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Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter. Adalbert StifterЧитать онлайн книгу.

Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter - Adalbert Stifter


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rede mit Wšebor. Hoher Herr! ich bin noch dabei gewesen, als vor sechzehn Jahren Veit, der Hofkaplan des Herzogs Sobeslaw, mit Panzer und Helm bei Chlumec die Fahne des heiligen Adalbert auf dem Speere des heiligen Wenzel in die Schlacht trug, und wir haben den ruhmreichsten Sieg gegen Lothar erfochten. Tu desgleichen. Ziehe mit der Fahne von Berg zu Berg, von Tal zu Tal, und sammle die Deinigen. Es ist besser, wenn wir unser eigenes Blut hingeben, wenn wir unsere Habe aufopfern, wenn wir bis zu dem Rande des Unterganges kämpfen, ja wenn wir sogar unsere Rechte lassen müssen, als wenn von außen ein Herr kömmt, der das Land und die Sitten nicht kennt, der schaltet, wie er will, und wie es uns schmerzt, und der vielleicht statt des vielen alles nimmt.«

      Wecel sprang schnell auf, und rief: »Ich spreche mit Bozebor.«

      »Ich auch«, rief eine Stimme.

      »Ich auch«, eine andere, und eine dritte.

      Und es entstand nun ein Rufen der Männer durcheinander und eine Unruhe.

      Da streckte Bolemil die Hand über den Tisch, und gab ein Zeichen.

      Als sich nach und nach die Ruhe herstellte, und er sich erheben wollte, sagte der Herzog: »Bolemil, rede auf deinem Stuhle sitzend.«

      Bolemil aber antwortete: »Ich bin noch nicht so hinfällig, hoher Herr, daß ich die Gebühr vergesse.«

      Darauf erhob er sich langsam, und da er mit den weißen Haaren und dem langen weißen Barte vor dem Tische stand, sprach er: »Wenn Wšebor von einem Manne geredet hat, der älter ist als er, und der sich in diesem Saale befindet, so bin ich es; denn sonst ist niemand hier älter als er. Wenn er aber von weisen Gaben gesagt hat, die in dem Haupte dieses Mannes sind, so bin ich es nicht; denn in meinem Haupte sind viele Torheiten gewesen, und ich bin nur bestrebt, sie abzulegen. Aber das ist wahr, was er gesagt hat, daß ich viele Dinge erlebt habe. Ich habe viele Dinge erlebt, und habe mir manches gemerkt. Ich habe es erfahren: wenn üble Körner in die Erde gelegt worden sind, so ist eine üble Saat aufgegangen, sie ist uns in unsere Häuser hinein gewachsen, sie ist uns in unsere Kirchen hinein gewachsen, sie ist uns in unsere Kammer und in unsere Schlafstätte hinein gewachsen, und wir haben die bittere Frucht davon weg zehren müssen. Ich habe auch erkennen gelernt, wann es eine böse Saat war, die gelegt worden ist. Und auf dem Herzogschlosse des Wyšehrad ist eine solche Saat gesäet worden. Ich habe damals unsern Herzog Wladislaw nicht wählen geholfen, weil es gegen das Recht war, und weil jedes Wählen der Herzoge übel ist; aber da er dann der Herzog war, und da Wladislaw, der Sohn Sobeslaws, sein Recht weg gegeben hat, so bin ich ihm nach meiner Pflicht gefolgt. Ich habe in der Versammlung gesagt, daß aus dem Wählen die Kämpfe folgen werden, wie sie in den früheren Jahren gefolgt sind. Die Kämpfe sind da, und ich bin wieder in ihnen, wie ich früher in ihnen gewesen bin. Ich habe auch gesagt, daß in Nachfolgekämpfen der Fremde gerufen wird, es ist so gewesen, und muß so sein, entweder ruft ihn der eine Teil oder es ruft ihn der andere, oder er kömmt, wenn die Teile sich bis zum Niedersinken zerfleischt haben, selber. Die Fahne des heiligen Wenzel hilft euch in solchen Streiten nichts, weil er der Heilige beider Teile ist, und jeder auf ihn hofft, und ihn ruft. Aber er hört ihn nicht, und Gott und alle Heiligen wenden sich von solchen Streiten mit Verdammnis ab, weil sie Bruderstreite sind, und wenn Gott in solchen Streiten dem Rechte hilft, so geschieht es durch Bitterkeit und Not, daß wir das Recht in Zukunft vor Leichtfertigkeit sichern. Weil es nun nicht zu vermeiden ist, daß der Fremde komme, so komme er zu uns, nicht zu den Feinden; damit aber unser Übel kurz daure, komme er bald, und damit er sich nicht an das Land gewöhne, ende er schnell. Dann, hoher Herzog, sage ich in meinem Alter, herrsche fort, und herrsche, wie du begonnen hast. Aber versammle deine Räte, und errichtet mit Langsamkeit und Weisheit ein Gesetz der Fürstenfolge, das mit großer Macht wirkt, die keiner anzutasten wagt, und das die Leiden endet, die ich sonst für alle Zeiten sehe, und denen ich nicht mit diesen weißen Haaren, und nicht mit diesen Worten meines Mundes wehren kann.«

      Als er dieses geredet hatte, ließ er sich wieder so langsam, wie er aufgestanden war, auf seinen Sitz nieder.

