Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
gerade in diesem Fall annehmen mußte, daß er es nicht mit kleinen Durchschnittsgaunern zu tun hatte.
Als Miami erreicht war, war der Butler zu einem Entschluß gekommen.
»Wo setzen wir Sie ab, Henderson?« fragte Mike, der am Steuer saß.
»Vor meinem Hotel selbstverständlich«, gab Parker vorsichtig zurück. »Oder haben Sie sich meinen Vorschlag inzwischen anders überlegt?«
»Sie etwa, Henderson?«
»Mitnichten«, gab der Butler zurück, der sich an den Namen Henderson bereits gewöhnte. »Darf ich fragen, wie wir es halten sollen? Warten Sie zusammen im Hotel mit mir auf das Geld?«
»Ich werde für ’nen kurzen Moment verschwinden«, sagte Mike. »Joe kann Ihnen Gesellschaft leisten.«
Mike fuhr wieder an und hielt dann vor einem Appartementhotel, das in einer Seitenstraße lag und »Miramare« hieß. Das Hotel, ein Neubau übrigens, lag genau in jener Gasse, in der Henry Manters nach dem Verlassen der Bar und nach seiner kurzen Unterhaltung mit Parker erschossen worden war.
Parker begriff nun, wieso es zu der Verwechslung gekommen war. Mike und Joe mußten Manters beobachtet und beschattet haben. Manters mußte seinerseits auf jenen bewußten Mr. Henderson gewartet haben, um ihm dann in die nahegelegene Bar zu folgen. So war es zu dieser ebenso interessanten wie auch gefährlichen Verwechslung gekommen.
Parker und Joe stiegen aus, während Mike sofort wieder losfuhr. Er hatte es wohl sehr eilig, zu seinem Chef zu kommen, um sich mit ihm zu beraten.
»Ich denke, wir bleiben in der Halle«, schlug Parker vor, nachdem er zusammen mit Joe das Appartementhotel betreten hatte. Parker wußte nichts von und über den richtigen Mr. James Henderson. Ihm war selbstverständlich auch unbekannt, ob Henderson tatsächlich im »Miramare« wohnte und wo er sich zur Zeit aufhielt.
»Nichts gegen einzuwenden, Henderson«, gab Joe gelassen zurück. »Ich glaube, Sie haben sich die Sache mit dem Austausch verdammt gut überlegt.«
»Ich schließe mich Ihrer Meinung an«, antwortete der Butler. »Hoffentlich denkt auch Ihr Chef so, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
»Mr. X …?«
»Genau ihn meine ich«, sagte Parker vorsichtig.
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Joe nickte nachdrücklich. »Der Chef ist an Ärger nicht interessiert.«
»Sie kennen ihn näher?« erkundigte sich Parker angelegentlich.
»Wie man’s nimmt«, war die vage und ausweichende Antwort.
»Er soll sich sehr zurückhalten«, tippte Parker weiter an. Er wollte endlich in Erfahrung bringen, wer dieser Mr. X nun eigentlich war.
»Und ob der Chef sich zurückhält«, gab Joe zurück. »Aber er weiß trotzdem verdammt genau, was gespielt wird!«
»Er ahnte also, daß Henry Manters abspringen wollte?« Parker hoffte, auf der richtigen Fährte zu sein.
»Wir sind ja unter uns«, meinte Joe vertraulich. »Manters war ’ne Enttäuschung für uns. Er hätte uns beinahe aufs Kreuz gelegt.«
»Er genoß also das Vertrauen Ihres Chefs?«
»Kann man wohl sagen, sonst hätte er sich ja nicht die Unterlagen unter den Nagel reißen können. Aber in letzter Minute wurde er mißtrauisch und kontrollierte den Safe. Tja, und da kam die ganze Geschichte heraus!«
»Welch ein Pech für den armen, bedauernswerten Manters«, räumte der Butler ein.
»Welch ein Pech für euch«, spottete Joe auflachend. »Um ein Haar hättet ihr die Unterlagen gehabt. Aber wir waren eben schneller!«
»Darf ich Sie auf eine gewisse Unterlassungssünde hinweisen?« bat Parker höflich.
