Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур ШницлерЧитать онлайн книгу.
Else. Was fällt dir denn ein –?
Anatol. Was mir »einfällt« –? Das einzig Natürliche – ja! – Wie kann ich dich denn nur fortgehen lassen – zu ihm – wie habe ich es nur jemals können? – Ja – wie bringst du es denn eigentlich über dich – du! die mich »anbetet«! – Wie? Aus meinen Armen weg, von meinen Küssen versengt, kommst du in jenes Haus zurück, das dir ja fremd geworden, seit du mir gehörst? – Nein – nein - wir haben uns so darein gefunden – wir haben nicht daran gedacht, wie ungeheuerlich es ist! Es ist ja unmöglich, daß wir so weiterleben können – Else, Else, du kommst mit mir! – Nun ... du schweigst – Else! – Nach Sizilien ... wohin du willst – übers Meer meinetwegen – Else!
Else. – Was redest du nur?
Anatol. Niemand mehr zwischen dir und mir – übers Meer, Else! – und wir werden allein sein –
Else. Übers Meer –?
Anatol. Wohin du willst! ...
Else. Mein liebes, teures ... Kind ...
Anatol. Zögerst du –?
Else. Schau, Liebster – wozu brauchen wir denn das eigentlich –?
Anatol. Was?
Else. Das Wegreisen – es ist ja gar nicht nötig ... Wir können uns doch auch in Wien beinahe so oft sehen, als wir wollen –
Anatol. Beinahe so oft, als wir wollen. – Ja ja ... wir ... haben's gar nicht nötig ...
Else. Das sind Phantastereien ...
Anatol. ... Du hast recht ... (Pause.)
Else. ... Bös –? (Glockenschläge.)
Anatol. Du mußt gehen!
Else. ... Um Himmels willen – so spät ist es geworden ...!
Anatol. Nun – so geh doch ...
Else. Auf morgen – ich werde schon um sechs Uhr bei dir sein!
Anatol. ... Wie du willst!
Else. Du küssest mich nicht –?
Anatol. O ja ...
Else. Ich werde dich schon wieder gut machen ... morgen! –
Anatol (begleitet sie zur Tür). Adieu!
Else (bei der Türe). Noch einen Kuß!
Anatol. Warum nicht – da! (Er küßt sie; sie geht.)
Anatol (wieder zurück ins Zimmer). Nun habe ich sie mit diesem Kuß zu dem gemacht, was sie zu sein verdient ... zu einer mehr! (Er schüttelt sich.) Dumm, dumm ...!
(Vorhang.)
Anatols Hochzeitsmorgen
Anatol. Max. Ilona. Franz. Diener.
Geschmackvoll eingerichtetes Junggesellenzimmer: die Türe rechts führt ins Vorzimmer; die Türe links, zu deren Seiten Vorhänge herabfallen, ins Schlafgemach.
Anatol (kommt im Morgenanzug auf den Zehenspitzen aus dem Zimmer links und macht die Türe leise zu. Er setzt sich auf eine Chaiselongue und drückt auf einen Knopf; es klingelt).
Franz (erscheint von rechts und geht, ohne Anatol zu bemerken, zur Türe links).
Anatol (merkt es anfangs nicht, läuft ihm dann nach und hält ihn dann zurück, die Türe zu öffnen). Was schleichst du denn so? Ich habe dich gar nicht gehört!
Franz. Was befehlen Euer Gnaden?
Anatol. Den Samowar!
Franz. Jawohl. (Ab.)
Anatol. Leise, du Dummkopf! Kannst du nicht leiser auftreten? (Geht auf den Fußspitzen zur Türe links, öffnet sie ein wenig.) Sie schläft! ... Noch immer schläft sie! (Schließt die Türe.)
Franz (kommt mit dem Samowar). Zwei Tassen, gnädiger Herr?
Anatol. Jawohl! (Es läutet.) ... Sieh hinaus! Wer kommt denn da in aller Frühe? (Franz ab.)
Anatol. Ich bin heute entschieden nicht in der Stimmung zum Heiraten. Ich möchte absagen.
Franz (öffnet die Türe rechts, durch die Max hereintritt).
Max(herzlich). Mein lieber Freund!
Anatol. Pst ... Stille! ... Noch eine Tasse, Franz!
Max. Es stehen ja schon zwei Tassen da!
Anatol. Noch eine Tasse, Franz – und hinaus. (Franz ab.) So ... und jetzt, mein Lieber, was führt dich um acht Uhr morgens zu mir her?
Max. Es ist zehn!
Anatol. Also was führt dich um zehn Uhr morgens zu mir her?
Max. Meine Vergeßlichkeit.
Anatol. Leiser ...
Max. Ja warum denn eigentlich? Bist du nervös!
Anatol. Ja, sehr!
Max. Du solltest aber heute nicht nervös sein.
Anatol. Was willst du also?
Max. Du weißt, ich bin heute Zeuge bei deiner Hochzeit; deine reizende Cousine Alma ist meine Dame!
Anatol (tonlos). Zur Sache.
Max. Nun – ich habe vergessen, das Bukett zu bestellen, und weiß in diesem Augenblick nicht, was für eine Toilette Fräulein Alma tragen wird. Wird sie weiß, rosa, blau oder grün erscheinen?
Anatol (ärgerlich). Keinesfalls grün!
Max. Warum keinesfalls grün?
Anatol. Meine Cousine trägt nie grün.
Max (pikiert). Das kann ich doch nicht wissen!
Anatol (wie oben). Schrei nicht so! Das läßt sich alles in Ruhe abmachen.
Max. Also du weißt gar nicht, was für eine Farbe sie heute tragen wird?
Anatol. Rosa oder blau!
Max. Das sind aber ganz verschiedene Dinge.
Anatol. Ach, rosa oder blau, ist ganz gleichgültig!
Max. Aber für mein Bukett ist das durchaus nicht gleichgültig!
Anatol. Bestelle zwei; das eine kannst du dir dann ins Knopfloch stecken.
Max. Ich bin nicht hergekommen, um deine schlechten Witze anzuhören.
Anatol. Ich werde heute um zwei Uhr einen noch schlechteren machen!
Max. Du bist recht gut aufgelegt an deinem Hochzeitsmorgen.
Anatol. Ich bin nervös!
Max. Du verschweigst mir etwas.
Anatol. Nichts!
Ilonas Stimme (aus dem Schlafzimmer). Anatol!
Max (sieht Anatol überrascht an).
Anatol. Entschuldige mich einen Augenblick. (Geht zur Türe des Schlafzimmers und verschwindet einen Moment in demselben; Max sieht ihm mit weit offenen Augen nach; Anatol küßt Ilona bei der Türe, ohne daß es Max sehen kann, schließt die Türe und tritt wieder zu Max.)
Max (entrüstet). So was tut man nicht!
Anatol. Höre, lieber Max, und dann urteile.
Max. Ich höre eine weibliche Stimme und urteile: Du fängst früh an, deine Frau zu betrügen!
Anatol. Setze dich nieder und höre mich an, du wirst gleich anders reden.
Max. Niemals. Ich bin gewiß kein Tugendspiegel; aber so was ...!
Anatol.