      Nach ihm meldete sich niemand sogleich, zu sprechen, sondern die Männer redeten wieder mit einander.

      Da gab Diwiš das Zeichen, daß er sprechen wolle, und da es stille geworden war, sprach er: »Ich habe in der Versammlung auf dem Wyšehrad für Wladislaw, den Sohn Sobeslaws, gesprochen. Aber Wladislaw hat sein Recht aufgegeben, und Konrad hat gar kein Recht. Wladislaw, der Sohn unsers vorletzten milden Herzoges, ist jetzt der Fürst und im Rechte, und wir kämpfen für das Recht. Und wenn wir auch unser und unserer Angehörigen Blut, und unsere Habe, wie Bozebor gesagt hat, dafür hingeben, so dürfen wir doch nicht das Blut von tausend andern hingeben, die nicht wissen, weshalb gekämpft wird, und es fließet dieses Blut der tausend andern wie von Unschuldigen, ihre Habe wird vertilgt, wie die von Verfolgten, daß sie dem Jammer verfallen, davon sie zeitlebens nicht genesen. Damit das Übel nicht größer werde, und länger daure, gehe der erhabene Herzog zu Konrad, und dieser helfe. Dann aber sage ich wie Bolemil, es werde Vorsicht getroffen, daß die Streite der Söhne Premysls nicht mehr entstehen.«

      Als er gesprochen hatte, setzte er sich wieder nieder.

      Nach ihm redete Lubomir, und sprach: »Weil der hohe Herzog durch zwei Meinungen gewählt worden ist, durch die eine Meinung, die das Wohl des Landes zum Ziele hatte, und durch die andere Meinung, deren Ziel war, statt des jungen Herzoges, den sie fröhlich und eitel meinten, schalten und herrschen zu können, so war es unvermeidlich, daß komme, was gekommen ist. Die zwei Meinungen mußten zerfallen. Wir sind bei der besseren Meinung des Wohles des Landes und bei dem Rechte des Herzogs. Wenn die andere Meinung siegte, hätten wir gar keinen Herzog, sondern nur die Macht vieler einzelner, und der Streit wäre unauslöschlich. Darum muß der jetzige ausgestritten werden. Solche Streite kommen wie Gewitter, die Wehe und Unheil bringen, das getragen werden muß. Väter verlieren ihre Söhne, die Kinder verlieren ihren Vater, ein edles Weib wird eine Witwe, eine alte Mutter überlebt den jungen Sohn, und das Geschenk Gottes, die Liebe in den Banden des Blutes wird zerrissen. Ich rede nicht von dem Verluste der Habe; denn Habe kann wieder zu dem Menschen kommen; aber das Blut, das verloren ist, bleibt verloren. Damit das Unglück nicht noch unglücklicher werde, und durch den Sieg der Feinde erst recht unglücklich, ergreift zum schnellen Ende jedes christliche Mittel, das geboten wird, dann, sage ich auch, macht ein Nachfolgegesetz. Zu seiner Hilfe aber streuet den heiligen Glauben aus, daß sich die Menschen zähmen, und nicht nach Unrecht trachten. So rede ich wie viele, die gewußt haben, was kommen wird, und sich ihm, da es gekommen ist, gestellt haben.«

      Er nahm nach diesen Worten seinen Platz wieder ein.

      Ctibor stand auf, und sprach: »Und wenn sie sollten doch herein kommen, die sich jetzt den Mauern nähern, so werden sie uns erst recht alles nehmen, Weib und Kind und Hab und Gut, und wir sind verloren. Das bedenkt.«

      Nach ihm erhob sich der Kmete des rechten Burgfleckens, und sagte: »Hoher Herr, ich bin noch dabei gewesen, als der Herzog Boriwoy Prag gegen deinen guten Vater überfiel, da sind viele Menschen desselben Blutes gegen einander gestanden, Dinge unerhörter Art geschehen, so entsetzlich, daß sich die Greise die Haare ausrauften, und die Frauen ihren Leib verfluchten, daß er geboren hat. Gehe zu dem erlauchten Könige Konrad, hoher Herr, wir werden in der Zeit die Stadt mit unserm Leben verteidigen, daß kein Stein in die Hände der Feinde geraten soll. Dann aber erscheine, und rette alles, daß nicht das größte Unglück geschieht.«

      »Ja, es ist wahr, die großen Unheile dürfen nicht kommen«, »sie dürfen nicht kommen«, riefen mehrere Stimmen.

      Der Kmete setzte sich wieder auf seinen Platz.

      Nun erhob sich noch einmal mühsam von seinem Stuhle der alte Wšebor, und sprach: »Ich bin ein alter Mann, und kann nicht mehr viel vollbringen, ich kann auch nicht ansagen, welche Mittel außer den Fremden helfen würden, und weil sie unvermeidlich sind, wie Bolemil gesagt hat, so füge ich mich; aber ich beklage es.«

      Er suchte wieder seinen Platz einzunehmen.

      Da stand auch Bozebor noch einmal auf, und sprach: »Ich beklage es auch; aber ich füge mich nicht. Wenn das, wovon ihr redet, unvermeidlich ist, so ist es doch schlimm, und ich will nicht helfen, daß das Schlimme geschehe.«

      »Rufe nicht den Zwiespalt hervor«, schrie Zwest.


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