Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
so, besonders bei einer Zugereisten.«
»Toni, du bist jetzt still. Es muß Holz gehackt werden, geh!«
»Mit anderen Worten willst du sagen, daß du jetzt mit der Katja allein sein willst. Ihr wollt Frauengespräche führen, über die Liebe und die Männer. Na, dann geh ich mal.«
Anna wartete, bis Toni außer Hörweite war.
»Katja, der Toni würde mich am liebsten nehmen und vom Fleck weg erst zum Fellbacher schleppen und dann zum Pfarrer. Der Fellbacher, der Bürgermeiser, hat auch schon ein paar Mal Andeutungen gemacht. Der Pfarrer Zandler fr#agte fast jeden Sonntag Tonis Mutter, wann denn jetzt endlich das Aufgebot bestellt wird. Doch, ich will noch nicht so schnell heiraten.«
»Das verstehe ich nicht? Du liebst den Toni! In meinen Augen seid ihr das ideale Paar.«
»Sind wir! Aber ich habe auch meinen Kopf. Ich will dir das erklären. Es gibt da die Tradition. Das habe ich dir schon erklärt. In reichen Bauernfamilien gibt es Brautdirndl und eine Brautkrone, die von der Mutter auf die älteste Tochter vererbt wird. Ich will auch so ein Dirndl un#d eine Brautkrone. Eines Tags werde ich vielleicht ein Mädchen haben, dann wird die Tradition fortleben. Ich habe mir gedacht, daß ich im weißen, ganz modernen Brautkleid auf dem Standesamt heirate, morgens, sagen wir, um neun Uhr. Dann wünsche ich mir für den Nachmittag in der Kirche eine richtig schöne und feierliche Hochzeit, mit Blumenkindern, Sängern und Musikkapellen. Ich will nur im Dirndl heiraten mit allem drum und dran, wie das üblich ist.«
»Von wem bekommst du das Dirndl und die Brautkrone?«
»Das ist es eben Katja! Ich habe das alles schon heimlich mit Meta, mit Tonis Mutter, besprochen. Sie und ein paar Frauen aus der Verwandtschaft nähen bereits an meinem Brautdirndl. Eine Brautkrone bekomme ich auch. Das dauert aber. Die vielen Unterröcke haben alle handgehäkelte Spitzen. Das Mieder ist auch bestickt. Die Strümpfe haben auch ein sehr kompliziertes Muster. Außerdem gibt es da besondere Zeiten, an denen nur an solch einer Brautausstattung gearbeitet werden darf. Deshalb dauert das auch noch ein bißchen. Außerdem soll es eine Überraschung sein für Toni. Er weiß nichts davon – und du verrätst ihm auch nichts.«
»Nein, Anna! Das mache ich bestimmt nicht. Was denkst du, wie lange die Frauen noch brauchen?«
»Ich hoffe nicht mehr lang. Ich war schon mal bei den ersten Anproben. Die Entscheidung, welchen Stoff und welche Farbe, war schwierig. Es gibt zwar eine allgemeine Art, wie so ein Dirndl auszusehen hat. Aber jedes Dorf hat da noch seine Besonderheit, und ich bin eben eine Zugereiste. Da mußte man einen Kompromiß finden. Ich denke, das ist gut gelungen.«
»Ich freue mich für dich, Anna! Ich bin mir sicher, daß sich der Toni auch freuen wird.«
»Aber das mit dem Brautdirndl ist nicht das einzige, was noch zu machen ist. Ich habe keine Aussteuer, Tischwäsche, Bettwäsche, eben alles bis hin zu den Taschentüchern. An so etwas hatte ich nie gedacht. Also bin ich mit meiner zukünftigen Schwiegermutter losgezogen zum Einkauf. Das ist aber noch immer nicht alles.«
»Nicht?«
»Überall muß mein Monogramm rein. Eigentlich müßte das D - A - Z eingestickt werden, für Dorothea Annabelle Zirner. So heiße ich eigentlich. Anna, den Namen gab mir der Toni. Normalerweise sticken die jungen Frauen im Laufe der Jahre in alle Stücke ihr Monogramm. Dafür habe ich keine Zeit. Ich lasse es maschinell machen. Fertig! Außerdem halte ich mich da nicht an die Tradition. Ich lasse andere Buchstaben einweben: T - für Toni, A - für Anna und B - für Baumberger.«
»Warum machst du dir all die Arbeit, Anna? Warum läßt du dafür## deinen Toni warten? Ich verstehe das nicht!«
»Eine Frau hat hier das Recht auf den Haushalt. Sie unterstreicht ihre Herrschaft durch ihre eigenen Sachen. Das ist wichtig. Danach bemißt sich auch die gesellschaftliche Stellung. Ich will es besonders gut machen, weil ich ja eine Zugereiste bin. Verstehst du mich jetzt, Katja!«
Katja dachte nach.
