Butler Parker 130 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
kommen Sie mit«, sagte sie. »Allein habe ich einfach zu große Angst.«
»Das werden wir gleich haben.« Der Mann lächelte beruhigend und nickte dankbar, als Cora ihm eine Pfundnote in die Hand drückte. Er verschwand für einen Moment in der Diele seiner kleinen Wohnung und kam mit einem Baseballschläger zurück.
»Nichts«, erklärte er wenige Minuten später, als er ihre Wohnung abgesucht hatte. »Aber auch rein gar nichts, Miß Lanessi. Alles in bester Ordnung! Vermissen Sie denn was?«
»Ich ... Ich muß erst nachsehen.« Die junge Frau war beruhigt und wollte allein sein. Sie brachte ihn zur Tür, riegelte und schloß hinter ihm ab. Dann ließ sie sich erschöpft in einen Sessel fallen und massierte ihre hämmernden Schläfen.
Und plötzlich wußte sie, was sie hatte mißtrauisch werden lassen: Es war der Zigarettenrauch gewesen, den sie beim Betreten der Wohnung wahrgenommen hatte. Jawohl, sie erinnerte sich deutlich. Es hatte nach frischem und noch warmem Zigarettenrauch gerochen.
*
Josuah Parker hatte sich zu Bett begeben.
Er befand sich in seinen privaten Räumen, die im Souterrain von Lady Simpsons Stadthaus in Shepherd’s Market lagen. Obwohl es inzwischen auf ein Uhr zuging, war er nicht sonderlich müde. Er hatte sich eine interessante Lektüre mitgenommen, in der er blätterte. In diesem Magazin für fortgeschrittene Bastler und Heimwerker gab es einen Sonderteil, in dem technische Neuerungen vorgestellt wurden. Einen Josuah Parker mußte das interessieren, denn er war ein Erfinder, der auf seine Leistungen stolz sein konnte.
Natürlich bot er diese Dinge nicht an, sondern entwickelte sie nur für den ausschließlich privaten Bedarf. Als ein Mann, der sich in einer permanenten Auseinandersetzung mit der Unterwelt befand, brauchte er immer wieder neue technische Gags, um sich seiner Haut zu wehren. Darüber hinaus galt es, eine gewisse Lady Agatha Simpson zu beschützen, die sich als Amateurdetektivin betätigte und von einem Abenteuer ins nächste stolperte.
Parkers Interesse am Sonderteil des Magazins erlosch schon nach kurzem Durchblättern. Neuigkeiten waren nicht zu erfahren. Er legte das Heft aus der Hand, schaltete das Licht aus und wollte gerade die Augen schließen, als ein feiner Summton ertönte.
Parker schaute hinüber auf die große Schalttafel neben seinem Bett. Eine kleine rote Glühbirne flackerte und schuf so etwas wie Alarmstimmung. Butler Parker geriet aber nun keineswegs in Aufregung. Gemessen stieg er aus dem Bett, warf sich seinen Morgenrock über und studierte die optische Anzeige. Das Quadrat, in dem die kleine Lampe flackerte, zeigte ihm an, daß sich im Haus ungebetene Gäste befanden. Genauer gesagt, standen sie im kleinen Vorflur hinter der Eingangstür und kamen nicht weiter.
Dieser Vorflur war eine raffiniert getarnte Falle.
Das Türschloß präsentierte sich Gaunern und Gangstern in mehr als schlichter Einfalt. Jeder noch so geübte Anfänger konnte es mit einem Sperrhaken leicht öffnen. Das aber war nichts als reine Absicht. Die Herren Eindringlinge wurden so eingeladen, erst mal freundlichst näher zu treten. Standen sie jedoch im Vorflur, dann gab es kein Vor und kein Zurück mehr.
Die Eingangstür klappte mit Sicherheit zu und erwies sich auf der Innenseite als eine Art Tresortür, die kaum mit Sprengmitteln aus ihren Angeln zu heben war. Und die nächste Tür, die vom Vorflur ins eigentliche Haus führte, war nicht weniger solide.
Butler Parker hatte jetzt zwei Möglichkeiten, um Eindringlinge außer Gefecht zu setzen. Er konnte sie durch eine Falltür hinunter in einen Tiefkeller befördern. Oder aber er konnte eine Art Lachgas in den Vorflur einströmen lassen und den Einbrechern einen kurzen Tiefschlaf bescheren. Dies alles ließ sich von seinem Wohnteil aus ferngesteuert erledigen.
Parker entschied sich für die zweite Möglichkeit.
