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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.

Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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Gesicht, in dessen Wangen beim Lachen zwei allerliebste Grübchen spielten. Die graugrün schil­lernden Augen waren von dichten dunklen Wimpern umsäumt. Das kastanienbraune Haar war gepflegt, wie überhaupt das ganze Mädchen, das etwas ungemein Klares, Sauberes ausstrahlte.

      »Wissen Sie übrigens, Herr Doktor, daß der junge Zerkel scharf hinter Ihrer Nichte her ist?«

      »Und wie ich das weiß«, nickte er grimmig. »Er benahm sich ja auffällig genug bei der Umgarnung des Goldfischchens. Ich machte schon meiner Frau den Vorschlag, mit der Kleinen so lange auf Reisen zu gehen, bis im Netz des üblen Fischers ein anderes Goldfischchen zappelt. Aber unser liebes Muttchen will ihren Pflichtenkreis nicht verlassen, was ja zu verstehen ist. Wohl könnte ich ohne weiteres für mein Mündel eine Reisedame verpflichten, aber weiß man, in wessen Hände es da käme? Und Verwandte oder gute Bekannte haben wir nicht, wo man die Kleine unterbringen könnte. Ich muß schon sagen, daß ich da ziemlich ratlos bin.«

      »Geben Sie mir das Mädchen mit«, entschied Frauke spontan. »Bei mir wäre es bestimmt in guter Hut.«

      »Ist das Ihr Ernst, Fräulein Frauke?«

      »Na was denn sonst?« fragte sie erstaunt zurück. »Ihre Nichte tut mir leid, deshalb möchte ich sie schützen, gemeinsam mit Hulda, die ein guter Zerberus ist. Laß die Mitgiftjäger nur kommen. Ein Eimer kaltes Wasser übern Kopf gestülpt ist ihnen sicher«, schloß sie lachend, und amüsiert fiel das Ehepaar ein.

      »Das traue ich Ihrer Hulda ohne weiteres zu«, sagte der Anwalt. »Also es gilt, Fräulein Frauke?«

      »Es gilt, Herr Doktor. Fragt sich nur, ob Ihre Nichte damit einverstanden ist, was über ihren Kopf hinweg bestimmt wird.«

      »Daran ist sie vom Töchterheim her gewöhnt. Da hatte sie nichts zu wollen, sondern widerspruchslos zu gehorchen. Also wird sie’s auch jetzt tun.«

      Womit er recht hatte. Denn als die Nichte gleich darauf erschien und der Onkel ihr den Vorschlag unterbreitete, sah sie mit ihren leuchtendblauen Augen Frauke eingehend an, die lächelnd dem inquisitorischen Blick standhielt. Dann sagte das Mädchen mit einer Ernsthaftigkeit, die zu einer Neunzehnjährigen gar nicht passen wollte:

      »Wenn du es für richtig hältst, Onkel Rudolf, dann gehe ich selbstverständlich mit Fräulein Gortz.«

      »Auch gern, Ortrun?«

      »Sehr gern. Schon deshalb, weil ich auf dem Lande leben möchte. In dieser großen Stadt ist es mir zu unruhig, zu laut, zu turbulent. Ich glaube kaum, daß ich mich hier wohl fühlen könnte«, bekannte sie freimütig, setzte dann jedoch verlegen werdend hinzu: »Das betrifft natürlich nur die Stadt, Onkel Rudolf, nicht dein Haus. Ich habe mich nur ungeschickt ausgedrückt, nicht wahr?«

      »Nein, mein Kind«, beruhigte er sie, die ihn ängstlich ansah. »Ich weiß schon, wie du es meinst und kann es gut verstehen. Der Kontrast zwischen dem abgelegenen Töchterheim und der lärmenden Stadt ist eben zu groß. Daher ist es gut für dich, wenn du als Zwischenstation in ein Dorf kommst. Vorläufig jedenfalls, später sehen wir dann weiter.«

      »Und jetzt laß das Kind erst einmal frühstücken«, schaltete sich die resolute Gattin ein. »Komm, mein Herzchen, lassen wir uns etwas servieren!«

      Als sie gegangen waren, lachte Frauke kurz auf.

