Butler Parker 104 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
daß gewisse Spuren darauf verweisen, daß sie sich in jüngster Zeit geprügelt haben.“
„Glauben Sie, damit bereits die Mörder zu haben?“ Agatha Simpson sah den irritierten Beamten kopfschüttelnd und fast ein wenig mitleidig an. „Junger Mann, Sie machen sich die Sache etwas zu einfach, aber bitte, Sie vertreten das Gesetz.“
Parker besann sich plötzlich auf das Silberkettchen in der Tasche seines Zweireihers, doch aus Sorge, Myladys Mißfallen zu erregen, verschwieg er erst mal diesen Fund. Lady Agatha hätte ihn sonst wahrscheinlich später in der Luft zerrissen.
Inspektor Griffins bedankte sich bei Parker für die Aussage und nickte Mylady höflich zu.
„Sobald Sie Ihre Adresse in London hinterlegt haben, können Sie natürlich fahren“, sagte er.
„Wo denken Sie hin, junger Mann?“ Mylady schüttelte energisch den Kopf. „Wir werden bleiben. Sie erreichen uns jederzeit im Majestic. Ich bin sicher, daß Sie unsere Hilfe noch brauchen.“
Inspektor Griffins hütete sich, mokant zu lächeln. Diese Frau beeindruckte ihn, ja machte ihn sogar unsicher.
Die Spurensicherung hatte den Wohnwagen inzwischen freigegeben. Der Butler ging noch mal in den Wagen, in dem er erst vor kurzer Zeit bewirtet worden war, und sah auf Angels hinunter, den man aus nächster Nähe niedergeschossen hatte.
Was, so fragte er sich, mochte Angels ihm verschwiegen haben? Hatte er sich auf ungesetzliche Dinge eingelassen und dafür jetzt die Quittung erhalten?
Parker konnte sich das kaum vorstellen.
Er kannte Angels nicht besonders gut, hatte ihn aber immer als einen hilfsbereiten und ehrlichen Mann geschätzt. Daher hatte er ihm ja auch spontan seine Hilfe zugesagt und Angels eine neue Stelle verschafft.
Handelte es sich hier etwa um den sinnlosen Mord einiger Rowdys, die sich für eine Niederlage rächen wollten? Dann mußte er, Josuah Parker, sich mitschuldig fühlen, denn er war es ja gewesen, der die Rowdys nachdrücklich in die Flucht geschlagen hatte.
Oder steckte mehr hinter diesem Mord?
*
Kathy Porter hatte sich blitzschnell entschieden, nicht zurück in die Hotelbar zu laufen. Das hätte zu ihr als Sekretärin nicht gepaßt. Woher, so hätte man sich später fragen können, wußte sie so genau, wie ein schallgedämpfter Schuß sich anhört?
Sie gingen aber schnell weiter um die Ecke der Bar herum und prallte dort mit einem Mann zusammen, der es eilig hatte.
Er trug den Servierfrack eines Kellners, schob Kathy aus dem Weg und hatte dabei das Pech, über ihr linkes Bein zu stolpern, was seinem Gleichgewicht nicht bekam.
Der Mann ging zu Boden und griff hastig nach einer Waffe, auf deren Mündung ein moderner Schalldämpfer saß.
Kathy tat instinktiv so, als habe sie nichts gesehen.
„Entschuldigung“, sagte sie bestürzt und half ihm hoch. Er hatte sich das rechte Knie verletzt, das Loch in der Hose war nicht zu übersehen.
„Schon gut“, murmelte er und lief weiter, wobei er deutlich hinkte. Sein Ziel war ein kleiner Austin, der an der Straßenecke stand. Der Mann stieg ein, hatte Schwierigkeiten mit dem Anlasser und redete auf den Insassen ein, der links von ihm saß.
Endlich rauschte der Motor auf, der Austin machte einen Blitzstart, als ginge es um einen Rennsieg, und wischte dann mit ausbrechendem Heck endgültig um die Ecke.
Kathy hatte sich das Gesicht des Frackträgers eingeprägt. In solchen Dingen war sie geschult und wurde von einem gewissen Josuah Parker immer wieder trainiert.
Den Beifahrer im Austin hingegen hatte sie nicht so genau beobachten können, dazu war die Zeit zu kurz. Gewisse Merkmale dieses Gesichts hatte sie aber ebenfalls registriert.
Sie hörte hinter sich schnelle Schritte, drehte sich schnell um und behinderte die beiden jungen Männer, die zu Dan Hodner gehörten. Die hatten es ebenfalls eilig und waren offensichtlich hinter dem Frackträger her.
