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Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Edgar  Wallace


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beachtete die Warnung der ›Vier Gerechten‹ nicht – er würde auch den Kampf mit der Polizei aufnehmen. Merkwürdigerweise fürchtete er die Polizei am allerwenigsten.

      Jetzt war noch der letzte Schlag zu führen – er wollte den Mann tödlich treffen, dessen Widerstand ihn ruiniert hatte.

      Zorn und Wut raubten ihm jede vernünftige Überlegung, er dachte nur noch an seinen Racheplan. Er ging in sein Zimmer, schloß den Schrank auf und nahm die kleine grüne Flasche heraus. Die Feder brauchte er heute abend nicht. Heute wollte er ganze Arbeit tun.

      Nachdem er das Geld sorgfältig in verschiedenen Taschen untergebracht hatte, steckte er die Flasche in die Westentasche. Er sah sich noch einmal in dem Raum um, und ein schadenfrohes Leuchten lag in seinen Augen. Dann setzte er entschlossen den Hut auf, nahm seinen Mantel über den Arm und ging fort.

       Inhaltsverzeichnis

      Im ›Great South Central Hotel‹ war eine fröhliche Gesellschaft versammelt. May Sandford hatte noch eine Freundin eingeladen, und Mr. Sandford hatte einen Geschäftsfreund aus der City mitgebracht.

      Black verspätete sich und kam erst eine Viertelstunde nach der festgesetzten Zeit. Sandford hatte bereits den Auftrag gegeben, das Essen zu servieren, als der Oberst erschien.

      »Nehmen Sie Platz, Black«, sagte Sandford. Zwischen ihm und seiner Tochter war ein Platz frei, und dort ließ sich der Oberst nieder.

      Seine Hand zitterte, als er die Serviette aufhob. Beim Entfalten fiel ein Brief heraus – eines jener grauen Kuverts, die er kannte. Er steckte den Umschlag in die Tasche, ohne ihn zu öffnen.

      »Sie haben jetzt viel zu tun, Black, wie?« fragte Sandford lächelnd. Der freundliche Herr mit dem kurzen, weißen Backenbart hatte ein anziehendes Gesicht. Wenn er in guter Stimmung war, gab es keinen umgänglicheren und liebenswürdigeren Menschen als ihn. »Sie müssen mir eigentlich dankbar dafür sein, daß ich nicht in die Fusion der Hüttenwerke einwilligte. Sie hätten sich sonst zu Tode gearbeitet.«

      »Ja, Sie haben recht«, erwiderte der Oberst kurz und schob den Unterkiefer vor. Diese Bewegung zeigte an, daß er beunruhigt war.

      »In gewisser Weise sind Sie eigentlich ein bewunderungswürdiger Mann. Wenn Sie nur etwas konsequenter und solider wären, würden Sie erfolgreicher sein.«

      »Halten Sie mich denn nicht für erfolgreich?«

      »Darauf könnte ich mit Ja und Nein antworten. Sie sind jedenfalls nicht wirklich erfolgreich, Sie haben Ihre Erfolge zu schnell erzielt.«

      Oberst Black ging nicht weiter auf das Thema ein und ermutigte den Millionär auch nicht, das Gespräch fortzusetzen. Er wartete auf eine günstige Gelegenheit. Im Augenblick mußte er geduldig sein, sich den anderen anpassen und sich möglichst unauffällig an der Unterhaltung beteiligen, die um ihn herum im Gange war.

      Zu seiner Linken standen die Gläser von Miss Sandford. Sie lehnte die Tischweine ab und protestierte lachend gegen die Einladung ihres Vaters.

      »Aber mein Liebling, an deinem Geburtstag mußt du doch wenigstens Champagner trinken!«

      »Nun gut, Champagner will ich nehmen«, sagte sie fröhlich. Sie fühlte sich aus vielen Gründen glücklich, aber hauptsächlich weil … nun eben weil …

      Das war die Gelegenheit.

      Wie geistesabwesend zog Black Mays Sektglas näher zu sich heran. Dann nahm er verstohlen die kleine grüne Flasche aus der Tasche, entfernte den Glasstöpsel und schüttete die Hälfte des Inhalts auf seine Serviette. Danach verschloß er die Flasche wieder und ließ sie in seiner Tasche verschwinden. Die anderen Gäste waren so in ihre Unterhaltung vertieft, daß ihn niemand beobachtete. Langsam faßte er das Glas, setzte es auf seinen Schoß und wischte mit der feuchten Serviette zweimal über den ganzen Rand. Es gelang ihm, das Glas unbemerkt wieder auf den Tisch zu setzen.