»Ich werde auch in der Kürze viel verändern, dann auch meine eigenen Sachen benutzen. Zumindest, wenn ich nur für mich und Toni koche und später für die ganze Fam#ilie, wenn wir mal Kinder haben. Es wird bestimmt schön sein für sie, hier aufzuwachsen. Aber sie werden unterscheiden lernen, was gehört zum Berghüttenbetrieb und was ist nur für die Familie. Es wird turbulent zugehen, das weiß ich. Wenn die Berghütte offen ist, dann wird es wenig Privates geben. Doch das wenige, das soll dann besonders sein.«
»Ach, Anna, ich beneide dich. Du hast so klare Vorstellungen von deinem Leben und wie du es machen willst. Ich habe die nicht. Ich weiß nur, daß ich mit Gino zusammen sein will. Ich habe so bereut, daß ich seinen Antrag abgelehnt habe. Ich liebe ihn wirklich. Oft habe ich Angst, daß aus uns kein Paar werden wird.«
»Er hat dich doch geküßt und du hast ihn geküßt. Wie war das? Hast du es dabei nicht gespürt? Katja, #man spürt es beim Kuß, ob es ernst ist, ob man zusammenpaßt und zusammengehört.«
»Ich habe noch keine Erfahrung. Mir fehlt es an Vergleichsmöglichkeiten. Sind nicht alle Küsse gleich, innig und leidenschaftlich?«
»Oh, meine liebe, liebe Katja! So sicher wie es da die Berge gibt, seit ewigen Zeiten, so sage ich dir, es gibt Unterschiede! Verlasse dich da ganz auf dein Gefühl. Du wirst es spüren. Es ist nicht nur ein Kuß. Es ist, als gäbe es sonst nichts mehr, und alles andere ist bedeutungslos.«
»Ja, so war es, denke ich. Warum hat er mir nicht gesagt, wo er hin ist, was er vorhat?«
»Er war genau so wenig darauf vorbereitet wie du, daß ihr beide euch hier begegnet. Er liebt dich! Du hast hohe Anforderungen an ihn gestellt. Vielleicht will er die erst erfüllen.«
»Mir ist alles gleich! Ich will nur mit ihm zusammen sein, jeden Tag und jede Nacht. Er ist so, wie er ist und ich l#iebe ihn. Ich kann ohne ihn nicht mehr leben, Anna.«
»Dann sage es ihm!«
»Ich?«
»Ja, Katja! Du hast ihm gesagt, daß du ihn nicht willst. Es ist an dir, ihn verstehen zu lassen, daß du deine Meinung geändert hast. Ich bin sicher, er ahnt es schon. Du hast dich ja küssen lassen. Aber Gino wird sicherlich nicht mehr so spontan sein. Das mußt du jetzt steuern.«
»Klingt einleuchtend! Wie soll ich das machen?«
»Das weiß ich nicht. Das kann ich dir nicht sagen, Katja. Ich kann dir nur raten, die Stille der Natur zu suchen und einfach auf dein Herz zu hören.«
»Ich werde es versuchen. Schon einmal hat es mir geholfen. Es war der erste Teil meines Traumes, der Wirklichkeit wurde.«
»Dann wird der andere Teil auch Wirklichkeit werden. Denke nicht so viel, Katja. Liebe, fühle! Folge deinem Herzen.«
Katja dachte nach. Verträumt spielte sie mit ihren kurzen rotblonden Locken.
»Katja, vielleicht weiß Albert Weißgerber, wo sich Gino aufhält. Vielleicht ist er sogar bei ihm im Sägewerk. Das Sägewerk ist einfach zu finden. Den Weg hinunter nach Waldkogel, den kennst du ja. Das Sägewerk liegt auf der anderen Seite des Sees, dort wo der Gebirgsbach in den See mündet. Du kannst es nicht verfehlen. Wenn du heute nicht mehr zurückkommen kannst, dann schlafe bei den Baumbergers. Sage Meta, sie soll dir meine Kammer dort geben.«
»Albert Weißgerber! Du bist der Meinung, dort könnte ich mehr erfahren?«
Anna packte Katja bei den Schultern und schaute sie eindringlich an: »Katja, nicht fragen! Fühlen! Gehe einfach!«
Anna holte Katjas Anorak. Wortlos schlüpfte Katja hinein. Sie umarmte die Freundin und lief los. Anna stand mit Bello auf der Terrasse und schaute ihr nach, wie sie ihrem Glück entgegenging. Dessen war sich Anna sicher.
*
Auf dem Hof des Sägewerks stand ein großer roter Geländewagen. Nach dem Städtekennzeichen folgten die Buchstaben GK. Die Buchstaben könnten für Gino Koppermann stehen, dachte Katja. Sie betrachtete das Auto genau. Die hintere Sitzbank war heruntergeklappt. Der vergrößerte Stauraum war bis obenhin