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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig GanghoferЧитать онлайн книгу.

Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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in den strengen Zügen, war Irimbert zur Tür gegangen.

      »Immhof!« Während der Bruder einen der Schränke öffnete, ging der Propst auf den Chorherren zu und sagte in lateinischer Sprache: »Mir bist du verloren. Was ich dir bot, das hab ich dem Manne geboten, der du gestern warst, in der Kraft deines stolzen Hasses. Heute bist du ein anderer. In dir ist ein Neues. Das macht dich unbrauchbar für die Zukunft, die ich dir zeigte. Wie du heute fühlst, könntest du herrschen über Menschen, die es nicht gibt, an die nur die schöne Sonne eines freien Tages dich glauben machte, nicht herrschen über Füchse und Wölfe, über deren Köpfe eine unbarmherzige Faust die Peitsche schwingen muß. Solch eine zähmende Geißel für das unbotmäßige Rudel, das heulend spielt mit meiner Schwäche, wollt ich erziehen in dir. Du bist nicht mehr der Mann dazu.«

      »Der war ich nie, Herr Friedrich!«

      »Doch, Immhof! Noch gestern. Welch ein Wunder dich verwandelte, das weiß ich nicht. Und will es nicht wissen. Ich merke, du bist verloren für mich. Das ist mir leid. Ich weiß mir keinen zweiten, um ihn als Mauer gegen den Ehrgeiz des Wernherus zu stellen. Aber ich sorge mich auch um dich. Laß dich warnen, Immhof. Wernherus will dich verderben. Hüte dich, daß du ihm nicht in die Schlinge strauchelst. Mäßige deine Sprache, bezwinge deinen Zorn! Oder du bist verloren. Ich möchte dich nicht fallen sehen, ich bin dir gut, bin es nach dieser Stunde, die dich meinen Plänen nahm, vielleicht noch mehr als gestern. Warum ich dir das sagen muß? Vielleicht, weil ich etwas sehe in dir, um das ich dich beneide. Aus deinen Augen schaut es mich an wie Glück, das in Bitternis erwacht, um mit Jauchzen unterzugehen. Es steckt in dir zur Hälfte einer von jenen schönen Menschen, die wir uns in sehnsüchtigen Träumen ausmalen und die es in Wahrheit niemals gibt, weil der häßliche Widerstreit des Lebens sie auf Erden nicht duldet. Um ganz ein solcher Mensch zu sein, müßte man blinde Augen haben und das Leben nicht sehen, wie es ist.«

      »Herr Friedrich?« Immhofs Stimme zitterte. »Wenn Ihr auf Erden solchem Menschenkinde begegnen würdet, schön in jedem Zuge seines Wesens, mit reinen Seelenaugen, die das Leben nur sehen wie eine duftende Blume? Würdet Ihr nicht Euer Bestes opfern, um solchem Menschenkinde den Frieden seines Glückes zu erhalten?«

      Lächelnd nickte der Propst. »Wär ich noch jung, ich glaube fast, daß ich so schöner Torheit fähig wäre. Aber solchem Menschenkinde zu begegnen? Das Wunder geschieht nicht.«

      »Mir ist solches Wunder geschehen. Und weil ich noch Jugend habe, weil dieser Tag mich lehrte, sie zu fühlen in mir, so wundert Euch nicht, wenn ich handle nach Eurem eigenen Wort.«

      »Immhof?« Betroffen streckte der Propst die Hand.

      Irimbert sagte ruhig: »Euer Kämmerer wartet und will Euch den Fürstenmantel um die Schultern legen. Mir gestattet, daß ich zum Kapitel gehe. Die Kläger sind versammelt, nur der Schuldige fehlt. Und was ich gewinnen oder verlieren mag, Euch dank ich für dieses letzte Wort. Es ließ mich in Euch den Menschen hören.« Er neigte sich und ging.

      Schweigend ließ der Propst es geschehen, daß ihm der dienende Bruder den Mantel umlegte. Dabei streifte ihm der Kämmerer mit der Hand die Wange. Herr Friedrich schüttelte sich, wie von Ekel befallen. »Bruder, was hast du für kalte Hände! Ein andermal wärme sie am Feuer, ehe du mich bedienst!«

      Beide Hände in die Ärmel der Kutte hüllend, verbeugte sich der junge Mönch.

      Herr Friedrich sah ihm in das glatte, regungslose Gesicht. »Und Augen hast du, die mir in die Seele springen wie kalte Frösche. Geh! Schicke mir von meinen Falknern einen! Du, vermut ich, wirst heute noch schreien müssen mit den anderen, die deinesgleichen sind. Oder nicht? Es sollte mich wundern, wenn der große Wolf seinen kleinen Füchsen nicht eine lustige Hatz versprochen hätte. Geh!« Der Bruder gehorchte.

