Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Widerstand fehlte, mit dem Strickton fest gerechnet hatte. Prompt verlor er noch mal das Gleichgewicht. Er schoß, fast waagerecht in der Luft liegend, in die Diele. Sein Hinterkopf bot sich freundlich an. Parker brauchte nur noch mit dem bleigefütterten Griff seines Universal-Regenschirms zuzulangen.
Fast bedauernd legte er diesen Griff auf den Hinterkopf Stricktons. Er überredete ihn mit dieser Berührung, schleunigst den Boden aufzusuchen und ohnmächtig liegen zu bleiben.
Parker entwaffnete nun auch Strickton, wie er es mit Stan bereits vorher getan hatte, verstaute die beiden Trommelrevolver in einem kleinen Wandschrank in der Diele und kümmerte sich dann um den weiteren Verbleib der beiden ungebetenen Gäste. Er wollte sie so sicher wie möglich unterbringen, sich dabei aber wenig anstrengen.
Natürlich fand er eine ansprechende Lösung.
Neben dem Treppenhaus befand sich der Schacht eines Lastenaufzugs. Er führte vom Kellergeschoß bis hinauf zur Wohnetage im dritten Stock. Auf dem Treppenabsatz vor der Wohnungstür gab es einen Ausstieg, der normalerweise kaum benutzt wurde.
Parker betätigte die Schaltknöpfe. Der Lastenaufzug surrte gehorsam hinauf in den dritten Stock. Parker öffnete die Schutzgitter und holte seine beiden Gäste herbei. Nacheinander verstaute er die immer noch ohnmächtigen Gangster im Fahrstuhlkorb. Dann schloß er das Schutzgitter und ließ den belasteten Korb wieder nach unten absinken.
In genauer Höhe zwischen dem dritten und zweiten Stock hielt er den Aufzug an. Dazu genügte ein kurzer Druck auf den Alarmknopf, wie er für Lastenaufzüge verwendet wird. Vom Korb aus war der Aufzug nicht in Bewegung zu setzen. Er diente ja Lasten, keiner Personenbeförderung.
Nach wenigen Sekunden schwebten die beiden Gangster zwischen der zweiten und dritten Etage. Viel Platz hatten sie in dem niedrigen Lastenkorb zwar nicht, auf der anderen Seite brauchten sie sich auch nicht unnötig herumzuquälen
Sicherer konnten sie gar nicht aus dem Verkehr gezogen werden. Eine Selbstbefreiung war so gut wie ausgeschlossen. Josuah Parker ging zurück in die Wohnung und gestattete sich den Luxus, eine seiner spezial angefertigten, gefürchteten Zigarren zu rauchen. Dann widmete er sich gemächlich dem Tonbandgerät, das an den Telefonapparat angeschlossen war.
Er war sicher, die elektromagnetisch festgehaltenen Wählgeräusche von Stricktons Anruf in echte Nummern umsetzen zu können. Schließlich wollte er ja wissen, wen Strickton angerufen hatte …
*
Strickton spuckte Gift und Galle.
»Ich bringe den Kerl um«, schwor er laut. »Vier Stunden lang hat er Stan und mich in dem Lastenaufzug eingesperrt. Ich bring’ ihn um. So ist noch keiner mit mir umgesprungen!«
Ben Turpins sah ihn verständnislos an. Er schüttelte den Kopf.
»Diesen Wunderknaben Parker möchte ich direkt mal kennenlernen«, meinte er dann. »Erst legt er zwei Wagenbesatzungen lahm, und dann seid ihr an der Reihe. Kann ich mir gar nicht vorstellen. Wir sind doch keine Schießbudenfiguren.«
»Genauso hat er Stan und mich aber behandelt.«
»Wieso denn?« Ben Turpins sah Strickton erwartungsvoll an.
