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Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Edgar  Wallace


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was wünschen Sie denn?«

      Er drehte seinen Hut verlegen in den Händen und sah auf das wartende Dienstmädchen. Auf einen Wink Mays verließ es das Zimmer.

      »Es ist wirklich wichtig für Sie«, begann der Mann wieder. »Black – er hat mich sehr schlecht behandelt.«

      Einen Augenblick lang kam ihr ein merkwürdiger Verdacht in den Sinn. Hatte Frank Fellowe diesen Mann hierhergeschickt, um ihr Vertrauen zu Black zu erschüttern? Ein Gefühl des Unwillens gegen den Besucher und seinen vermeintlichen Auftraggeber überkam sie.

      »Sie können sich die Mühe sparen«, erwiderte sie kühl. »Gehen Sie zu dem Herrn zurück, der Sie geschickt hat.«

      »Mich hat niemand geschickt, Miss«, entgegnete er eifrig. »Ich komme ganz aus eigenem Entschluß. Ich sage Ihnen, man hat mich schlecht behandelt. Jahrelang habe ich wegen Black den Mund gehalten, und nun hat er mich elend im Stich gelassen. Ich bin krank, das können Sie ja selbst sehen.« Er streckte verzweifelt die Arme aus. »Ich bin beinahe verhungert, und man hat mir nicht einen Bissen Brot gegeben. Heute bin ich zu Black gegangen, aber er hat mich nicht einmal empfangen.«

      Er wimmerte beinahe in seiner hilflosen Wut.

      »Aber ich werde es ihm heimzahlen«, rief er wild. »Wissen Sie, was er vorhat?«

      »Das will ich gar nicht wissen!« Der alte Verdacht stieg wieder in ihr auf. »Sie werden nichts dafür bekommen, wenn Sie von Oberst Black schlecht sprechen.«

      »Seien Sie doch nicht töricht, Miss«, bat er. »Denken Sie ja nicht, daß ich Sie um Geld angehen will. Ich erwarte kein Geld – ich brauche es auch nicht. Mr. Fellowe wird mir sicher helfen.«

      »Ach so! Sie kennen Mr. Fellowe? Dann war er es also doch, der Sie geschickt hat. – Ich will kein Wort mehr hören!« fuhr sie erregt fort. »Ich weiß jetzt, woher Sie kommen. Das habe ich alles schon vorher gehört.«

      Entschlossen ging sie zur Tür und klingelte. Der Butler kam sofort herein. »Führen Sie den Mann hinaus.«

      Jakobs sah sie traurig an.

      »Ich habe Sie gewarnt, Miss. Andere Leute würden froh sein über die Mitteilungen, die ich Ihnen machen kann. Black ist Essley – das ist alles, was ich Ihnen sagen wollte.«

      Nach diesen letzten, verblüffenden Worten ging er durch die Halle, die Treppe hinunter und verschwand in der Nacht.

      Als May wieder allein war, kauerte sie sich in ihrem Sessel zusammen. Sie zitterte von Kopf bis Fuß vor Ärger und Empörung. Es mußte Frank gewesen sein, der diesen Mann geschickt hatte. Wie gemein, wie unaussprechlich gemein war das doch! Wie durfte er so etwas wagen!

      Es war die Denkungsart des Polizisten, die ihn dies tun ließ. Er glaubte immer nur die häßlichsten und schrecklichsten Dinge von anderen Menschen. Das war bei seinem Beruf ja auch natürlich. Er kam ständig mit Verbrechern zusammen und beschäftigte sich immer mit Gesetzesübertretungen.

      Sie sah auf die Uhr. Es war Viertel vor zehn. Dieser Besuch hatte ihr den ganzen Abend verdorben. Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Sie konnte ihre Gedanken nicht mehr auf das Buch konzentrieren, und es war auch noch zu früh, zu Bett zu gehen. Gern hätte sie einen kleinen Spaziergang gemacht, aber es war niemand zu ihrer Begleitung da. Sie konnte doch nicht den Hausmeister bitten, hinter ihr herzugehen; sie mußte über diesen Einfall lächeln.

      Plötzlich fuhr sie aus ihren Gedanken auf. Sie hatte von weitem das Läuten der Haustürglocke gehört. Wer konnte das sein?

      Sie brauchte nicht lange zu warten. Ein paar Minuten später meldete das Mädchen Oberst Black.

      Er war im Abendanzug und schien in äußerst guter Stimmung zu sein.

