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Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach


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ein wahres Goldstück, aber sie bestand darauf, sich immer möglichst umständlich auszudrü­cken, weil sie das für »vornehm« hielt. Alle Versuche, ihr das abzugewöhnen, waren bisher gescheitert.

      Gleich darauf betrat ein schlanker mittelgroßer Mann mit dichten braunen Haaren und einem sommersprossigen Gesicht das Zimmer. »Ihr sitzt noch beim Frühstück?«, rief Nikolaus von Ehlenberg junior bestürzt. »Dabei wollte ich wirklich nicht stören.«

      »Du störst überhaupt nicht, Niko!«, sagte Cosima. »Setz dich und trink noch eine Tasse Kaffee mit uns.«

      Er begrüßte sie beide mit Küssen auf die Wangen, dann nahm er Platz. Cosima und er kamen schnell ins Gespräch, während Felicitas sich ausschwieg. Cosima glaubte zu wissen, warum: Ihre Schwester war in Niko verliebt, dachte aber, dass der junge Mann für sie nur Freundschaft empfand. Cosima glaubte das jedoch nicht. Das Problem schien ihr eher zu sein, dass sowohl Felicitas als auch Niko ziemlich schüchterne Menschen waren.

      »Also, wieso frühstückt ihr noch?«, wollte der junge Mann wissen, nachdem Gerlinde Mayer noch ein Gedeck aufgelegt und ihm eine Tasse Kaffee eingeschenkt hatte.

      »Weil wir gestern auf dem Ball waren – auf Schloss Vermeeren. Schon vergessen?«, fragte Cosima.

      Niko schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Ich werde offenbar alt«, entschuldigte er sich.

      Endlich hatte sich Felicitas so weit erholt, dass sie auch etwas zur Unterhaltung beitragen konnte. »Wenn du alt wirst, werden wir es auch, schließlich sind wir ungefähr gleichaltrig«, erklärte sie mit einem Lächeln. »Also, sei vorsichtig mit dem, was du sagst, Niko.«

      Er sah sie treuherzig an. »Euch beiden kann das Alter doch gar nichts anhaben, Feli. Erst gestern habe ich wieder jemanden sagen hören, dass ihr jedes Jahr schöner werdet.«

      Cosima stöhnte. »Hör auf mit dem Gesülze, Niko.« Ihr fiel plötzlich Adalbert von Brühl wieder ein. »Kennst du die Brühls, Niko? Graf Adalbert war gestern auf dem Ball – wir mochten ihn beide auf Anhieb nicht, Feli und ich.«

      »Adalbert von Brühl?«, murmelte Niko.

      »Die Brühls wohnen doch in Frankreich, oder?«

      »Meistens jedenfalls. Kein Verlust, wenn du mich fragst – sie sollen ruhig dort bleiben.«

      »Wie war er denn so? Ich meine, wenn man jemanden gar nicht kennt, kann man ihn dann überhaupt nicht mögen?«

      »Und ob man das kann!«, rief Cosima temperamentvoll. »Eitel war er und selbstgefällig – du hättest mal seinen Gang sehen sollen, der sagte schon alles. Und immer hatte er so ein blasiertes Lächeln im Gesicht.«

      »Verstehe«, murmelte Niko. »Ich glaube, bei den Brühls gab es in der Vergangenheit mal ein Familiendrama – aber das muss vor unserer Zeit gewesen sein. Oder als wir noch ziemlich klein waren.«

      »Familiendrama?«, fragte Cosima. »Davon weiß ich nichts – und auf keinen Fall entschuldigt es sein Verhalten. Wirklich, du hättest ihn auch nicht gemocht, Niko. Immerhin haben wir die Sternberger getroffen, das war richtig schön. Feli und ich werden demnächst eine Woche Urlaub dort machen.«

      »Sternberg – da war ich schon sehr lange nicht mehr. Wann wollt ihr denn fahren?«

      »In ungefähr vierzehn Tagen – ich muss das mit meinem Urlaub noch klären. Feli hat es ja leichter, die muss niemanden fragen, vorausgesetzt, sie wird mit ihrer Arbeit fertig.«

      »Was dagegen, wenn ich mich anschließe?«, fragte Niko. »Eine Woche Sternberg in eurer Gesellschaft, das klingt außerordentlich verlockend. Und Sofia und Fritz haben mich schon so oft eingeladen, sie hätten bestimmt nichts dagegen, wenn ich euch begleite.«

      »Das wäre ja klasse, Niko!«, rief Cosima.

      Auch Felicitas, deren Wangen sich gerötet hatten, nickte.