»Als wir eine gute Stunde in dem engen Lastenaufzug staken, fing Stan an zu randalieren. Er bekam so was wie einen Koller.«
»Und was passierte?«
»Parker behandelte uns mit kaltem Wasser«, erklärte Strickton und mußte explosionsartig niesen. »Er muß einen Wasserschlauch in den Fahrstuhlschacht gehängt haben. Wir kamen uns vor, als hätte er den Niagara umgeleitet.«
»Und Stan Bigels?«
»Der wurde sehr schnell wieder ruhig. Ben, ich sage es noch mal, mit diesem Parker dürfen wir keine Geschäfte machen. Der Kerl hat es faustdick hinter den Ohren. So was muß man schnellstens aus dem Weg räumen.«
»Der Chef ist anderer Meinung.« Ben Turpins grinste, als Strickton erneut nieste. Turpins war ein mittelgroßer, kompakt aussehender Mann von etwa 38 Jahren. Er hatte das Gesicht und die neugierigen Augen eines jungen Seehundes. Turpins trug einen modisch geschnittenen Einreiher. Dennoch wirkte seine Eleganz irgendwie billig. Auf zwanzig Schritte war ihm anzusehen, aus welchem Londoner Stadtteil er kam. Seine Heimat war die Gegend der Docks. Hier hatte er sich im Laufe der Jahre herauf gedient und war zum Vormann einer Rauschgiftbande geworden. Im Gegensatz zu seinem melancholischen Aussehen war Ben Turpins brutal und kalt wie ein Stück Eisen. Wer sich ihm in den Weg stellte, mußte damit rechnen, mit einem Messer begrüßt zu werden.
Daß auch er einzustecken verstand, bewiesen zwei wulstige Narben am Hals. Sie wurden vom Kragen nur schlecht verdeckt. Es handelte sich um Spuren wilder Messerstechereien.
»Du hast mit dem Chef gesprochen?« Strickton trocknete sich seine fließende Erkältungsnase ab.
»Genauso, wie du es gewünscht hast. Der Chef wird diesen Parker an die Kette legen.«
»Der Chef kennt Parker nicht.« Stricktons Stimme klang warnend.
»Na, wenn schon. Parker ist ein Einzelgänger. Wir aber sind ein kompletter Verein, Strickton! Kleinigkeit, diesen Butler aufs Kreuz zu legen!«
»Wenn ihr euch nur nicht täuscht«, meinte Strickton ahnungsvoll. »Der steckt uns alle in die Tasche.«
»Hast du Angst?« Turpins Stimme klang spöttisch.
»Nich direkt, Ben. Aber ich wittere Unheil. Dieser Parker wird uns noch Kopfschmerzen bereiten. Vielleicht ist er ein Polizeispitzel?«
»Er ist Butler und tatsächlich bei Dr. Snyder angestellt«, gab Ben Turpins zurück. »Ich habe mich bereits erkundigt. Die Angaben stimmen. Snyder ist in Frankreich. Und Parker kommt aus den Staaten.«
»Könnte er nicht zu unserer Konkurrenz gehören?«
»Nein, unsere Spitzel haben nichts darüber gemeldet. Parker ist ein Einzelgänger. Und er ist interessant. Er hat immerhin sechs Leute von unserem Verein hereingelegt. Das ist ’ne Strecke, die sich sehen lassen kann.«
»Er hat eben Glück gehabt.«
»Möglich, aber er weiß, was gespielt wird. Er ist genau der Mann, der uns Ware im großen Stil verschaffen kann.«
»Soll er Mitglied unseres Vereins werden? Das fehlte noch!«
»Er soll Ware liefern. Wenn seine Quelle versiegt ist, kann er in der Themse baden gehen. Genügt dir das?«
»Nur dann, wenn ich sein Bademeister sein kann.«
»Den Spaß sollst du gern haben.«
»Und was soll nun geschehen?«
»Wir beide werden zu ihm fahren und mit ihm verhandeln. Wir werden ihn mit Geld ködern.«
»Schön, ködern wir ihn. In vierzehn Tagen kann ich sowieso den Schlußstrich ziehen, oder nicht?«
»Wahrscheinlich nicht, Strickton. Wir werden diesem Burschen ein Labor einrichten.«
»Wie war das?« Strickton nieste verhalten.
»Wir werden ihm ein Labor einrichten. Aber erst müssen wir genau wissen, ob er sich in chemischen Dingen auskennt.«
»Wollen wir ’ne eigene Giftproduktion aufnehmen?« Strickton sah seinen Vormann entgeistert an.
»Natürlich. Solch eine günstige Gelegenheit bietet sich nicht alle Tage.«
»Wieso nicht? Parker ist doch nicht der einzige Mann in London, der sich in Chemie auskennt.«
»Er ist im Moment derjenige, der mit Gift Geld verdienen will. Das erspart uns viele Schwierigkeiten. Zudem kann uns sein Chef das Zeug liefern, das wir für die eigene Produktion benötigen.«
»Verstehe ich nicht.« Strickton stopfte sich die Taschentuchenden in die tropfenden Nasenlöcher und nieste diskret.
»Liegt doch auf der Hand, Strickton. Wir brauchen doch nur Doc Snyders Laden auszuräumen und uns