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Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Edgar  Wallace


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der Ansicht bin, daß Sie sich eines schweren Verbrechens schuldig machen. Und da Sie zu fürchten scheinen, daß ich Ihnen irgendeinen Streich spielen könnte, wird Ihnen das Geld durch einen alten Landarbeiter von meinem Gut in Lancashire überbracht werden, der nichts von der Sache weiß, die er vermitteln soll. Er wird Ihnen die Summe gegen Übergabe der Trauungsurkunde aushändigen. Wenn Sie einen Treffpunkt angeben, der all Ihren Anforderungen auf Entlegenheit und Sicherheit entspricht, so werde ich den Mann zu diesem Platz schicken, zu einer Zeit, die Sie bestimmen mögen.

      Ein triumphierendes Lächeln zeigte sich auf Poltavos Zügen, als er den Brief zusammenfaltete.

      »Nun ist es an der Zeit, daß wir uns trennen, Freund Farrington«, sagte er halblaut vor sich hin. »Ich brauche Sie nicht mehr. Der Wert Ihrer Bekanntschaft hat in dem Maße abgenommen, als mein Wunsch nach Freiheit erwacht ist. Fünfzigtausend Pfund«, wiederholte er mit Bewunderung und Freude. »Ernesto, du hast ein ungeahntes Glück! Ganz Europa steht dir offen, und du kannst dieses traurige England verlassen! Ich gratuliere dir, mein Freund!«

      Die Frage, wo er den Boten treffen würde, war sehr wichtig. Obgleich er aus dem Brief ersah, daß sein Opfer unter allen Umständen den öffentlichen Skandal vermeiden wollte, mit dem Poltavo gedroht hatte, traute er dem Herzog doch nicht recht. Daß er einen alten Landarbeiter senden wollte, war eine gute Idee, aber wo konnte er mit ihm zusammenkommen? Als er Frank Doughton entführte, beabsichtigte er, ihn in ein kleines Haus zu bringen, das er im Osten Londons gemietet hatte. Die Fahrt zu dem »geheimnisvollen Haus« war nur ein Scheinmanöver, um den Verdacht auf Farrington zu leiten und die Polizei von der wirklichen Spur abzulenken. Das Auto sollte nach London zurückkehren, Frank Doughton, unter dem Einfluß eines Betäubungsmittels willenlos gemacht, in das kleine Haus in West-Ham gebracht und dort so lange zurückgehalten werden, bis die Frist abgelaufen war, die Farrington als Termin für die Hochzeit festgesetzt hatte.

      Aber die Übergabe einer großen Geldsumme in diesem Haus war eine ganz andere Sache. Es war ja möglich, daß die Polizei das Haus umstellte. Um sicherzugehen, mußte er einen Platz im Freien wählen, eine Stelle, die ihm einen klaren Überblick nach jeder Seite hin ermöglichte.

      Sollte er sich nicht noch einmal für Great Bradley entscheiden? Das wäre in doppelter Hinsicht gut. Wieder fiel dann der Verdacht auf das »geheimnisvolle Haus«, und er hatte dessen Hilfsquellen zu seiner Unterstützung, wenn die Sache im letzten Augenblick schiefgehen sollte. Er konnte ja im schlimmsten Falle erklären, daß er das Geld für Farrington kassieren wolle.

      Ja, Great Bradley und die öde, abschüssige Gegend im Süden der Stadt wollte er wählen, und er traf alle Vorbereitungen in diesem Sinne.

       Inhaltsverzeichnis

      Drei Tage nach dem Austausch der Briefe ging Graf Poltavo in dem groben Anzug eines Landedelmanns langsam über die Hänge im Süden der Stadt bis zum höchsten Punkt, einem großen, sanft ansteigenden Hügel, von dessen Spitze aus man nach jeder Richtung hin einen weiten Überblick hatte.

      Der Himmel war bedeckt, und ein kühler Wind wehte. Man konnte sicher sein, daß sich bei diesem Wetter keine Spaziergänger in dieser Gegend aufhielten. Zu seiner Linken, halb verborgen durch die Hügelkette und einen graublauen Dunstschleier, lag Great Bradley mit seinem regen industriellen Leben. Rechts war die massige, häßliche Fassade des »geheimnisvollen Hauses« zu sehen, die jedoch halb durch die umgebenden Baumgruppen verdeckt war. Daneben ragte ein Schornstein auf, aus dem dünne Rauchwolken zum Himmel aufstiegen. Hinter diesem lag das alte Maschinenhaus des verlassenen Bergwerks und rechts davon das hübsche, kleine Landhaus, aus dem Lady Constance Dex vor einer Woche so rätselhaft verschwunden war. Es war das Ziel vieler Neugieriger geworden.

      Lady Constance Dex war nun schon seit neun Tagen verschwunden. Man hatte sich ihre unerwartete Abwesenheit auf verschiedene Weise zu erklären versucht. Die Polizei von Great Bradley hatte systematisch und mit großer Gründlichkeit alles durchsucht. Nur Mr. Smith und die wenigen Leute, die er in sein Vertrauen zog, waren davon überzeugt, daß sie sich nicht weit von Moor Cottage aufhalten konnte.

