Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 3 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
das etwas nutzt?«
»Glauben kann Berge versetzen.«
»Würden Sie immer in meiner Nähe bleiben, Pamela? Ich kann es nicht erklären, aber von Ihnen geht etwas aus, was mir Kraft gibt.«
»Ich bin ja hier«, sagte sie leise. Unwillkürlich, ihr selbst nicht bewußt, streichelte sie seine Hand. Als er einschlief, schien sein Gesicht entspannt und verklärt.
*
Es stimmte Jenny Behnisch sehr nachdenklich, daß Marius Campen so friedfertig und geduldig war. Sollte diese kleine Pamela so beruhigend auf ihn wirken?
Etwas war an diesem Mädchen, das auch Jenny immer wieder nachdenklich stimmte.
So erging es auch Mary Campen, als sie am Nachmittag kam. Clemens hatte seine Mutter zur Klinik gebracht, allerdings auch in der Hoffnung, daß er seinem Bruder einen kurzen Besuch abstatten konnte.
Mary Campen war schon von Dr. Norden informiert worden, daß Marius eine ständige Pflegerin bekommen hatte. So jung, so zierlich und faszinierend apart hatte sich Mary diese nicht vorgestellt. Sie war momentan so verblüfft, daß sie kein Wort über die Lippen brachte.
»Ich bin Schwester Pamela.« Sie sagte es mit einem verlegenen Lächeln.
»Guter Gott, Sie sind so jung, fühlen Sie sich dieser Aufgabe gewachsen?« fragte Mary stockend. Sie ergriff Pamelas Hand und hielt sie fest. Ihr Blick wanderte zum Bett.
»Marius schläft. Wir können uns noch unterhalten. Wollen wir hinausgehen?«
»Es tut mir leid, aber ich muß im Zimmer bleiben. Wir können auch hier sprechen.«
»Ja, das könnt ihr, Mama, und ich unterhalte mich auch gern«, sagte Marius.
Mary ging schnell zum Bett und küßte ihn auf die Stirn. »Ich wollte dich nicht wecken, Marius.«
»Ich schlafe viel zuviel. Wie geht es dir, Mama?«
»Das sollte ich lieber dich fragen.«
»Du siehst ja, ich werde bestens betreut.«
»Ich darf Sie jetzt allein lassen«, sagte Pamela leise. »Wenn Sie etwas brauchen, nur auf die Klingel drücken.«
Pamela dachte, daß sie sich manches zu sagen hätten, was sonst niemand zu hören brauchte. Sie ging langsam den Flur entlang, und plötzlich stand Clemens vor ihr. Obgleich seine Ähnlichkeit mit Marius nicht hervorstechend war, wußte sie sofort, daß es ein Bruder von ihm sein mußte.
Er stellte sich auch höflich vor. »Ich sah Sie aus dem Zimmer meines Bruders kommen. Wie geht es ihm?«
»Den Umständen entsprechend eigentlich recht gut. Ich bin Schwester Pamela und seine Pflegerin.«
»Da muß es ihm ja gutgehen«, kam es spontan über seine Lippen. »Kann ich ihn kurz besuchen?«
»Das habe ich nicht zu bestimmen. Ich kann Herrn Campen später fragen.«
»Jetzt lasse ich meiner Mutter den Vortritt.« Er betrachtete Pamela forschend. »Sie sind aber noch sehr jung«, stellte er fest.
»Das habe ich schon gehört. Ich hoffe nicht, daß Sie mir nichts zutrauen.«
»Das wollte ich damit wirklich nicht sagen. Aber ich kann mir schwer vorstellen, daß man sich diesen Beruf als Lebensaufgabe wählt, wenn man ganz andere Möglichkeiten hätte mit solchem Aussehen.« Er konnte es einfach noch nicht lassen, Komplimente zu machen.
»Was spielen denn Äußerlichkeiten für eine Rolle? Es kommt auf die innere Einstellung an. Es ist eine schöne Aufgabe, Kranken zu helfen.«
»Es verdient Bewunderung. Ja, ich bewundere Sie wirklich.«
Er ist ganz anders als Marius, dachte Pamela. »Ich habe etwas zu erledigen«, sagte sie hastig, um diese Unterhaltung zu beenden.
