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Gesammelte Werke. Джек ЛондонЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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Nach­mit­tags klopf­te ein Frem­der bei ihr an, und am sel­ben Abend kam Bil­ly mit Neu­ig­kei­ten et­was zwei­fel­haf­ter Art nach Hau­se. Ihm war ein An­ge­bot ge­macht wor­den. Er brauch­te nur zu­zu­schla­gen und konn­te als Vor­ar­bei­ter mit hun­dert Dol­lar mo­nat­lich im Stall an­tre­ten.

      Die Aus­sicht auf eine sol­che Sum­me wirk­te bei­na­he läh­mend auf Sa­xon, die ge­ra­de bei ei­nem aus Salz­kar­tof­feln, ge­wärm­ten Boh­nen und ei­ner klei­nen, tro­ckenen, ro­hen Zwie­bel be­ste­hen­den Abend­brot saß. Es gab we­der Brot noch Kaf­fee oder But­ter. Die Zwie­bel hat­te Bil­ly aus der Ta­sche ge­zo­gen – er hat­te sie auf der Stra­ße ge­fun­den. Hun­dert Dol­lar mo­nat­lich! Sie be­feuch­te­te sich die Lip­pen und ver­such­te, ihre Selbst­be­herr­schung zu be­wah­ren.

      »Wa­rum ha­ben sie es dir an­ge­bo­ten?« frag­te sie.

      »Das ist ganz ein­fach. Aus vie­len Grün­den. Der Bur­sche, den der Chef King und Prin­ce be­we­gen lässt, ist ein Schwach­kopf, und King lahmt. Au­ßer­dem ha­ben sie eine ziem­lich deut­li­che Vor­stel­lung da­von, dass ich es bin, der eine gan­ze Men­ge von ih­ren Streik­bre­chern ar­beits­un­fä­hig ge­macht hat. Mack­lin ist seit vie­len, vie­len Jah­ren als Vor­ar­bei­ter bei ih­nen – ich war noch ein klei­ner Kerl in kur­z­en Ho­sen, als er schon Vor­ar­bei­ter war. Und jetzt ist er krank und er­le­digt. Sie brau­chen einen an­de­ren für sei­ne Stel­lung. Und ich bin ja auch seit vie­len Jah­ren da. Und – was das wich­tigs­te ist – ich kann die Sa­che über­neh­men. Du weißt, ich ken­ne Pfer­de von Grund auf.«

      »Denk nur, Bil­ly!« sag­te sie kaum hör­bar. »Hun­dert Dol­lar mo­nat­lich!«

      »Und die an­de­ren im Stich las­sen«, sag­te er.

      Es war kei­ne Fra­ge. Es war auch kei­ne Er­klä­rung. Sa­xon konn­te es ver­ste­hen, wie sie woll­te. Sie sa­hen sich an. Sie war­te­te, dass er et­was sa­gen soll­te, aber er sah sie nur wei­ter an. Es kam ihr vor, als sei sie an ei­nem Wen­de­punkt ih­res Le­bens an­ge­langt, und sie gab sich Mühe, ihr Gleich­ge­wicht zu be­wah­ren. Bil­ly half ihr nicht im ge­rings­ten. Wie sei­ne Mei­nung auch sein moch­te, er zeig­te es ihr nicht, und sein Ge­sicht war voll­kom­men aus­drucks­los. Sei­ne Au­gen ver­rie­ten nichts. Er sah sie nur an und war­te­te.

      »Du – du kannst es nicht tun, Bil­ly«, sag­te sie schließ­lich. »Du kannst die an­de­ren nicht im Stich las­sen.«

      Er streck­te ihr die Hand hin, und ein strah­lend glück­li­cher Aus­druck lag über sei­nem Ge­sicht.

      »Her die Hand!« rief er, und ihre Hän­de tra­fen sich in ei­nem fes­ten Druck. »Du bist die treues­te, bes­te klei­ne Frau, die je ein Mann ge­habt hat. Wä­ren alle an­de­ren wie du, so könn­ten wir je­den Streik ge­win­nen.«

      »Was hät­test du ge­tan, wenn du nicht ver­hei­ra­tet ge­we­sen wä­rest, Bil­ly?«

      »Ich hät­te sie erst hän­gen se­hen mö­gen!«

      »Dann soll es nichts dar­an än­dern, dass du ver­hei­ra­tet bist. Ich muss al­les mit dir tei­len. Ich wäre eine schlech­te Frau, wenn ich das nicht täte.«

      Dann er­in­ner­te sie sich des Gas­tes, den sie am Nach­mit­tag ge­habt hat­te, und sie wuss­te, dass der Au­gen­blick güns­tig war, ihm da­von zu be­rich­ten.

      »Heu­te Nach­mit­tag war ein Mann hier, Bil­ly. Er such­te ein Zim­mer. Ich sag­te, ich woll­te mit dir re­den. Er sag­te, er wol­le sechs Dol­lar für das Schlaf­zim­mer nach dem Hof hin­aus be­zah­len. Dann könn­ten wir einen hal­b­en Mo­nat auf die Mie­te ab­zah­len und einen Sack Mehl kau­fen, denn un­ser Mehl ist ganz aus­ge­gan­gen.«

      Sa­xon kann­te Bil­lys Ab­nei­gung da­ge­gen, ein Zim­mer zu ver­mie­ten, und sie sah ihn be­sorgt an.