      In Mißmut seufzend, ließ sich der Propst auf den Sessel nieder und schmiegte sich frierend in die linden Felle. So saß er, immer zur Tür blickend. Dann rollte er den Brief des Herzogs vor sich auf, obwohl er, weil die Fenster schon grau waren von Dämmerung und Regen, nimmer lesen konnte. »Schad um die gute Botschaft! Halb ist sie entwertet jetzt. Daß soviel Rosse traben sollen um meinetwillen allein? Das lohnt sich nicht.«

      Reinold, der Falkner, trat in die Stube. »Gottes Gruß zum Abend, Herr!«

      »Du? Schon wieder im Kloster? Hab ich dir nicht freien Tag gegeben?«

      »Der Tag ist um, es nächtet.«

      Herr Friedrich nickte. Das Pergament in seinem Mantel bergend, erhob er sich. »Wenn ich gehe, sperrst du die Tür! Keinem anderen sollst du öffnen, nur mir. Bis ich komme, hütest du meinen Falken! Du haftest mir für jede Feder meines Lieblings, hörst du?«

      »Wohl, Herr!«

      Der Propst vertauschte die Hauskappe gegen den Fürstenhut mit dem Goldreif. Den Falken streichelnd, stand er noch eine Weile. Da klang das Geläut der Kapitelglocke wieder.

      Herr Friedrich lachte und ging.

      Reinold verriegelte die Tür, huschte zu Tisch, guckte in die Weinbitsche und nahm einen Trunk. Kichernd wischte er mit dem Ärmel den Mund, brachte den Ring des Falken in Schwung und streckte sich auf ein Wolfsfell nieder, das auf dem Boden lag. Behaglich dehnte er die Glieder, verschlang die Hände hinter dem Nacken und gähnte.

      7

       Inhaltsverzeichnis

      Im Zwielicht des Abends flackerten die Wachskerzen auf den drei kupfernen Kronleuchtern des Kapitelsaales, der mit seiner Säulenreihe und den hohen Spitzbogen sich ansah wie das Doppelschiff einer gotischen Kirche. An der äußeren Langwand führte eine breite Steintreppe hinauf zu den kleinen Gärten, die zwischen dem Stiftsgebäude und der Wehrmauer dem steilen Felsgehänge abgewonnen waren; unter dieser Treppe ging eine Wendelstiege hinunter zum Kreuzgang und zu den Kellern. Drei hohe, mit Schnitzereien verzierte Türen, welche die innere Langwand durchbrachen, verbanden den Kapitelsaal mit dem Refektorium und den Korridoren des Klosters. Zwischen den Türen standen große, schwer mit Eisen beschlagene Schränke, die das kostbare Kirchengerät, die Weihgeschenke fürstlicher Herren und alle wichtigen Urkunden des Stiftes unter Schloß und Riegel verwahrten. Ein mächtiges Rosettenfenster, neben der Steintreppe in die südliche Schmalwand gebrochen, erleuchtete am Tage den langgestreckten Raum, den jetzt in der Dämmerung die hundert flackernden Kerzen nur spärlich erhellten. Licht und Schatten überzitterten die weiß getünchten Wände, deren strenger Schmuck aus einem riesigen, von den Fliesen bis hinauf zum Gewölbe reichenden Kreuzbild und aus roten Marmortafeln bestand, welche die Wappen aller Pröpste zeigten, von Eberwein, dem Gründer des Klosters, bis auf Friedrich von Ortenburg, den zwölften der Pröpste von Berchtesgaden.

      Ein klobiges Holzgeländer, stark und hoch, als hätte so feste Schranke ihre guten Gründe, teilte der Breite nach den langen Saal und schied den Platz der dienenden Brüder vom Kapitelraum der Chorherren. Hier standen in zwei Reihen, die eine der anderen gegenüber, an die zwanzig hochlehnige Stühle, jeder mit dem Wappen des Chorherren, dessen Platz der Sessel war. Dem Kreuzbild zu Füßen, auf einer Marmorstufe, stand der Fürstenstuhl, der auf Herrn Friedrich wartete.

      Zunächst dem Sessel des Propstes saß Wernherus, schweigend und mit kaltem Lächeln. Immer wieder huschte sein Blick über die Türen hin, während er dem Geplauder der Chorherren zu lauschen schien, die um ihn her standen. Das waren die Würdenträger des Stiftes: Der Jägermeister Siegfried von Schneid, Ulrich von Thurn, der Kämmerer, Herr Rupert von Hohenmoos, der über die Fischweid zu wachen hatte, Pabo und Gunthar, die beiden Kapläne des Münsters, und Konrad von Bergheim, der Kellermeister, einer menschgewordenen Tonne gleichend, mit rot geränderten Backen und kleinen weinseligen Augen.

      Ganz zuunterst in der Reihe, gebeugt und wie in Schlaf versunken, saß ein weißhaariger Greis, Dietmar Scharsach. Der hatte einst als rauflustiger Burgherr auf unbezwinglicher Feste gehaust; als ihm aufrührerische Knechte das Weib und drei Töchter ermordet hatten, war ihm die Weltlust vergangen, und er hatte mit seinem Sohne Linhart den Trost der klösterlichen Mauern gesucht. Jetzt waren die beiden nicht mehr Sohn und Vater, sie waren Priester, gleichberechtigte


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