      »Das könnte dem Zerkel so passen, sich dieses bezaubernde Menschenkind einzufangen samt seinem Geld.«

      »Hm. Wir müssen noch die finanzielle Seite erörtern. Ich zahle Ihnen monatlich die gleiche Summe wie dem Internat.«

      »Herr Doktor, Sie sind wohl nicht recht gescheit! So ein Institut – welches ist es überhaupt?«

      »Das Elitetöchterheim. Ist Ihnen das ein Begriff?«

      »Nein. Aber es hört sich schon so exquisit an.«

      »Es ist das vornehmste in seiner Art.«

      »Aha! Dementsprechend wird wohl auch die Bezahlung sein. Im übrigen sollten Sie nicht so vertrauensselig sein, als Jurist schon gar nicht. Wenn ich nun das viele Geld annehme und den größten Teil davon für mich verwende?«

      »Dann hänge ich meinen Beruf an den Nagel«, bemerkte er trocken. »Denn ein Jurist mit einer so miserablen Menschenkenntnis soll lieber Filzschuhe wischen.«

      »Dazu will ich Sie denn doch nicht degradieren«, lachte sie hell auf. »Da will ich lieber großmütig sein und ehrlich bleiben.«

      »Na also«, schmunzelte er. »Dann sind wir uns ja einig. Hier haben Sie meine Hand, schlagen Sie ein. Schließen wir ein Schutz- und Trutzbündnis zu Heil und Frommen des Waisenkindes Ortrun Danz.«

      *

      Am nächsten Tag ging dann die Reise los. Der Rechtsanwalt, der die »Auswanderer« gern zur Bahn gebracht hätte, mußte davon absehen, da ein Prozeß ihn in Anspruch nahm. So mußte er denn zu Hause von der Nichte Abschied nehmen.

      Die Ermahnungen, die er ihr mit auf den Weg gab, nahm sie schweigend hin. Sie war ja vom Töchterheim an derartige Sermone gewöhnt, sie machten ihr gar nichts mehr aus.

      Ruhig sah sie den Mann an, der ihr so fremd war, wie jeder andere Mensch auch. Zwar hatte er sie jedes Jahr einmal im Internat besucht. Doch die wenigen Stunden, die er bei ihr verweilte, hatten nicht genügt, um ihn ihr vertraut zu machen. Daher fiel ihr auch jetzt der Abschied von ihm nicht schwer.

      Und von der Tante schon gar nicht, die ihr das Geleit zum Bahnhof gab, wo man mit Frauke Gortz zusammentraf.

      »Da bist du ja«, empfing Frauke sie freudig erregt. »Wir sagen gleich du zueinander, lassen ein Fremdsein erst gar nicht zwischen uns aufkommen. Das da ist unsere liebe Hulda, die dich bestimmt verwöhnen wird. Je mehr sie nämlich zum Verwöhnen hat, um so wohler fühlt sie sich.«

      Schüchtern reichte Ortrun der ihr Vorgestellten die feine Hand, die in der verarbeiteten Rechten der großen, grobknochigen Person beinahe verschwand. Alles wirkte derb an ihr. Auch das Gesicht mit dem glatten, dunklen Scheitel.

      Und doch fühlte Ortrun sich zu dem alten Mädchen sofort hingezogen.

      Dann kam der Augenblick, den jeder nervöse Reisende kaum erwarten kann. Die Wagentüren knallten zu, der Mann mit der roten Mütze gab das Abfahrtszeichen, und langsam setzte sich der Zug in Bewegung. Taschentücher flatterten, wurden ferner und ferner, kamen schließlich ganz außer Sicht. Die Reisenden verließen den Gang und suchten die Abteile auf, wo sie vorsorglich einen Platz belegt hatten. Was nicht schwierig ist, wenn der Zug auf der Station eingesetzt wird, was hier ja der Fall war.

      So hatten denn die drei »Auswanderer« fürs erste sogar ein Abteil für sich, was sie natürlich begrüßten. Den einen Fensterplatz nahm Frauke ein, auf den zweiten wurde Ortrun von Hulda geschoben, obwohl sie dagegen protestierte:

      »Aber der kommt mir als Jüngsten gar nicht zu.«

      »Was heißt hier zukommen?« schnitt Hulda ihr das Wort ab. »Ich mach sowieso ein Nickerchen. Da ist es mir egal, wo ich sitze. Hauptsache, daß der Stuhl bequem ist.«

      Sprachs, kuschelte sich in die Tür­ecke und war vorläufig nicht mehr zu sprechen.

      »Tja, das ist unsere Hulda«, lachte Frauke. »An ihre kurzangebundene Art wirst du dich schon gewöhnen müssen. Größtenteils brummt sie, weniger schmunzelt sie, und manchmal lacht sie sogar. Aber gut meint sie es immer, hat ein treues, warmes Herz. Mach es dir nur recht bequem, wir fahren mit diesem Zug drei Stunden.«

      Ortrun fragte verlegen: »Wollen Sie mich, bitte, nicht duzen? Dann fühle ich mich nicht so fremd.«

      »Na schön«, brummte Hulda. »Dann aber nur auf Gegenseitigkeit. Und nun wollen wir essen, solange wir noch allein sind. Kommen erst andere hinzu, sind wir nicht mehr so ungeniert.«

      Womit sie rechtbehalten sollte. Denn kaum hatte sie den Koffer ins Netz zurückgelegt, als der Zug auf einer größeren Station hielt und eine Menge Reisende hinzustiegen. Die bisher nur mäßig besetzten Abteile füllten sich.

      Neben


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