Эротические рассказы

Nick Tappoli. Jakob Christoph HeerЧитать онлайн книгу.

Nick Tappoli - Jakob Christoph  Heer


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Flugabenteuer immer noch nicht recht verziehen hatte, des Guten zu viel. Und er achtete auch nicht groß darauf, wie die Augen Ulrichs baten und flehten.

      Er verlangte ein paar Tage Bedenkzeit. »Es ist eine Sache, die man nicht übers Knie brechen kann.«

      Als Jaberg gegangen war, wandte er sich an die Mutter: »Was braucht Uli als künftiger Schmied Gymnasialbildung! Ich fürchte, die Schule verdirbt ihn bloß für die Arbeit.«

      »Ist es denn nötig, daß alle unsere vier Buben wieder Schmiede werden? Genügt es nicht, daß du Friedrich nach Winterthur in die Lehre gegeben hast?« ereiferte sich die Mutter. »Gibt es denn wirklich ohne Handwerk kein Glück in der Welt, und beleidigen wir nicht Gottes Vorsehung, wenn wir Uli ein Tor verschließen, das sich ihm ohne unser Dazutun aufgeschlossen hat?« Die zarte, schwarzhaarige Frau wehrte sich für die Jugendrechte des Knaben wie eine Löwin für ihr Junges, und Meister Junghans, der sonst sein Wort als unanfechtbar und unwiderruflich betrachtete, fand an ihren kampfbereiten Augen Wohlgefallen. »Du kleines Weib, was verstehst denn du von den Dingen der Welt! Uli hat mich nun einmmal durch seinen Flug in die Brombeerstauden erschreckt.« Die tapfere Frau rief den Pfarrer zum Bundesgenossen auf, und Tappoli, der sich an allem freute, was der Spießbürgerlichkeit und dem staubigen Alltag zuwiderlief, brachte Ulrich auf das Konstanzer Gymnasium.

      So nahm die törichte Fliegerei für den Knaben doch noch ein gutes Ende.

       Inhaltsverzeichnis

      Ulrich wohnte mit Gerold und dessen Vater in dem Schlößchen, das mit vier großen Pappeln vor dem Giebel auf der Höhe von Kreuzlingen steht und über Konstanz, den Bodensee und den Rhein hinausblickt. Jeden Morgen wanderten die Freunde mit ihren Büchern hinab in die Stadt. Gerold, der wohl wegen des Adelstitels, aber auch wegen seines liebenswürdigen Wesens von den Mitschülern viel umworben war, hielt mit niemand treuere Freundschaft als mit dem Gespielen von Eglisau, der, aus härterem Stoff geschaffen, die größere geistige Spannkraft besaß und in seinen Gedanken tiefer grub. Der junge, weichgeartete Edelmann, der nur durch eine rührende Pflichttreue und hingebenden Fleiß mit dem begabteren Freunde Schritt zu halten vermochte, sah ihn oft mit leistraurigem Lächeln an. »Gott, wär' ich so frisch und stark wie du! Mein Vater hat wohl Recht, wir leiden unter dem alten Blut.«

      In der feinen Seele Gerolds wohnte aber noch ein Schmerz, über den er nicht sprach, den Uli jedoch ahnte: das Leid darüber, daß sich die Eltern geschieden hatten. Jedes Jahr zweimal verbrachte er die Ferien bei der Mutter, die auf einem Gute bei Lübeck in ihrer Heimat lebte. Dann kam er jedesmal etwas bedrückt an den Bodensee zurück. Was war es für ein herbes Knabenlos, die Mutter zu entbehren, wenn er beim Vater weilte, den Vater, wenn er bei der Mutter zu Besuch war! Er liebte beide zärtlich. An diesem Zwiespalt lag es wohl, daß aus seinem sonst rüstigen Wesen stets etwas wie ein stummes Leiden sprach.

      Desto mehr fühlte Uli sich verpflichtet, Gerold ein herzlicher Kamerad zu sein, und durfte sich getrösten, daß er die Wohltaten, die ihm Doktor von Jaberg in väterlichem Wohlwollen erwies, an den Freund nach bestem Vermögen heimzahle. Er verlebte auf dem Schlößchen zwei schöne Jahre, und als die hellsten Lichter darin erschienen ihm die Wandertage, an denen sie mit Vater Jaberg die Gestade und Städtchen des Bodensees und des Oberrheins durchstreiften. Aus der Wärme seines Wesens und der Fülle seines Wissens plauderte der Gelehrte mit ihnen. »Mir ist der Bodensee ein Heiligtum, ein Urherd menschlicher Kultur, die Stätte, an der sich die frühesten Schicksale Mitteleuropas begeben haben.«

      Für seine Studien hätte er sich keinen eifrigeren Schüler wünschen können als Ulrich. Und der Junge nährte nur den einen Wunsch, daß ihm das Leben stets so freundlich gesinnt bleiben möge wie in den Konstanzer Tagen.

      Als er sich dabei überraschte, lag ihm aber vom letzten Besuch im Elternhause her schon ein tiefer Kummer in der Brust. Der Vater war an einem hartnäckigen Husten erkrankt, die Backenknochen stachen ihm unheildrohend hervor, er fiel aus den Kleidern, und sein schöner blonder Bart begann bereits zu ergrauen.

