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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig GanghoferЧитать онлайн книгу.

Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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seine Sachen eingetroffen sind.«

      Ettingen nickte, als hätte er nicht recht gehört. Und zum Fenster tretend, preßte er die Hand an seine glühende Stirn.

      »Ja, lieber Förster, ich danke Ihnen«, sagte Sternfeldt und erhob sich, »lassen Sie drunten im Fremdenhaus die Sachen einstweilen in mein Zimmer schaffen, ich komme gleich. Es ist Zeit für mich, daß ich mich aufs Ohr lege. Ich bin müd und merke, daß ich meinen alten Knochen mit diesem Ritt mehr zugemutet habe, als ihnen lieb ist. Na, hoffentlich schlafe ich heut in meinem delogierten Bett so gut, als ob es noch an seinem alten Platz stünde.« Lachend trat er zum Schreibtisch und brannte eine Zigarre an. »Also, lieber Förster, ich komme gleich.«

      Kluibenschädl streifte zum Abschied seinen Herrn mit einem scheu besorgten Blick.

      Eine Weile war's still im Zimmer. Ettingen blickte durchs Fenster in die sternhelle Nacht hinaus. Obwohl die Scheiben geschlossen waren, konnte er den heiteren Spektakel hören, den die junge Gesellschaft drunten in der Sennhütte trieb.

      Sternfeldt blies den Rauch seiner Zigarre von sich und betrachtete das erlöschende Zündholz, als wäre er neugierig, wie lang der kleine Funke, der von der Flamme zurückgeblieben war, noch glimmen würde.

      Ettingen, an die Auseinandersetzung anknüpfend, in der sie durch den Eintritt des Försters unterbrochen wurden, sagte: »Von allem, was du mir vorgehalten, kann ich kein Wort widerlegen. Aber versetze dich in meine Lage, Goni! Sie sind meine Gäste. Das bindet mir die Hände. Auch wenn ich mir hundertmal sage: ich habe sie nicht gerufen. Das Zusammenleben mit diesen beiden empfinde ich selbst wie etwas Unerträgliches. Und du hast recht, am leichtesten wäre da mit einem rücksichtslosen Wort ein Ende gemacht. Aber das bring ich nicht fertig. Ich kann meine Natur nicht auf den Kopf stellen. Damit mußt du rechnen.«

      »Ja, ich habe in meiner Rechnung einen Fehler gemacht. Während ich da heraufritt, daß mir und dem Pferd der Atem ausging, hab ich mit jeder Eigenschaft in dir gerechnet, nur nicht mit deiner Höflichkeit. Die ist zu klassischer Vollendung ausgebildet. Wäre ich ein Dieb, ich würde bei dir einbrechen. Da wär ich eines liebenswürdigen Empfanges sicher. Sollte dir der unhöfliche Gedanke kommen, mich aus dem Haus werfen zu lassen, dann dürfte ich nur sagen: Mein Herr, ich bin unter Ihrem Dach und fühle mich als Gast! Tableau! Und ich würde an deiner Tafel sitzen und bekäme von dir die Schüssel gereicht wie heut die Prankha.«

      »Du marterst mich! Laß die Scherze!«

      »Ich? Scherzen? Mir ist so ernst, wie einem Menschen nur sein kann, der einen Freund in Gefahr weiß.«

      »Gefahr? Ach, geh doch!« erwiderte Ettingen fast unwillig. »Ich fühle mich an Leib und Seele so frei, als hätte mich nie ein Wunsch meiner Sinne an diese Frau gefesselt. Sie ist mir so völlig fremd geworden, daß ich sie ansehen und mich erschrocken fragen kann: Wie war's nur möglich, daß ich sie geliebt habe? – Was fürchtest du also?«

      »Ihre Schönheit! Denn schön ist sie. Das muß ich ihr lassen. Und noch etwas anderes macht mich unruhig: deine Erregung. Wenn du deiner so sicher bist, weshalb diese Erregung? Das verstehe ich nicht.«

      Ettingen antwortete nicht gleich. »Ja, du hast recht! Ich könnte doch wirklich die Posse, die mir diese beiden Menschen ins Haus brachten, mit kalter Ruhe an mir vorüberspielen lassen! Und doch ist eine Aufruhr in mir –«

      »Ja, Heinz, in dir ist etwas, das sich meinem Blick verschließt. Und das beunruhigt mich. Es ist da noch etwas anderes als nur dein Widerwille, den du übrigens bei Tisch zur Genüge hast merken lassen, trotz deiner Höflichkeit als Wirt. Der süße Mucki war blind dafür. Dem geht nicht so leicht was durch die dicke Haut. Aber sie hat gemerkt, wie sie dran ist. Der erste, lächelnde Empfang, den sie dir bereitete, ließ mich vermuten, daß sie dich in aller Liebenswürdigkeit ein paar Wochen blockieren will, um dich im Anblick ihrer Reize knusprig zu rösten. Nun wird sie ihre Taktik ändern. Sie weiß, daß deine Höflichkeit mit dem Ekel kämpft, und da ist sie klug genug, um diese Stimmung in dir nicht wachsen zu lassen. Sie wird die gründliche Aussprache, die du bei deiner vornehmen Gastlichkeit gerne vermeiden möchtest, so rasch wie möglich herbeiführen.« Ein sarkastisches Lächeln. »Vielleicht schneller, als du denkst! Mit einem Gewaltstreich, den ich ihr zutraue.«

