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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig GanghoferЧитать онлайн книгу.

Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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Art, mit der sie regungslos zwischen den blühenden Blumen stand und verträumt hinaufblickte zu den leis klingenden Wipfeln.

      Langsam strich sie mit der Hand über die Stirn. Dann nickte sie. »Aber alles andere? Ja! Wie gut Sie das erraten haben! Daß dieser Platz ihm lieb war wie kein anderer auf der Welt – weil es hier so schön ist, so weit von den Menschen. Und wie gerne er hier immer saß und träumte! Das Beste, was er schuf, hat er hier gefunden. Und er war ein Künstler. Wenn das auch nur wenige gewußt haben. Er war ein Künstler.«

      Wie sie das sagte! Ein Frommer, in dessen Seele der Gottesglaube eingewachsen ist mit tausend Wurzeln, kann nicht anders sagen: »Ich glaube an Gott, und daß er gut ist und groß!«

      Sie hatte sich gebückt und eine der süß duftenden Brunellen gebrochen, die sie wie küssend mit den Lippen streifte.

      »Wie gut erst müßten Sie von ihm denken, wenn Sie sehen könnten, was er geschaffen hat. Ich glaube, Sie hätten ihn verstanden. Sein Bestes war seine Liebe zur Natur, und wie er sie kannte, wie er sie zu deuten wußte. Das hätten Sie ihm nachempfunden. Sie lieben die Natur und verstehen sie. Das habe ich Ihnen angesehen, schon neulich, als ich Sie da draußen traf, im Tillfußer Wald. Da hab ich mir gleich gedacht: Der weiß was es da zu sehen und zu hören gibt. Sie werden sich meiner nicht mehr erinnern, ich bin nur so an Ihnen vorbeigeritten. Aber ich –« Sie lächelte und schob die Blume in ihr Haar. »Ich habe Sie gleich wiedererkannt, als ich Sie heute dort unten sitzen sah, am See – auch wieder an einem Platz, der nicht jedem gefällt, nur einem, der das Schauen liebhat und das stille Vorsichhindenken. Nicht war, es ist schön da drunten? Diese Farben im Wasser! Wenn es manchmal so glitzert auf dem Grund, man weiß nicht, war es ein Widerschein der Sonne oder ein weißes Steinchen, das sich bewegte, oder ein spielender Fisch – da denkt man so mancherlei, oft etwas Törichtes, ganz Unmögliches, aber es ist doch schön! Wer nur das Wirkliche gelten läßt, an der Sehnsucht nach dem Unmöglichen keine Freude findet und nie eine Minute übrig hat, um sie an einen schönen Traum zu verschwenden – wie arm ist ein solcher Mensch in seiner Seele!«

      Ettingen nickte nur. Er schien sich anders nicht zu wünschen, als sie immer anzusehen, wie sie so ruhig in der Sonne stand, und ihr immer zu lauschen, wie sie so still und lächelnd vor sich hinplauderte, als spräche sie gar nicht mit ihm, nur mit sich selbst.

      »Mir geht es immer so!« plauderte sie weiter. »Wenn ich in einer nachdenklichen Stunde vergessen kann, daß meine Füße auf Stein und Rasen stehen, wenn ich meine Träume lebendig werden sehe, als hätten sie Fleisch und Blut, und wenn ich beinahe körperlich empfinde, daß meine Gedanken mich emporheben über die Erde, dann bin ich immer am glücklichsten und fühle am tiefsten, daß ich lebe.«

      Da klang vom Gehänge des nahen Latschenfeldes herauf der helle Jauchzer einer Knabenstimme.

      Sie antwortete mit einem Jodelruf und wandte sich lächelnd zu Ettingen: »Da kommt mein kleiner Küchenbote, der für mich sorgt wie der biblische Rabe für den Elias.« Während sie auf das Gartentürchen zuschritt, blickte sie über die sonnigen Berge hin. »Ein Tag ist das heute! Ein Tag!«

      Ettingen nickte.

      »Er könnte nicht schöner sein!«

      Sechstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Ein mager aufgeschossenes vierzehnjähriges Bürschlein kam in den Garten gesprungen – wohl ein Hüterbub von einer der nahe liegenden Almen. Er trug ein mürbes, verwaschenes Kittelchen aus blauer Leinwand und ein abgewetztes Lederhöschen. Die hageren Beinchen waren von der Sonne so kupferbraun gebrannt, daß ihre lange Nacktheit gar nicht auffiel. Für einen Sennbuben, dessen Arbeit täglich sechzehn Stunden durch Schmutz und Unrat geht, war er auffällig sauber gewaschen. Und das glatte Blondhaar, das unter dem verwitterten Filzhütl hervorlugte, klebte ihm so naß an den Ohren, als hätte er vor wenigen Minuten erst den Kopf unter einer Brause herausgezogen. In der Hand trug er an einem Strick ein kleines Holzgeschirr, das mit Fichtenzweigen überbunden war.