      Bald besuchte Ulrich die Eltern wieder. Da fand er den Vater, der bis dahin aus lauter Liebe zu den Kindern in den Fragen der Erziehung fast zu streng gewesen war, plötzlich von einer Milde, die ihn erschreckte. In einem Zug tat ihm das veränderte Wesen, die herzliche Güte des Leidenden wohl und weh.

      Als er den Eltern gute Nacht bot, hielt ihn die Mutter zurück. »Wir haben mit dir Ernstes zu sprechen, Uli. So sehr wir die Güte des Herrn von Jaberg gegen dich schätzen und uns deiner vortrefflichen Zeugnisse freuen, so kann von deinem Gymnasialbesuch doch nicht weiter die Rede sein. Du mußt in die Werkstatt treten und den Vater entlasten. Wir haben uns lange gegen den Gedanken gesperrt und Friedrich heimrufen wollen, aber sein Meister gibt es nicht zu. Also müssen wir uns an dich halten. Wie schmerzlich es dir sein mag, armer Bub, so kennst du nun deine Pflicht! In einer so großen Familie wie der unsern muß eins dem andern helfen und Opfer bringen. Und du hast ja nicht nur den hellen Kopf für die Studien, sondern auch die ebenso geschickten Hände für die Arbeit. In Gottes Namen füg dich drein.« Der blasse, hüstelnde Vater nickte. »Ja, so ist's leider, Uli. Ich hätt's dir besser gegönnt!«

      Dem Knaben verschlug die elterliche Eröffnung die Sprache. Im Bett weinte er still und heiß. Es war ihm unendlich schwer, den Traum aufzugeben, daß er sich ähnlich wie Doktor von Jaberg den Wissenschaften widmen könne und sein Name einmal von den Erfolgen einer gelehrten Laufbahn umglänzt werde. Ihm war, diese Nacht lege seine Jugend in Trümmer, eine blühende Welt, deren Schönheit er erst jetzt begriff, da sie für ihn unterging. Am Morgen jedoch trat er gefaßt vor die Eltern: »Also werde ich Schmied und kehre bloß nach Konstanz zurück, um mich von Gerold und seinem Vater zu verabschieden.«

      Die Aussprache mit diesen beiden ging leichter, als er sich gedacht hatte. »Auch bei uns liegen Pläne vor, die tiefer in mein Leben eingreifen,« erzählte ihm Gerold. »Die von meinem Vater kürzlich veröffentlichten ›Wanderstudien aus der Vorgeschichte des Bodensees‹ haben ihm mancherlei Anerkennung eingetragen. So die Einladung der mit reichen Mitteln ausgerüsteten Prähistorischen Gesellschaft in Kopenhagen, daß er zur Heranbildung junger dänischer Forscher in Jütland und auf den benachbarten Inseln ähnliche Untersuchungen alter Kulturreste und Denkmäler veranstalte wie am Bodensee. Der Antrag lockt ihn; es gibt dagegen nur das einzige Bedenken, daß ich mich wegen meines Bildungsganges von ihm trennen muß. Ich habe ihm aber gesagt, daß ich gern wieder eine Weile bei meiner Mutter leben würde. So wird es wohl kommen, vom stillen Gut Mecklenhof aus werde ich das Gymnasium in Lübeck besuchen und meinen Vater, der dem dänischen Ruf folgt, nur noch dann und wann sehen. Ich habe mir über diese Wendung deinetwegen Gedanken gemacht, Ulrich. Ich wollte dich einladen, mit mir in den Norden zu ziehen; doch ein Schweizer Junge würde es dort oben vor Heimweh kaum aushalten. So bitter für uns das Scheiden ist, – das Schicksal, das dich in die Werkstatt zwingt, erleichtert es mir, vom schönen Konstanz hinwegzugehen. Im übrigen werde ich gelegentlich wohl wieder in die Gegend kommen. Und wir bleiben Freunde.«

      Herzlich waren auch die Abschiedsworte des Doktors: »Ulrich, wenn du je im Leben Anstoß findest und weißt nicht, wo aus und ein, so wende dich an mich.«

      An kühlem, sonnigem Morgen gab Gerold dem Schulgenossen das Geleit über die Höhen am Untersee. Stahlblau lag das Gewässer im Frühlingsfrieden und der unendlichen Stille des weitgespannten Himmels. Zum erstenmal und wohl unter dem Eindruck der bevorstehenden Trennung sprach er ausführlich von seinen Eltern. »Beide sind so herrliche Menschen, daß ich nicht weiß, wen höher stellen, Vater oder Mutter. Sie sind aber zu weit auseinander geraten, als daß sie sich je wieder die Hände reichen könnten. Die Mutter, eine groß und lebhaft begabte Frau, mochte ohne das gesellschaftliche Leben der Städte nicht auskommen. Die schonungsbedürftigen Nerven des Vaters ertrugen es nicht. Darüber entstand unter den Gatten Streit. Die Mutter trotzte und verlebte einen Winter allein bei Freunden in Berlin. Dort lernte sie einen berühmten Sänger kennen; es ereignete sich, was den Vater zur Scheidungsklage bewog. Seither leben sie beide einsam. Und ich, das Kind ihres ersten Jahres, bin das zwischen ihnen hin- und hergeworfene Opfer.«

      Gerold schwieg, erst nach einer Weile setzte er


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