüften.«
»Jetzt bist du reif«, erwiderte der Ritter hinter seiner Gesichtsmaske und wurde noch eifriger.
»Ihr Englisch dürfte aus dem Süden Londons stammen«, stellte der Butler weiter fest.
»Damit werden Sie kaum noch was anfangen können.« Der Ritter wurde noch zudringlicher und schneller. Er wähnte sich bereits auf der Siegerstraße und wurde unvorsichtig. Als er gerade geantwortet hatte, zeigte sich, daß er sich körperlich ungemein anstrengte.
»Und jetzt!« Er fintierte, absolvierte einen blitzschnellen Rundschlag, warf sich vor, ging in Auslage, zog sich zurück und ... starrte dann verdutzt auf seine Führungshand. Sie war nämlich leer und zusätzlich noch geprellt worden. Parker hatte mit seinem Regenschirm einen Konter ausgeführt und dem Ritter das blinkende Schwert aus der Hand geschlagen.
»Auch die europäische Fechtkunst hat einiges zu bieten«, sagte Parker gemessen, benutzte den Schirmstock als Degen, fintierte seinerseits und fand eine geeignete Lücke zwischen zwei »Lederschuppen« des Brustpanzers. Bevor der Japan-Ritter diesem Stoß aus weichen konnte, war es bereits geschehen. Der Getroffene jaulte auf wie ein getretener Hund und verbeugte sich tief vor dem Butler.
»Wenn Sie erlauben, werde ich Sie anästhesieren«, schickte der Butler voraus, um dann den schweren Stahlgriff seines Regendaches auf den Hinterkopf des Mannes zu legen. Aus der Verbeugung wurde ein Niederknien. Parker trat höflich-abwartend einen halben Schritt zurück und registrierte dann die Flachlage des Samurai.
»Kann man helfen?« erkundigte sich in diesem Moment eine sonore Stimme. Parker wandte sich halb zur Seite und grüßte einen Herrn, der eben erst den Aufzug verlassen hatte. Er zeigte jene englische Zurückhaltung, die sprichwörtlich war.
»Vielen Dank, Sir«, gab Parker zurück und lüftete die schwarze Melone, »Sie sind gerade Zeuge einer Filmaufnahme mit versteckter Kamera, wie ich Ihnen verraten möchte.«
»Dann will ich nicht länger stören.« Der Gentleman grüßte seinerseits und ging zu seinem abgestellten Wagen. Als er zur Wendel fuhr, die hinunter zur Straße führte, warf er keinen einzigen Blick auf die Szene, die er gerade beobachtet hatte. Er wollte wirklich nicht stören, wie er gerade erst versichert hatte.
Parker begab sich zu seinem Wagen und brachte ihn in die Nähe der beiden noch immer tief schlafenden Samurai. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis er sie im Kofferraum seines hochbeinigen Monstrums untergebracht hatte.
*
Butler Parker befand sich in Soho.
Er hatte seinen Wagen auf einem Parkplatz abgestellt und betrat ein Lokal, das sich auf Fremdenverkehr spezialisiert hatte.