      »Verzeihen Sei meinen späten Besuch. Ich kam zufällig hier vorbei und dachte, ich könnte einmal vorsprechen.«

      In seiner Stimme lag eine solche Herzlichkeit, daß May von seiner Aufrichtigkeit sofort überzeugt war.

      Natürlich hatte er nicht die Wahrheit gesagt, denn sein Besuch gehörte zu einem sorgfältig überlegten Plan. Er wußte, daß ihr Vater nicht zu Hause war, wußte auch, daß Mr. Sandford seinen Besuch nicht gebilligt hätte, denn er war am Nachmittag heftig mit ihm zusammengestoßen.

      May reichte ihm die Hand, und er drückte sie herzlich.

      »Ich freue mich, daß Sie gekommen sind«, sagte sie und steuerte dann sofort auf die Sache los, die sie bedrückte. »Ich bin in großer Unruhe.«

      Er nickte, um seine Teilnahme auszudrücken, obwohl er nicht wußte, was sie meinte.

      »Dieser Mann, der eben hier war …«

      »Wen meinen Sie?«

      »Ich habe seinen Namen vergessen – er ist erst vor kurzer Zeit gegangen. Er sah sehr krank und elend aus – soviel ich weiß, kennen Sie ihn.«

      »War es etwa Jakobs?« fragte er hastig.

      »Ja, ich glaube, das war sein Name.«

      »Was wollte er denn?«

      Black war blaß geworden.

      Sie wiederholte ihre Unterredung mit dem Mann, so gut sie sich daran erinnern konnte. Als sie zu Ende war, erhob er sich.

      »Sie wollen schon wieder gehen?« fragte sie erstaunt.

      »Ja, leider muß ich mich verabschieden – ich habe noch eine wichtige Besprechung … und … ich hatte ja auch nur einmal kurz hereinsehen wollen. Hat Ihnen Jakobs zufällig gesagt, wohin er gehen wollte?«

      »Nein. Er sagte nur, daß andere Leute für die Informationen über Sie dankbar sein würden.«

      »So, so.« Black gab sich die größte Mühe zu lächeln. »Ich hätte niemals gedacht, daß Jakobs so ein Mensch ist. Natürlich weiß er nichts, was nicht jeder wissen könnte, aber man hat doch schließlich auch Geschäftsgeheimnisse, Miss Sandford. Er ist ein entlassener Angestellter von mir, der verschiedene Verträge gestohlen hat. Sie brauchen sich über die Sache nicht weiter aufzuregen.«

      Er lächelte ihr vertrauensvoll zu, als er das Zimmer verließ.

      *

      Sein nächster Weg führte ihn zu seinem Büro in der Stadt. Es war alles dunkel im Haus, und er unterließ es auch, Licht zu machen. Er eilte die Treppe hinauf zu dem Sitzungszimmer.

      Er schloß die Fensterläden und zog die Vorhänge zu, bevor er das Licht andrehte.

      In der einen Ecke des Raumes befand sich eine kleine Tür, die durch eine Portiere verborgen war. Er riß die Portiere beiseite und untersuchte die Tür, doch deutete nichts darauf hin, daß sie geöffnet worden wäre. Jakobs wußte von der Existenz dieses kleinen Zufluchtsraumes und hatte diese Tatsache in einem seiner letzten Bettelbriefe erwähnt.

      Black nahm einen kleinen Schlüsselbund, der an einer silbernen Kette befestigt war, aus der Tasche und schloß die Tür auf.

      Ein kleiner Raum wurde sichtbar, nicht geräumiger als ein großer Kleiderschrank. Eine nackte Glühbirne hing von der Decke herunter und verbreitete das nötige Licht. Die Einrichtung bestand aus einem Toilettentisch, einem großen Spiegel und einer Anzahl Kleiderhaken, an denen mehrere Kleidungsstücke hingen. Zwei Ventilatoren, die in die Wand eingelassen waren, versorgten den Raum mit frischer Luft.

      Er öffnete die Schublade des Toilettentisches und nahm eine Anzahl Perücken heraus. Es waren die besten, die überhaupt hergestellt werden konnten, vollendet in ihrer Art. Sie hatten alle die gleiche Haarfarbe, wiesen aber verschiedene Frisuren auf.

      Ungeduldig warf er sie auf die Tischplatte, denn er suchte nach einem Gegenstand, der sich dort befinden mußte. Er hätte ihn auch gefunden, wenn nicht ein gerissener Einbrecher, der die Örtlichkeit genau kannte, den Raum mit einem Nachschlüssel geöffnet und durchsucht hätte. Plötzlich hielt Black inne und betrachtete aufmerksam einen Notizblock, der auf dem Tisch lag und den er


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