      So ehrfürchtig, als wäre er in eine Kapelle getreten, zog der Bub sein Hütl. »Recht schön guten Morgen, Fräuln Petri!«

      Nun wußte Ettingen ihren ganzen Namen: Lolo Petri.

      »Guten Morgen, Loisl! Bringst du mir war?«

      »Ja, Fräuln! Aber den Vater muß ich verentschuldigen, daß er heut nix anders hat als bloß a Bröserl Butter und a Töpferl Milli. Morgen bring ich schon werden was. Gelten S', ich därf morgen wiederkommen?« Der Bub stellte diese Frage, als wär es für ihn ein Geschenk, wenn er kommen durfte.

      »Morgen, Loisl? Büberl, morgen wird's schlecht ausschauen!« sagte sie, den Dialekt des Buben so geläufig plaudernd, als hätte sie von Kind auf keine andere Sprache geredet. »Weißt, morgen fahr ich heim zur Mutter.«

      »Aber gelten S', Sie kommen bald wieder?«

      »Ja, Loisl! Heut über drei Tag, da darfst du dich wieder einstellen bei mir.«

      »Und gelten S', da erzählen S' mir wieder was?«

      »Ja, Bürschel, komm nur! Und schau, wie nett und sauber du dich heut gemacht hast! So! Brav! So laß ich mir's gefallen!«

      Der Bub kicherte in verlegener Freude. »Ja, wissen S', seit S' mich neulich so ausgscholten haben, trau ich mich nimmer eini mit eim schmierigen Gsicht. Aber gelten S', heut bin ich sauber?«

      »Sauber, ja! Aber da schau her –« Sie nahm das Bürschlein bei der Hand und drehte an seiner Joppe den Ärmel vor, der einen spannenlangen Riß über den Ellbogen hatte. »Was is denn das?«

      Der Bub wurde rot. »Mir scheint, dös is a Loch!«

      Da lachte sie, hell und herzlich. »Ja, du, das scheint mir auch. Nur runter gleich mit'm Jöpperl!«

      »Tun S' mir's flicken, Fräuln?«

      »Freilich! Und bis ich fertig bin, kannst du das Gießkanndl nehmen und kannst mir Wasser holen, gelt? Jede Guttat muß der Mensch verdienen.«

      »Ja, Fräuln!« Hurtig zog der Bub das Jöpplein herunter. »Und tausendmal vergelt's Gott derweil!« Er schoß auf die Gießkanne zu, packte sie und rannte davon. Während er durch die Latschen hinuntertrollte, nahm er die Brause von der Kanne, um das Rohr als Trompete benutzen zu können. So mißtönig diese Laute klangen, sie schienen dem Buben eine Feiertagsfreude zu bereiten. Und als er sich müd geblasen hatte, begann er unter lustigem Jodeln auf der Kanne zu trommeln.

      Lolo war in die Hütte getreten, um zu verwahren, was der Bub ihr gebracht hatte. Dann kam sie mit Nähzeug, setzte sich auf die Türschwelle und begann die Wunde des Jöppleins in die Kur zu nehmen. Die Sonnenlichter, die durch das Rankenwerk der Efeulaube drangen, spielten mit Leuchten und Gezitter um ihre Gestalt.

      Ettingen sah ihr lächelnd zu. »Geben Sie acht, Fräulein«, sagte er nach einer Weile, »wenn der Bub das nächste Mal wiederkommt, wird er sein Kittelchen übel zurichten, um Ihnen Arbeit zu machen und länger bleiben zu dürfen.«

      Sie schüttelte den Kopf. »Bevor er das nächste Mal wiederkommt, wird er sein Jöpperl genau untersuchen und die Alm nicht verlassen, bevor ihm nicht die Mutter jeden Schaden ausgebessert hat.«

      »Wie gut Sie von dem Jungen denken!«

      »Wie er es verdient! Er ist ein braver, lieber Bub und wird einmal ein tüchtiger, guter Mensch werden.«

      »Denken Sie von allen Menschen so freundlich?«

      »Von den guten, ja.«

      »Aber von denen, denen Sie neu begegnen? Von denen Sie nicht wissen können, ob sie gut oder schlecht sind?«

      »Auch von denen. Wer mißtrauisch ist, begeht ein Unrecht gegen andere und schädigt sich selbst. Ich glaube, daß wir die Pflicht haben, jeden Menschen für gut zu halten, solang er uns nicht das Gegenteil beweist.«

      »Das ist eine warme


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