      Graf Poltavo hatte sich mit einem sehr guten Feldstecher versehen und beobachtete nun sorgfältig alle Straßen, die zu seinem Standort führten. Ein Auto, das aus dieser Entfernung unheimlich klein aussah, fuhr die gewundene weiße Chaussee entlang, etwa zwei Meilen entfernt. Er hielt es im Brennpunkt seines Glases, als es einen Hügel in die Höhe fuhr, auf der anderen Seite wieder in das Tal hinunterglitt und schließlich in einer Staubwolke auf der Straße nach London entschwand. Dann entdeckte er plötzlich den Boten. Quer durch das hügelige Gelände kam die gebeugte Gestalt eines Mannes auf ihn zu, der ab und zu anhielt und sich umschaute, als ob er nicht recht wüßte, welche Richtung er einschlagen sollte. Poltavo hatte sich flach auf den Boden gelegt und sein Glas auf ihn gerichtet.

      Er sah einen alten Mann mit weißem Bart und grauem Haar. Er trug einen handgewebten Anzug, keinen Kragen und hielt den Hut in der Hand. Sein Hemd war am Halse geöffnet, er hatte aber ein Halstuch umgebunden. Alle diese Einzelheiten konnte Poltavo durch seinen scharfen Feldstecher erkennen. Er war befriedigt.

      Das war kein Mann, der ihn überlisten wollte. Poltavo hatte umfangreiche Vorsichtsmaßregeln getroffen. Auf. den drei Wegen, die zu diesem Gelände führten, hatte er in gleichmäßiger Entfernung von seinem Standort drei Automobile aufgestellt. Er war auf alle möglichen Entwicklungen der Lage gefaßt. Wenn er fliehen mußte, konnte er ein Auto erreichen, welchen Weg er auch immer einschlagen mußte, und auf diese Weise konnte er einen großen Abstand zwischen sich und seine Verfolger bringen.

      Der Mann kam näher. Poltavo prüfte ihn noch einmal hastig aus kurzer Entfernung und war zufrieden. Dann erhob er sich und ging dem Boten entgegen.

      »Haben Sie einen Brief für mich?« fragte er.

      Der Alte sah ihn argwöhnisch von der Seite an.

      »Ihr Name?« fragte er rauh.

      »Mein Name ist Poltavo«, sagte der Pole lächelnd.

      Langsam faßte der Bote in seine Tasche und holte einen großen Briefumschlag hervor.

      »Sie müssen mir aber erst etwas geben«, forderte er Poltavo auf.

      Poltavo händigte ihm ein versiegeltes Paket ein und erhielt dafür den Brief.

      Wieder blickte er den alten Mann lächelnd an. Abgesehen von dem langen weißen Bart und den grauen Haaren, die unter dem breitkrempigen Hut hervorquollen, hatte der Mann ein verhältnismäßig jugendliches Gesicht.

      »Dies ist ein historischer Augenblick«, sagte Poltavo fröhlich. Er war in der glücklichsten Stimmung seines Lebens. Alle Hoffnungen, die sich an den Inhalt des Briefumschlages knüpften, der nun in seiner Tasche steckte, stiegen wieder vor seinem Geiste auf. »Nennen Sie mir doch Ihren Namen, lieber Freund, damit ich ihn behalte und gelegentlich einmal, nicht jetzt, auf Ihre Gesundheit trinken kann.«

      »Mein Name ist T.B. Smith«, sagte der alte Mann langsam, »und ich verhafte Sie unter dem Verdacht der Erpressung.«

      Poltavo sprang zur Seite. Sein Gesicht war aschgrau geworden. Er fuhr mit der Hand an seine Pistolentasche, aber bevor er seine Absicht ausführen konnte, hatte ihn der Detektiv gepackt. Zwei starke Arme, die hart wie Stahl zu sein schienen, ergriffen ihn, dann fiel er zu Boden, und Mr. Smith kniete auf ihm. Einen Augenblick war er durch den Schrecken wie gelähmt. Schnell nahm er sich wieder zusammen, aber es war schon zu spät, er fühlte etwas Hartes und Kaltes an seinen Handgelenken. Eine Hand packte ihn am Genick und riß ihn vom Boden auf, so daß er wieder auf seinen Füßen stand. Der Detektiv, dessen weißer Bart beim Kampf zerzaust worden war, machte eine komische Figur, aber Poltavo hatte jetzt keinen Sinn mehr für Humor.

      »Habe ich Sie doch erwischt, mein Freund?« fragte Mr. Smith vergnügt, während er seine Verkleidung abnahm und die graue Schminke von seinem Gesicht abwischte.

      »Es wird Ihnen schwerfallen, mir etwas zu beweisen«, sagte Poltavo herausfordernd. »Wir sind allein,


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