Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
»Bisher haben meine Leute Hotelzimmer ausgeräumt. Zugegeben, der Verdienst war nicht schlecht, aber einen richtigen Coup konnten wir noch nie landen. Das sieht jetzt anders aus.«
»Was hast du vor?«
»Ich gaukle den Behörden einen Gang vor, nämlich den ›Blasrohr-Gang‹, den es aber ab sofort nicht mehr gibt. Die Schnüffler sollen sich mit einem Phantom beschäftigen. Clive und Sammy haben ihre Schuldigkeit getan. Gut, daß sie nicht mehr reden können.«
»Du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet.«
»Ab sofort arbeite ich nicht mehr mit Chloroform«, erklärte der Gangster nachdrücklich. »Ich werde die Hoteldirektionen unter Druck setzen. Entweder sie zahlen, oder aber sie müssen damit rechnen, daß ich ihre Hotelzimmer ausräuchere.«
»Mit dem Giftgas etwa?« fragte sie bestürzt.
»Richtig, mit einem Giftgas …! Wenn die Zahlungen ausbleiben, wird es in den Hotels Tote geben. Du wirst sehen, man wird uns das Geld förmlich aufdrängen. Die Hotelmanager werden sich hüten, meine Drohungen an die große Glocke zu hängen. Sie werden widerspruchslos zahlen, um nur ja keinen Skandal zu bekommen. Ich habe mir alles genau überlegt. Die Zeit der Vorbereitungen ist vorbei, jetzt bekommen wir großes Geld. Die Chloroform-Methode sollte den Hotels nur zeigen, wie wir arbeiten können, Joan.«
»Willst du auf jeden Mitarbeiter verzichten?« Joan Shadows Frage klang harmlos, doch der Gangster spürte, daß es mehr als nur eine Frage war.
»Wir bleiben selbstverständlich zusammen«, sagte er auflachend. »Hast du Angst, ich könnte dich ausbooten?«
»Falls du es planst, würdest du wenig Freude daran haben«, gab sie kühl zurück.
»Wie meinst du das?«
»Nun, im Falle meines Verschwindens, würden gewisse Papiere von ganz allein reden.«
»Du traust mir nicht, Joan? Ist das wahr?«
»Traust du mir?« fragte sie zurück. »Ich denke, ein gewisses Mißtrauen ist ganz gesund. Du sollst nur wissen, woran du bist. Du wirst mich nicht los wie Sammy oder Clive!«
»Wir sind doch immerhin mehr als nur Partner«, schmeichelte er.
»Natürlich. Daran solltest du auch immer denken. Ich ließ dich niemals hängen, du weißt das. Ich habe dafür gesorgt, daß du deine Arbeiten ungestört erledigen konntest. Dafür will ich jetzt meinen Lohn haben.«
»Ohne dich könnte ich nie leben«, gestand er mit leiser Stimme, die allerdings falsch und kitschig klang. »Sobald wir genügend Beute gemacht haben, werden wir uns zur Ruhe setzen. Ich denke zum Beispiel daran, daß wir uns an der französischen Riviera ein Haus kaufen.«
»Klingt gut«, meinte sie sachlich. »Wann willst du denn aufhören? Wie willst du ohne Mitarbeiter auskommen?«
»Das ist doch sehr einfach«, erwiderte der Gangster. »In Zukunft werde ich nur noch mit Verzögerung arbeiten.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Falls irgendein Hotel nicht zahlt, werde ich einen meiner kleinen Stahlzylinder in ein Hotelzimmer schmuggeln. Nach einer bestimmten Zeit öffnet sich das Ventil ganz automatisch und gibt das Gas frei. Um diese Zeit befinde ich mich längst in Sicherheit. Ich habe mir alles genau überlegt, es kann keine Pannen geben.«
»Willst du es wirklich auf weitere Morde ankommen lassen?« Joan Shadow schien mit diesem Gedanken nicht einverstanden zu sein.