»Und das wäre?«
»Sie wollten mich erschießen. Nein, nein, Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Sie hatten schließlich den Auftrag dazu. Aber warum interessierten Sie sich nicht für die Unterlagen? Nach meinem Tod hätten Sie sie ja niemals gefunden.«
»Da haben Sie Mike und mich aber mißverstanden«, entgegnete Joe und schüttelte den Kopf.
»Schön, wir wollten und sollten schießen, aber Sie nur aus dem Verkehr ziehen, Henderson. Wir hätten Sie schon abgeschleppt und dann zum Reden gebracht.«
»Das beruhigt mich, ich dachte schon an eine gewisse Unlogik in Ihrer Handlungsweise!«
»Hoffentlich bleiben Sie auch so ruhig, Henderson.«
»Wie darf ich Ihre Andeutung auslegen?« wollte Parker wissen.
»Na ja, werden Sie keinen Ärger bekommen, wenn Sie ohne Unterlagen in London aufkreuzen?«
»Sind Sie tatsächlich der Meinung, daß ich zurück nach London fahren werde?«
»Würde ich Ihnen auch nicht raten, Henderson. Wenn Sie mich fragen, würde ich mich irgendwo hier in den Staaten verkriechen. Das ist sicherer für Sie.«
»Ihr Mitgefühl schmeichelt mir«, gestand Parker.
»Na ja, wir arbeiten schließlich in der gleichen Branche«, meinte Joe mitteilsam. »Man weiß ja, wie schwer man es hat. Manchmal ekelt mich der ganze Betrieb richtig an.«
»Sie sprechen mir fast aus dem Herzen«, entgegnete der Butler fast gerührt. »Ich könnte mir durchaus ein ruhigeres Leben vorstellen.«
»Warum steigen wir nicht einfach aus und lassen diesen ganzen Rummel?«
»Eine Frage, die ich mir schon häufiger gestellt habe.«
»Irgendwo ein Lokal oder ein kleines Geschäft, und man hätte endlich seine Ruhe und brauchte nicht herumzuhetzen.«
»Wir stecken zu tief in gewissen Dingen«, deutete Parker vage an, doch er hätte nicht sagen können, um welche Dinge es sich handelte.
»Dafür verdient man natürlich ganz schön«, erklärte Joe träumerisch.
»Das allerdings, der Wahrheit die Ehre«, räumte nun auch Parker schleunigst ein. »Das Berufsrisiko wird erstaunlich gut honoriert.«
»Deswegen werde ich auch dabei bleiben«, meinte Joe. »Und wenn man nur einigermaßen auf Draht ist, kann einem kaum was passieren.«
Er hatte seinen Satz gerade beendet, als er irritiert zur Seite schaute. Ein junger Mann, er mochte knapp fünfundzwanzig Jahre alt sein, trat an die Sitzgruppe heran, in der Joe und Parker saßen.
Dieser junge Mann deutete auf die Zeitschriften und Magazine, die auf dem niedrigen Rauchtisch herumlagen.
»Darf ich mal?« erkundigte er sich.
»Aber selbstverständlich«, antwortete der Butler höflich. »Bedienen Sie sich nur!«
Der junge Mann beugte sich vor und griff nach einer Zeitschrift. Gleichzeitig hatte er plötzlich ein Zigarettenetui in der Hand, das er auf springen ließ.
Joe sah den jungen Mann völlig überrascht an.
Sein Mund öffnete sich, als wollte er etwas sagen, doch dann sackte Joe leicht in sich zusammen und entspannte sich in seinem tiefen Sessel.
»Los, stehen Sie auf, mitkommen, sonst sind auch Sie dran«, sagte der junge Mann lächelnd zu Parker.
»Wie bitte?« Parker verstand nicht ganz.
»Stehen Sie unauffällig auf und gehen Sie raus auf die Straße«, sagte der lächelnde junge Mann, dessen Stimme jetzt tödliche Kälte verspüren ließ. »Oder soll ich Sie wie diesen Spitzel abknallen?«
Parker war in der Tat etwas verwirrt, begriff aber sehr schnell.
Ein schneller Blick hinüber zu Joe sagte ihm, daß sein Gesprächspartner schon nicht mehr lebte. Joes Prognose, ihm könne kaum etwas passieren,