      Als er das getan hatte, fühlte er sich erleichtert. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und steckte die Hände in die Hosentaschen. Es war keine elegante Haltung, aber sie beruhigte ihn.

      »Black, wachen Sie doch auf!« Sandford sprach zu ihm; der Oberst schreckte aus seinen Gedanken auf. »Mein Freund hier hat eben eine Bemerkung über Ihre Haare gemacht.«

      »Wie?« Black fuhr sich mit der Hand an den Kopf.

      »Oh, Ihre Frisur ist in Ordnung – aber seit wann haben Sie denn weißes Haar?«

      Er hatte davon gehört, daß manche Leute plötzlich weiß werden, und sein Interesse war erwacht.

      »Ach, ich – schon eine ganze Zeit.«

      Er beteiligte sich nicht weiter an der Unterhaltung, denn die Kellner schenkten jetzt den Sekt ein. Er schaute Sandford an. Wie glücklich und selbstzufrieden war dieser Mann, der zärtliche, liebevolle Blicke mit seiner Tochter wechselte! Die beiden schienen sich ausgezeichnet zu verstehen. Es war eigentlich ein Jammer, daß sie in einigen Augenblicken sterben mußte und er dann ein gebrochener Mann war. Black wandte sich zu ihr um und betrachtete sie. Es war doch merkwürdig, wie zerbrechlich das Leben war, und daß ein Milligramm einer farblosen Flüssigkeit genügte, um das Band zwischen Seele und Körper zu zerreißen.

      Jetzt trat der Kellner hinter seinen Stuhl. Zuerst füllte er Mays Glas, dann das seine.

      Black erhob sein Glas, ohne daran zu denken, daß er auf die anderen warten müßte, und trank es aus.

      May berührte das ihre nicht. Sie sprach mit dem Herrn zu ihrer Linken. Black konnte im Augenblick nur eine schöne Wange und eine weiße Schulter sehen.

      Er wartete ungeduldig.

      Sandford machte aufs neue den Versuch, ihn in die Unterhaltung zu ziehen, aber der Oberst reagierte nicht darauf. Er begnügte sich damit, zuzuhören, was er sagte. Er wollte beobachten und warten. Endlich umschlossen Mays schlanke weiße Finger den Stiel des Glases, und sie hob es hoch; sie sah aber immer noch ihren Tischnachbarn an. Black rückte seinen Stuhl ein wenig zur Seite, als das Glas ihre Lippen berührte.

      Er hielt den Atem an – sie setzte das Glas wieder nieder und sprach mit dem Herrn weiter. Langsam zählte er die schleichenden Sekunden – sechzig, hundert – und merkte nicht, daß Sandford wieder zu ihm sprach und ihn erstaunt ansah.

      Das Gift hatte nicht gewirkt!

      »Sind Sie krank, Oberst?« Alle sahen ihn an.

      »Krank?« fragte er heiser. »Nein – warum sollte ich denn krank sein?«

      »Öffnen Sie eins der Fenster«, sagte Sandford zu einem Kellner.

      Ein kalter Luftzug berührte Black, und er zitterte. Er stand hastig auf und verließ den Raum, ohne recht zu wissen, was er tat. Nun war alles für ihn zu Ende.

      Auf dem äußeren Gang stieß er in der Eile mit einem Herrn zusammen. Es war derselbe, der ihn vor einiger Zeit schon einmal aufgesucht hatte.

      »Entschuldigen Sie, bitte«, sagte er und faßte ihn am Arm. »Wenn ich nicht irre, sind Sie Oberst Black.«

      »Gehen Sie mir aus dem Weg!« stieß Black wütend hervor.

      »Ich bin Inspektor Kay von Scotland Yard – ich muß Sie leider verhaften.«

      Bei der ersten Ahnung der Gefahr zuckte der Oberst zurück, aber plötzlich schlug er mit der Faust zu und traf den Beamten unters Kinn. Es war ein harter Schlag, der den völlig unvorbereiteten Mann wie ein Stück Holz zu Boden warf.

      Der Korridor lag einsam da. Ohne sich weiter um den Inspektor zu kümmern, eilte Black in das Vestibül. Er war ohne Hut, aber er bedeckte sein Gesicht mit der Hand, bahnte sich einen Weg durch die Menge und gelangte ins Freie. Schnell winkte er ein Auto heran.

      »Waterloo-Bahnhof. Sie bekommen ein Pfund


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