»Nicolas wird bald hier sein«, sagte drinnen Mary.
»Ihr werdet ihn doch nicht meinetwegen hergeholt haben, Mama?«
»Er kann in der Firma helfen, damit du ruhig genesen kannst. Clemens hat derzeit andere Sorgen.«
»Eine große Stütze war er noch nie für die Firma, wenn er sich in letzter Zeit auch mehr bemüht hat.«
»Er will sich scheiden lassen.«
»Tatsächlich? Das wird ihm Claire aber versalzen wollen.«
»Du schätzt sie ja auch richtig ein«, sagte Mary. »Davon war noch nicht viel zu merken.«
»Ich mische mich nicht in die Angelegenheiten anderer. Clemens muß damit allein zurechtkommen.«
»Er war nie ein Kind von Traurigkeit. Wie gefällt dir Pamela?« wechselte er das Thema.
»Sie ist reizend, aber für diesen Beruf scheint sie mir nicht geschaffen zu sein.«
»Sie macht ihre Sache aber sehr gut, Mama. Und sie hat vor allem eine positive Ausstrahlung. Sie ist erst kürzlich aus Argentinien gekommen. Ich möchte, daß ihr in jeder Beziehung geholfen wird, hier Fuß zu fassen.«
»Ich habe nichts einzuwenden, ich weiß nur nicht, wie du dir das denkst.«
»Mir wird schon noch etwas einfallen. Sie könnte mich doch auch zu Hause betreuen. Lange will ich hier nicht bleiben, ich brauche meine vertraute Umgebung.«
»Damit du dich gleich wieder in die Arbeit stürzen kannst? Dazu brauchst du keine Pflegerin, und es wird dir bestimmt nicht guttun, wenn du dir gleich wieder Streß machst.«
»Ich habe nicht die Absicht und werde mich gern von Pamela umsorgen lassen, Mama.«
Nun war sie doch betroffen. »Sind da Gefühle im Spiel, Marius?« fragte sie beklommen.
»Das traut man mir wohl gar nicht zu. Ja, ich finde sie sehr anziehend. Ich höre ihr gern zu.«
»Was könnte ich mir mehr wünschen, als dich glücklich zu sehen, mein Großer?« sagte sie weich. Sie wußte nicht, wie krank er war, was die Ärzte fürchteten, sie sah den Glanz in seinen Augen, die Zuversicht und wie weich sein Gesicht wurde, als Pamela wieder eintrat.
Sie brachte Kaffee für Mary und für ihn ein besonderes Getränk.
»Ihr Bruder fragt, ob er Sie kurz besuchen darf, Herr Campen«, sagte sie stockend.
»Das hatte ich fast vergessen«, warf Mary hastig ein.
»Da kann ich wohl nicht nein sagen«, sagte Marius. »Jetzt laufen Sie aber nicht wieder weg, Pamela.«
Mary konnte nur noch staunen, schien es doch tatsächlich so, als wäre Pamela ihm wichtiger als jeder andere. Aber sie war weit davon entfernt, eifersüchtig zu werden. Sie wollte für ihn alles Glück der Welt.
*
Clemens war so gehemmt, daß er keinen zusammenhängenden Satz hervorbrachte, und das war man von dem redegewandten Charmeur überhaupt nicht gewohnt. Mary hatte sich mit Pamela zur Sitzecke zurückgezogen, aber beide behielten Marius und Clemens im Auge. Sie sprachen jetzt gedämpft miteinander, und ab und zu konnte Mary nur ein paar Worte verstehen, während Pamela gar nicht lauschen wollte.
Aber dann fragte Clemens etwas lauter, ob es ihm auch an nichts fehle.
»Ich werde doch von einem Engel betreut«, erwiderte Marius und sah zu Pamela hinüber.
Sie errötete.
Clemens verabschiedete sich auch von Pamela überaus höflich, und ein paar Minuten später ging auch Mary.
»Wenn du doch endlich mal glücklich sein könntest, Marius«, sagte sie leise.
»Ich bin es, Mama.«
Pamela begleitete Mary hinaus, weil sie merkte, daß sie noch etwas sagen wollte. Und das tat Mary auch.
»Ich habe früher noch nie erlebt, daß mein Sohn ein freundliches Wort über ein weibliches