      »Was meinst du damit?«

      »Das soll ich dir noch erzählen?« Sternfeldt lachte. »Nein, lieber Heinz!« Er zerdrückte die Zigarre in der Aschenschale und trat vor Ettingen hin. Jeder spottende Zug war ausgelöscht in seinem Gesicht. »Du bist erregt! Mach draußen in der kühlen Nacht noch einen Bummel! Oder – auf deinem Schreibtisch liegt der Quartalbericht deines Verwalters – setz dich heute noch drüber, Heinz! Da hast du drei, vier Stunden nüchterne Arbeit. Das wird dich beruhigen.« Wieder lächelte er. »Dann geht's ja auch auf den Morgen zu. Ja, Heinz? Willst du das?«

      Ettingen reichte dem Freunde die Hand, ohne ein Wort zu sagen.

      »Na also, ruhige Nacht!«

      Dunkle Röte war dem Fürsten ins Gesicht gestiegen, als hätte er jetzt verstanden, wie der Rat des Freundes gemeint war.

      »Goni? Du denkst nicht gut von mir!«

      »Von Dir? Doch, Heinz!« Sternfeldt lächelte. »Aber von ihr nicht.« Er wollte schon die Tür öffnen. Der Ausdruck seiner Züge verriet, daß er mit einem Entschluß kämpfte, der ihm nicht leicht wurde. Und dann erwachte in seinen ernsten Augen ein Blick von so mildem Feuer, daß Ettingen betroffen zu ihm aufsah.

      Sternfeldt hob den linken Arm und streifte die Manschette zurück. »Sieh her, Heinz, was ich habe!« Er trug am Handgelenk eine Goldkette mit kleinem Medaillon. »Ein Talisman, den ich seit fünfzehn Jahren trage! Es hat eine Zeit gegeben, in der ich ein Spielzeug jeder Stunde war, die mir das Blut heiß machte. Dann kam eine Wandlung über mich, es ist rein in mir geworden, klar und still. Seit damals trage ich diese Kette. Der Talisman, den die Kapsel enthält, hat mich seit fünfzehn Jahren vor aller Häßlichkeit des Lebens bewahrt. Und dieser Talisman hätte auch Macht über dich. Ich möchte ihn dir geben. Aber ich kann die Kette nicht abnehmen, sie ist angeschmiedet an meinen Arm – weißt du, ich will sie mitnehmen auf meinen letzten Weg. Aber willst du nicht sehen, was die Kapsel enthält?« Er trat zum Schreibtisch und hielt den Arm in das Licht der Lampe. »Komm her, Heinz!«

      Schweigend öffnete Ettingen die goldene Kapsel und sah in ihr das Miniaturbild einer Frau, noch schön, obwohl sich schon graue Fäden in das Braun der welligen Haare mischten, mit ernsten, ruhigen Augen und einem Leidenszug um den lächelnden Mund. »Das Bild meiner Mutter?«

      »Das sagst du wie in Schreck? Daß ich deine Mutter liebte? Hast du das nie geahnt?«

      »Und meine Mutter?« stammelte Heinz.

      »Sie war mir gut. Ich glaube, sie wäre glücklich geworden an meiner Seite. Aber sie war glücklich, auch ohne mich. In ihrer Liebe zu dir. Und sie wies mich ab, weil sie ganz ihrem Sohne gehören wollte. Aus dir einen Mann zu machen, frei, glücklich und stolz – mehr wollte sie nicht von ihrem Leben. Dafür konnte sie jedes Opfer bringen, auch das Opfer ihres Frauenherzens. – Heinz? Verpflichtet solche Liebe nicht? Und begreifst du nun meine Sorge um dich? Soll deine Mutter umsonst gelebt haben?«

      »Goni –«

      »Nein! Jetzt wollen wir nicht weiterreden. Nachdem ich dir das gesagt habe, gibt es kein Wort mehr!«

      Sternfeldt legte die Hände auf Ettingens Schultern und sah ihm in die Augen. »Gute Nacht, Heinz!« Dann ging er.

      Ettingen blieb in seiner Erregung zurück, die ihn erschütterte bis ins innerste. Da weckte ihn ein Geräusch im anstoßenden Raum. Eine Furche grub sich in seine brennende Stirn. Als er die Tür des Schlafzimmers aufstieß, gewahrte er den Lakaien, der das Bett für die Nachtruhe seines Herrn bereitgemacht hatte und mit einem Sprühflakon durch das Zimmer ging, um ein schwül duftendes Parfüm in die Luft zu stäuben. »Was machen Sie da?« fragte Ettingen mit erzwungener Ruhe. »Ich habe Sie nicht gerufen.«

      »Bitte Durchlaucht«, stotterte Martin, »mein Dienst –«

      »Dienst? Bei mir? Ich habe Grund, zu vermuten, daß


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