Gesammelte Werke. Джек ЛондонЧитать онлайн книгу.
pfeift, um uns zu erzählen, dass wir abschieben sollen, aber er kennt uns nicht. So gehen wir denn alle drei – aber wenn du meinst, dass wir uns unsere Arbeit von dem Lümmel nehmen lassen wollen, dann irrst du dich. Wir gehen also in die Gasse hinter Campwells Krämerladen. Es ist nicht ein Mensch zu sehen. Bud bleibt stehen und der Bauernlümmel und ich auch.
›Ich glaube nicht, dass er Lust hat zu fahren‹, sagt Bud nachdenklich. Und der Bauernlümmel antwortet: ›Doch, darauf könnt ihr Gift nehmen.‹ ›Bist du ganz sicher, dass du die Arbeit haben willst?‹ frage ich. Ja, er ist ganz sicher. Nichts soll ihn verhindern, sich um die Arbeit zu bewerben. Dazu ist er ja in die Stadt gekommen.
›Ja, mein Freund‹, sage ich, ›dann habe ich die schwere Pflicht, dir mitzuteilen, dass du dich geirrt hast.‹ ›Wieso?‹ fragt er. ›Ja, das wollen wir dir gleich zeigen‹, sage ich. Und dann – eins, zwei, drei! Klatsch, klatsch! Tschu, Feuerwerk, vierter Juli! Geradeswegs in die Hölle – bengalisches Licht, Raketen, Höllenfeuer und so! Es dauert nicht sehr lange, wenn man gut ausgebildet und gewohnt ist, zu zweit zu arbeiten. Natürlich ist es nicht angenehm für die Knöchel. Aber weißt du, Saxon, wenn du den Bauernlümmel vorher und nachher gesehen hättest, du würdest geglaubt haben, er sei ein Verwandlungskünstler. Ob es zum Lachen war? Du wärest geplatzt!«
Billy schwieg und ließ seiner eigenen Heiterkeit freien Lauf. Saxon stimmte ein, aber innerlich war sie entsetzt. Mercedes hatte recht. Die dummen Arbeiter stritten und schlugen sich um Arbeit, die klugen Herren fuhren in Automobilen und stritten und schlugen sich nicht. Sie mieteten sich dafür andere dumme Menschen.
»›Ihr Banditen!‹ wimmert der Bauernlümmel, als er endlich wieder auf die Beine kommt«; fuhr Billy fort. »›Hast du immer noch Lust zur Arbeit?‹ frage ich. Er schüttelt den Kopf. ›Du hast nur eines zu tun, du alte Bauernmähre – dir eine Fahrkarte zu kaufen. Verstanden? Eine Fahrkarte. Zurück nach dem Bauernhof mit dir! Und wenn du noch einmal in die Stadt kommst, dann machen wir Ernst mit dir. Diesmal war es nur Spaß. Wenn wir dich aber noch einmal zu fassen kriegen, dann soll deine eigene Mutter dich nicht wiedererkennen, wenn wir mit dir fertig sind.‹ Und – ach, Saxon, du hättest ihn abschieben sehen sollen. Ich bin sicher, er läuft noch. Und wenn er nach Hause kommt und erzählt, wie wir sie in Oakland behandeln, dann möchte ich Dollar gegen Pfeffernüsse wetten, dass nicht ein Bauernlümmel aus seinem Distrikt herzukommen wagt, um zu fahren, nein – und wenn sie ihm zehn Dollar die Stunde geben.«
»Das ist schrecklich!« sagte Saxon und lachte dann mit gut gespielter Bewunderung.