      »Das ist wohl ei­ner von den Streik­bre­chern von der Ei­sen­bahn?«

      »Nein, er ist Hei­zer auf dem Gü­ter­zug nach San José. Har­mon, sagt er, heißt er, Ja­mes Har­mon. Er ist eben erst her­ge­zo­gen. Er schläft den größ­ten Teil des Ta­ges, und des­halb möch­te er gern in ei­nem ru­hi­gen Haus ohne Kin­der woh­nen.«

      Zu­letzt gab Bil­ly nach, aber mit vie­len Be­den­ken, und erst, als Sa­xon ihm er­klärt hat­te, wie we­nig Ar­beit es ihr ma­chen wür­de. Aber selbst dann pro­tes­tier­te er noch und füg­te hin­zu, als sei es ihm erst jetzt ein­ge­fal­len: »Aber ich will nicht, dass du ei­nem frem­den Mann das Bett machst. Das ist nicht rich­tig. Ich soll­te für dich sor­gen.«

      »Das könn­test du auch«, ant­wor­te­te sie schnell, »wenn du die Stel­lung als Vor­ar­bei­ter an­nimmst. Aber das kannst du doch nicht. Und wenn ich al­les mit dir tei­len soll, dann ist es doch nur recht und bil­lig, dass du mich tun lässt, was ich kann.«

      Ja­mes Har­mon mach­te noch we­ni­ger Mühe, als Sa­xon er­war­tet hat­te. Für einen Hei­zer war er au­ßer­or­dent­lich sau­ber, und er wusch sich stets in dem Lo­ko­mo­ti­ven­schup­pen, ehe er heim­kam. Er hat­te einen Schlüs­sel zur Hin­ter­tür und kam und ging im­mer über die Hin­ter­trep­pe. Sa­xon sag­te er nur eben gu­ten Tag und Le­be­wohl, und da er am Tage schlief und nachts ar­bei­te­te, war er schon eine gan­ze Wo­che im Hau­se, ehe Bil­ly ihn sah.

      Bil­ly kam seit ei­ni­ger Zeit spä­ter nach Hau­se und ging auch oft nach dem Abendes­sen al­lein aus. Er er­zähl­te Sa­xon nie, wo er hin­ging, und sie frag­te ihn auch nicht. Im üb­ri­gen brauch­te sie nicht be­son­ders schlau zu sein, um es her­aus­zu­fin­den, denn er roch im­mer nach Whis­ky, wenn er heim­kam, und sei­ne lang­sa­men, be­son­ne­nen Be­we­gun­gen wa­ren noch lang­sa­mer und be­son­ne­ner als sonst. Aber der Whis­ky wirk­te auf sein Ge­hirn, mach­te sei­ne Li­der schwer, die Au­gen selbst noch ge­wit­ter­haf­ter als sonst. Er sag­te nicht viel, aber das we­ni­ge, was er sag­te, war düs­ter und schwer wie ein Ora­kel. Bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten war es nicht mög­lich, sei­nen Stand­punkt zu er­schüt­tern oder mit ihm zu dis­pu­tie­ren.

      Es war kei­ne an­spre­chen­de Sei­te sei­nes We­sens, die Sa­xon in die­sen Ta­gen sah. Es war fast, als sei es ein frem­der Mann, mit dem sie zu­sam­men­le­ben muss­te, und so sehr sie sich auch an­streng­te, be­gann ihr doch fast vor ihm zu schau­dern. Frü­her war er im­mer be­müht ge­we­sen, Streit und Schlä­ge­rei­en zu ver­mei­den. Jetzt ge­noss er das, war ent­zückt, wenn er mit da­bei sein konn­te, und such­te selbst je­den An­lass, den er fin­den konn­te. Al­les das kam deut­lich in sei­nem Ge­sicht zum Aus­druck. Er war nicht mehr der fro­he, lä­cheln­de Jun­ge. Er lä­chel­te sel­ten. Sein Ge­sicht war das ei­nes Man­nes. Die Lip­pen, die Au­gen, die Li­ni­en um den Mund wa­ren un­barm­her­zig, wie sei­ne Ge­dan­ken un­barm­her­zig wa­ren.

      Er war sel­ten un­freund­lich zu Sa­xon, an­de­rer­seits war er aber auch sel­ten wirk­lich freund­lich. Sei­ne Hal­tung ihr ge­gen­über wur­de ne­ga­tiv. Er in­ter­es­sier­te sich nicht für sie. Trotz dem Kampf, den sie ge­mein­sam, Schul­ter an Schul­ter, für die Prin­zi­pi­en der Ge­werk­schaf­ten kämpf­ten, nahm sie nur einen ge­rin­gen Raum in sei­nen Ge­dan­ken ein. Wenn er freund­lich zu ihr war, konn­te sie se­hen, dass es rein me­cha­nisch ge­sch­ah, wie sie sich auch völ­lig klar dar­über war, dass er rein ge­wohn­heits­mä­ßig zärt­lich zu ihr sprach oder sie lieb­kos­te. Die un­mit­tel­ba­re Wär­me, die sei­ne Wor­te und Lieb­ko­sun­gen er­füllt hat­te, war jetzt ver­schwun­den. Hin und wie­der, wenn er nicht be­trun­ken war, konn­te er für Au­gen­bli­cke der alte Bil­ly sein; aber selbst die­se flüch­ti­gen


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