      »Dann warte ich, bis du die Termine festgelegt hast, bevor ich auf Sternberg anrufe, Cosi«, sagte Niko.

      »Kannst du denn ohne weiteres weg?«

      »Ohne weiteres vielleicht nicht, aber ich sorge schon dafür, dass es klappt«, antwortete er lächelnd. Niko arbeitete im Unternehmen seiner Eltern – und wie die Schwes­tern wussten, zogen sich diese nach und nach zurück, so dass er es bald allein führen würde.

      »Wollen wir vielleicht noch ein bisschen rausgehen?«, schlug Cosima vor.

      Die beiden anderen waren einverstanden, und so verließen sie wenig später zu dritt das Haus.

      *

      Anna fluchte lautstark, als ihr ein Zweig ins Gesicht schlug.

      »Entschuldigung«, sagte Christian, der vor ihr ging. »Ich habe nicht aufgepasst, Anna.«

      »Es liegt nicht an dir, Chris. Was wir hier machen, ist Wahnsinn.«

      »Aber jetzt haben wir es bald geschafft, ich kann Togo schon sehen.«

      Der Boxer bellte jetzt, da sie sich ihm näherten, aufgeregt, ab und zu kam er auch ein Stück auf sie zu, rannte aber immer schnell wieder zurück.

      »Und was siehst du sonst noch?«, erkundigte sich Anna.

      »Nichts«, musste Christian zugeben. »Die Sicht ist einfach zu schlecht, Anna. Immer sind Zweige oder Blätter im Weg. Aber wir haben es gleich geschafft!« Er bog eine Art Schlingpflanze zur Seite und hielt sie dieses Mal fest, bis Anna herangekommen war. »Da vorn, siehst du ihn?«

      Anna spähte durch das Dickicht. »Da liegt was, glaube ich. Oh, Mann, Chris …«

      Er nickte. Ihm war selbst mulmig zumute. Sie konnten nicht wissen, was Togo gefunden hatte, und natürlich waren ihnen beiden viele Gedanken durch den Kopf geschossen auf dem mühseligen Weg durch diesen Urwald. Immer wieder gab es Geschichten über grausige Funde …

      »Gleich sind wir da, Togo«, rief er.

      Der Boxer bellte erneut aufgeregt, verstummte dann aber – und nun hörten sie noch ein anderes Geräusch: Es war eine Art Stöhnen.

      Wie angewurzelt blieben sie stehen. Christian spürte sein Herz schneller klopfen, Anna war blass geworden. Dann setzten sie sich, schneller als zuvor, wieder in Bewegung. Gleich darauf hatten sie es geschafft und fanden sich erstaunt auf einer winzigen Lichtung wieder, zu der sich von der anderen Seite aus jemand offenbar Zutritt verschafft hatte: Der Weg war noch zu erkennen an abgebrochenen Zweigen und niedergetrampelten Pflanzen.

      Togo sprang an Christian hoch, dann kehrte er zu dem stöhnenden Bündel zurück, das er entdeckt hatte: Es war ein Mann, dessen Hose von Blut getränkt war.

      Christian kniete nieder »Können Sie mich hören?«, fragte er.

      Die Lider des Mannes flatterten, seine aufgerissenen Lippen bewegten sich, doch er brachte kein Wort heraus.

      Anna hatte bereits die Thermos­kanne geöffnet und Tee in einen Becher gegossen. »Er liegt hier ja wohl schon länger«, sagte sie. »Er muss halb verhungert und verdurs­tet sein.«

      Christian hob den Kopf des Mannes an, Anna setzte ihm den Becher an die Lippen, doch der Verletzte reagierte nicht. Anna holte also einen Löffel aus ihrer Tasche, goss Tee darauf und schob dem Mann, dessen Kopf Christian wieder anhob, den Löffel in den Mund. Nach etwa zehn Löffeln schluckte der Mann gierig, und Anna versuchte es erneut mit dem Becher, den der Verletzte dieses Mal schnell leerte. Zum Glück hatten sie zuvor nicht alles ausgetrunken, so dass sie ihm insgesamt mehrere Becher einflößen konnten.

      Irgendwann öffnete der Mann die Augen und sah sie an. Sein Blick war fiebrig, obwohl er sich kalt anfühlte.

      »Wenn er schon länger hier liegt, hat er sich bestimmt eine Lungen­entzündung geholt«, sagte Anna. »Und Blut scheint er auch ziemlich viel verloren zu haben. Wir sollten ihm vielleicht etwas unterlegen.«

      »Ruf zuerst im Schloss an, wir brauchen Hilfe.«

      »Die werden es schwer haben, uns zu finden, Chris«, sagte Anna,


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