»Es liegt einzig und allein an den Hoteldirektionen. Wenn sie zahlen, wird es in ihren Hotels keine Toten geben. Jahrelang bin ich wie der letzte Dreck behandelt worden. Jetzt zeige ich der Welt, wer ich wirklich bin und was ich auf dem Kasten habe!«
»Ja doch!« warf sie schnell ein, denn sie wußte aus Erfahrung, daß ihr Begleiter über dieses Thema sich stundenlang verbreiten konnte. »Können uns die Killer nicht verraten, die du gestern engagiert hast?«
»Die wissen überhaupt nicht, wer ich bin. Und wie gesagt, ab sofort arbeite ich allein.«
»Und was habe ich dabei zu tun?«
»Du wirst nur noch für mich da sein«, gab er zurück. »Du brauchst nicht mehr als Zimmermädchen zu arbeiten. Du wirst in Zukunft nur noch Geld zählen und dich dabei bestimmt überanstrengen. Ich rechne mit Geld, mit sehr viel Geld!«
Er kicherte leise und unheimlich auf. Joan Shadow spürte das kalte Rieseln, das über ihren Rücken lief. Manchmal hatte sie das Gefühl, daß ihr Partner krank oder sogar irrsinnig war.
*
Josuah Parker ließ es sich nicht nehmen, seinem jungen Herrn das Frühstück zu servieren. Er fing den Etagenkellner an der Tür der kleinen Zimmerflucht ab und bediente Mike Rander. Es gab frischen, gebutterten Toast, verschiedene Marmeladen, Schinken, frische Biskuitkuchen, Orangensaft und starken, heißen Kaffee.
»Neuigkeiten?« fragte Mike Rander.
»Gewiß, Sir, wir wurden in der hinter uns liegenden Nacht besucht.«
»Tatsächlich?« Mike Rander war nur wenig beeindruckt.
»Ich habe die von uns verlassene Zimmerflucht in der vierten Etage genau untersucht«, berichtete Josuah Parker. »Die Vorsichtsmaßnahme, eine Etage höher zu ziehen, erwies sich als richtig. Der ›Blasrohr-Mörder‹, um bei dieser Bezeichnung zu bleiben, Sir, pumpte beide Schlafräume voll Gas.«
»Sie meinen Chloroform, nicht wahr?«
»Nein, Sir, es handelte sich um ein starkes Giftgas, das die Eigenschaft besitzt, das Atemzentrum lahmzulegen.«
Der Anwalt ließ den gebutterten Toast auf den Teller sinken. Er sah seinen Butler aus zusammengekniffenen Augen an.
»Leider stimmt es, Sir. Auch ich mache mir deswegen sehr große Sorgen. Es könnte durchaus sein, daß der ›Blasrohr-Mörder‹ sich auf dieses Giftgas umgestellt hat.«
»Du lieber Himmel, dann haben wir ja noch etwas zu erwarten!« Mike Rander hatte plötzlich keinen Appetit mehr. Er stand auf und begnügte sich mit einer Zigarette. »Sie haben sich auch wirklich nicht getäuscht, Parker?«
»Ganz sicher nicht, Sir. Ich kann, wenn Sie es wünschen, Ihnen die fertige Analyse vorlesen. Ich ließ Proben des Gases chemisch untersuchen.«
»Demnach sind Sie schon lange auf den Beinen, wie?«
»Seit einigen Stunden, Sir. Sie wissen, daß ich nicht besonders viel Schlaf benötige. Der Mörder, anders kann ich den Gangster nicht bezeichnen, schob wahrscheinlich ein Blasrohr oder einen Gummischlauch unter den Türspalt und preßte das Gas in die beiden Räume. Einige Spuren, die ich fand, lassen diesen Schluß zu.«
»Parker, es hilft nichts, wir müssen uns mit der Polizei in Verbindung setzen.« Mike Rander ging im Zimmer auf und ab. Auch er wußte, wie prekär die Situation geworden war.
»Vielleicht sollte man warten, Sir, bis der ›Blasrohr-Mörder‹ sich gemeldet hat«, schlug der Butler vor. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß er nur morden will. Er verfolgt einen bestimmten Zweck. Er will, wie alle Gangster, Beute machen. Man müßte abwarten, bis der Kerl sich näher geäußert hat.«
»Was erwarten Sie denn von ihm, he?«
»Erpressung, um die Absichten des ›Blasrohr-Mörders‹ auf einen Nenner zu bringen.«
»Sie glauben, der Mann droht mit Mord, falls die Hoteldirektionen nicht zahlen?«
»Gewiß, Sir, ich spüre das förmlich in den Fingerspitzen.«
»Dann haben wir noch tolle Überraschungen vor uns«, meinte Mike Rander. »Wie soll man in dieser riesigen Stadt einen einzigen, bestimmten Mann finden?«
»Ich möchte sagen, Sir, daß wir gar nicht verzweifelt zu suchen brauchen.«
»Sie hoffen, daß der Gangster sich freiwillig vorstellen wird?«
»Das