In dem Bestreben, ihnen den Weg frei zu machen, wich Kathy nach links aus und stieß mit dem jüngeren der beiden Männer zusammen. Er wich nach rechts aus, rempelte seinen Begleiter an und warf ihn ungewollt gegen die Hauswand. Es dauerte wertvolle Sekunden, bis sie wieder sicher auf den Beinen waren.
„Was ist denn los?“ fragte Kathy Porter und rieb sich den geprellten Arm.
„Ist hier gerade ein Mann vorbeigekommen?“ fragte der ältere.
„Vorbeigerannt“, korrigierte Kathy empört, „und er hätte mich fast umgestoßen.“
„Einer, der ’nen Frack trug?“ fragte der andere Mann, der normalerweise einen Zahnstocher kaute.
„Ja, natürlich, gerade …“
Sie nickten sich zu, rannten quer über die Straße und erreichten die Ecke. Natürlich konnten sie den Austin nicht mehr sehen. Der kleine Wagen war wohl längst in eine der vielen Querstraßen abgebogen.
Es dauerte knapp eine Viertelstunde, bis die beiden Männer herauskamen und den dicken Mann abschirmten. Dan Hodner, der ihr eine glänzende Karriere versprochen hatte, schien unverletzt zu sein. Die drei Männer stiegen in einen Volvo und fuhren sofort los. Am Steuer des Volvo, der vorgefahren war, saß ein kleiner, schmaler Mann mit hoher Stirnglatze.
Natürlich prägte Kathy Porter sich die Nummer dieses Wagens ein, der laut Kennzeichen in Liverpool registriert war.
Die junge Dame ließ den servierten Tee stehen und beeilte sich, zurück ins Majestic zu kommen. Sie konnte sich vorstellen, daß Mylady bereits ungeduldig geworden war. Die Chefin wollte ja gegen Abend wieder zurück in London sein.
Als sie die Straße hinunterschritt, merkte sie nicht, daß sie von einem gemütlich aussehenden Mann verfolgt wurde. Dieser rundliche Typ sah aus wie ein Rentner und hatte die Augen einer Giftschlange.
*
„Ein wunderschöner Badeort“, schwärmte Agatha Simpson. Sie stand auf dem Balkon ihres Hotelzimmers und ergötzte sich am Anblick der See, doch sowohl Butler Parker als auch Kathy Porter wußten genau, daß die streitbare Dame nicht an die Schönheit der Natur und des Wassers dachte.
Sie war wieder mal sehr angeregt und freute sich auf einen Kriminalfall, der noch einige böse Überraschungen zu bieten schien. Kathy Porter hatte von ihren Erlebnissen mit Dan Hodner berichtet. Weder Parker noch Mylady wußten mit diesem Namen etwas anzufangen, doch der Butler hatte bereits seine Verbindungen zu gewissen hohen Polizeioffizieren spielen lassen. Er hoffte, auf diesen Umwegen etwas über den dicken Mann zu erfahren.
Während Lady Simpson sich ins Hotelzimmer zurückbegab, studierte Parker noch immer das silberne Kettchen.
Die Glücksbringer gaben wenig her, es handelte schlicht gesagt um Kitsch, wie man ihn an allen Andenkenbuden unter anderem erstehen kann. Da waren zwei superkleine Fausthandschuhe aus Plastik, ein Eispickel für Hochgebirgstouren in Kleinstausgabe. Glücksschweinchen und Kleeblätter. Der Träger des Kettchens schien von den Realitäten des Lebens nicht viel zu halten und bemühte sein Glück.
Die eigentlichen Anhänger hingegen gaben mehr her.
Sie waren bunt emailliert und belegten, welche Städte der Besitzer des Kettchens wohl schon mit seinem Besuch beehrt hatte. Blackpool war darin und erstaunlicherweise auch Orte und Städte in Nordirland. Da waren Dublin, Drogheda, Balbriggan und schließlich Bray.
„Sie lassen sich sehr viel Zeit, Mister Parker“, beschwerte sich Agatha Simpson grollend. „Wollen Sie mir nicht endlich sagen, was das Kettchen uns mitzuteilen hat?“
„Der Besitzer besagten Kettchens, Mylady, muß einen regen Fährverkehr mit der Isle of Man und Nordirland unterhalten“, kommentierte Parker seine Entdeckung.
„Ist das alles?“ Agatha Simpson war nicht sehr zufrieden.
„Zudem lautet sein Vorname Ray“, teilte