Seines Wissens nach lag zur Zeit keine akute Auseinandersetzung mit Gangstern vor, was Lady Agatha übrigens sehr bedauerte. Seit gut drei Tagen hatte sich nichts mehr ereignet, was sie hätte elektrisieren können. Vielleicht handelte es sich da im Vorflur wirklich nur um gewöhnliche Einbrecher, die keine Ahnung davon hatten, wie gefährlich dieses altehrwürdige Fachwerkhaus der Lady Simpson war.
Butler Parker löste die Lachgasdusche aus, band sich mit gemessenen Bewegungen den Gürtel des Morgenmantels zu, stieg in die schwarzen Lederpantoffeln und schritt dann hinauf ins Haus.
In der Empfangshalle angekommen, öffnete der Butler einen kleinen Wandschrank und schaltete die hauseigene Fernsehanlage ein. Wenig später sah er die beiden Männer, die malerisch und schlafend auf dem Boden des Vorflurs lagen.
Zu Parkers Überraschung machten sie einen durchaus gepflegten Eindruck, denn sie trugen Smokings, Lackschuhe und Rüschenhemden. Einbrecher normaler Machart, so sagte Parker sich, pflegten in solch einer Kleidung nicht zu arbeiten.
Er fragte sich gerade, ob er Mylady wecken sollte, als er oben von der Treppe her grollendes Räuspern hörte. Dann marschierte eine stattlich aussehende Dame von gut und gern sechzig Jahren die Treppe herunter. Sie trug über ihrem fußlangen Nachtkleid ebenfalls einen Morgenmantel.
»Wen haben wir denn da eingefangen?« fragte sie hoffnungsfroh. »Wer sind diese Flegel, Mister Parker? Hoffentlich richtige Gangster! Es wird nämlich Zeit, daß mal wieder was passiert!«
*
»Die Herren führen keinerlei Papiere mit sich, aus denen Name oder Beruf hervorgeht«, berichtete Parker seiner Herrin, die es sich in ihrem Wohnraum gemütlich gemacht hatte.
»Das klingt gut«, stellte die passionierte Detektivin fest.
»Die beiden Herren trugen nur je eine Wanze mit sich«, redete der Butler weiter.
»Eine Wanze, Mister Parker?« Lady Agatha schien entrüstet.
»Eine Wanze elektronischer Bauart, Mylady«, stellte Josuah Parker klar. »Es handelt sich um die neuesten Modelle, die auf dem einschlägigen Markt angeboten werden. Wenn Mylady sich vielleicht überzeugen wollen, wie qualitätvoll diese Kleinstsender gearbeitet sind.«
»Verschonen Sie mich, Mister Parker! Davon verstehe ich nichts. Erklären Sie mir das!«
»Dank einer möglichen Miniaturisierung, Mylady, können solche Wanzen sehr klein gehalten werden. Diese Ausführungen hier verfügen über eine Mini-Batterie, die erst dann Energie liefert, wenn gesendet wird.«
Während Parker noch sprach, präsentierte er auf seiner Handfläche die beiden Mini-Abhörsender. Sie waren nicht größer und dicker als ein normaler Kleiderknopf und konnten mittels Klebefolie oder Magnet ganz nach Belieben befestigt werden.
»Wann senden denn diese schrecklichen Geräte?« erkundigte die ältere Dame sich.
»Man kann sie durch einen Fernimpuls zur Sendung veranlassen«, berichtete Parker weiter. Er befand sich in seinem Element. »Ein- und Ausschaltung erfolgt durch ein Funksignal.«
»Widerlich.« Agatha Simpson schüttelte sich. »Und welche Reichweite haben diese mechanischen Insekten, Mister Parker?«
»Bei dieser Ausführung, Mylady, sollte man davon ausgehen, daß man sie in einem Umkreis von drei bis vier Kilometern empfangen kann. Es hängt natürlich davon ab, wo man sie installiert und welchen Weg die Signale zu überwinden haben. Hochhäuser etwa könnten sich als sehr störend erweisen.«
»Und so etwas wollte man bei uns doch wohl einschmuggeln, wie?«
»Davon, Mylady, sollte man ausgehen.«
»Man wollte mich also belauschen.« Agatha Simpson schüttelte sich förmlich. »Ich brauche direkt einen Kreislaufbeschleuniger, Mister Parker. Mir wird schlecht.«
Parker versorgte seine Herrin umgehend mit einem alten französischen Kognak und goß reichlich ein. Lady Simpson genoß ihre Medizin und fühlte sich danach prompt wohler.
»Haben Sie eine Ahnung, wer uns diese Sender im Haus setzen wollte?«
»Zu meinem tiefsten Bedauern, Mylady, muß ich verneinen.«
»Sind diese