»Ach, das ist noch gar nichts«, fuhr Billy fort. »Einige von den Genossen erwischten heute Morgen einen anderen Burschen. In weniger als zwei Minuten war er der schlimmste Knochenhaufen, der je in ein Hospital gebracht worden ist. Die Abendzeitungen brachten ein Verzeichnis seiner Wunden – gebrochene Nase, drei tüchtige Löcher im Kopf, die Vorderzähne ausgeschlagen, ein gebrochenes Schlüsselbein und zwei gebrochene Rippen. Na ja! Es tat ihm gut. Aber das ist noch gar nichts. Weißt du, was die San Franziskoer Fuhrleute bei dem großen Streik vor dem Erdbeben machten – sie nahmen sich jeden Streikbrecher, den sie kriegen konnten, vor und brachen ihm die Arme. Mit einem Brecheisen. Damit er nicht mehr fahren könnte, verstehst du. Ja, die Krankenhäuser waren voll von ihnen. Und die Fuhrleute gewannen ja auch den Streik.«
»Aber, Billy, ist es denn notwendig, so schrecklich roh zu sein? Ich weiß gut, dass sie Streikbrecher sind und den Kindern der Streikenden das Brot aus dem Munde nehmen, um es ihren Kindern zu geben, und das ist nicht richtig, das weiß ich. Aber ist es denn notwendig, so – roh zu sein?«
»Natürlich ist es das«, antwortete Billy mit Überzeugung. »Wir müssen ihnen einen Schrecken einjagen – wenn wir es tun können, ohne geschnappt zu werden.«
»Und wenn ihr geschnappt werdet?«
»Dann nehmen die Gewerkschaften Rechtsanwälte, um uns zu verteidigen, wenn sie auch nicht viel taugen; denn die Richter sind ziemlich scharf auf uns, und die Zeitungen pauken ihnen immer wieder ein, dass sie uns streng und strenger bestrafen sollen. Aber soviel ist sicher, ehe dieser Streik vorbei ist, gibt es eine ganze Schar von Schwachköpfen, die wünschen, dass sie nie versucht hätten, Streikbrecher zu spielen.«
Im Laufe der nächsten halben Stunde fühlte Saxon ihrem Mann sehr vorsichtig auf den Zahn, um seine wirklichen Anschauungen zu erfahren, ob er nun auch ganz überzeugt war, dass er und die anderen Fuhrleute zu solchen Gewalttaten berechtigt wären. Aber Billys Glaube an die Gerechtigkeit seiner Sache war felsenfest und tief. Für Dynamit und Mord war er jedoch nicht zu haben. Das wollten die Gewerkschaften aber auch nicht. Seine Erklärung war ungeheuer naiv, dass Dynamit und Mord sich nicht lohnten, dass so etwas die öffentliche Meinung gegen die Streiks anfachte und den Streikenden ihre Chancen verdarb. Aber einem Streikbrecher eine tüchtige Tracht Hiebe zu verabreichen oder, wie er sich ausdrückte, ihm einen ordentlichen Schrecken einzujagen – das war vollkommen korrekt und richtig.
»Unsere Eltern haben so etwas nie getan«, sagte Saxon schließlich. »Damals gab es weder Streiks noch Streikbrecher.«
»Nein, das stimmt«, gab Billy zu. »Das war die gute alte Zeit. Ich hätte gern damals gelebt.« Er schöpfte tief Atem und seufzte. »Aber die Zeit kommt nie wieder.«
»Hättest du gern auf dem Lande gelebt?« fragte sie.
»Darauf kannst du dich verlassen.«
»Ja, aber auch jetzt leben eine Menge Menschen auf dem Lande«, sagte sie.
»Aber deshalb kommen sie doch in die Stadt und nehmen uns anderen die Arbeit«, lautete seine Antwort.
Ein Lichtschimmer fiel in ihr Dasein, als Billy Arbeit als Kutscher bei der großen Brücke bekam, die bei Niles gebaut wurde. Ehe er zuschlug, hatte er sich vergewissert, dass bei dem Unternehmen nur Gewerkschaftler beschäftigt waren. Und Gewerkschaftler waren sie auch zwei Tage lang, bis die Zementarbeiter die Arbeit niederlegten. Die Unternehmer, die offenbar hierauf vorbereitet waren, stellten für die Zementarbeit Italiener ein, die nicht in den Gewerkschaften waren, worauf Zimmerleute, Eisenarbeiter und Kutscher sofort die Arbeit niederlegten, und Billy, der kein Geld für die Eisenbahn hatte, den Rest des Tages dazu verwenden musste, nach Hause zu spazieren.
»Ich konnte nicht als Streikbrecher arbeiten«, schloss er seinen Bericht.
»Nein«, sagte Saxon, »du konntest nicht als Streikbrecher arbeiten.«
Aber sie musste doch denken, wie es sein konnte, dass ein Mann gern arbeiten wollte, und dass es Arbeit für ihn gab, und dass er dann nicht arbeiten konnte, weil die Gewerkschaften