Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke. OshoЧитать онлайн книгу.
von selbst weg. Ihr müsst es noch nicht einmal selber fallenlassen. Darum sage ich, dass es leicht ist, aber ich weiß natürlich genau, wie schwierig es ist. Es ist schwierig wegen euch – aber an sich ist es leicht. Die Sache ist einfach, aber ihr seid schwierig. Es kann jeden Moment geschehen, und wenn ich das sage, meine ich, dass das Phänomen der Erleuchtung, der Egolosigkeit, keine Ursache hat. Es ist kein Resultat irgendwelcher Ursachen, kein Abfallprodukt von etwas anderem. Es ist eine einfache, klare Einsicht. Es kann einem Sünder geschehen, und es kann sein, dass es einem Heiligen nicht geschieht.
Keine Bedingung muss im Grunde erfüllt werden. Wenn einer sehen kann, dann kann es geschehen – selbst einem Sünder. Wenn einer hoffnungslos wird, wenn einer fühlt, dass es nichts zu gewinnen oder zu erreichen gibt, wenn einer begreift, dass das Ganze ein absurdes Spiel ist, dann kann es geschehen. Es kann sein, dass es einem Heiligen nicht passiert, weil ein Frommer immer noch versucht, etwas zu erreichen. Er ist noch nicht ohne Hoffnung. Diese irdische Welt ist sinnlos geworden, aber die andere Welt bedeutet viel. Er sieht, dass er diese Erde verlassen muss, aber es gibt Himmelreiche im Jenseits, auf die er hofft, und die er erreichen möchte.
Selbst die Leute um Buddha und Jesus fragten immer solche Sachen. Als Jesus kurz vor seiner Gefangennahme stand, und am nächsten Tag umgebracht werden sollte, fragten seine Schüler: „Meister, bitte sage uns, welche Plätze wir einnehmen werden im Himmelreich des Vaters, zu dessen Rechten du sitzest? Wo werden wir sitzen, was wird unser Rang sein?“ Man stelle sich das vor! Die Jünger Jesu stellen solche dummen Fragen! Aber so ist der menschliche Verstand. Sie wollen nichts Diesseitiges. Sie sind Bettler geworden. Aber sie wollen die Welt im Jenseits. Darum sind sie keine echten Bettler. Sie haben Hoffnungen. Sie haben auf diese Welt verzichtet, aber es ist ein Tauschgeschäft – wo werden wir im Jenseits sein? Wer wird neben mir sitzen?
Es muss ein Wettstreit zwischen diesen zwölf Schülern stattgefunden haben. Da muss Politik und Ehrgeiz gewesen sein, einer oben, einer unten, einer wird der Boss. Da müssen Konflikte gewesen sein, Innenpolitik, unterschwellige Aggressionen und Gewalttätigkeit. Selbst mit Jesus bleibt die Hoffnung. In euch ist die Hoffnung tief verwurzelt. Was man euch auch sagt – ihr macht eine Hoffnung daraus. Ihr seid Maschinen für die Produktion von Hoffnungen, und dieser Mechanismus ist das Ego. Was kann man also tun? Man kann tatsächlich gar nichts machen. Ihr braucht nur klare Augen, eine tiefgreifendere Einsicht.
Alles, was man braucht, ist ein ungetrübter Blick für unser Wesen, für unser ganzes Hoffen und Tun. Und ich sage euch, durch diesen ungetrübten Blick, durch diesen unschuldigen Einblick, fällt das Ego ganz von selbst von euch ab. Es ist das Einfachste und gleichzeitig das Schwierigste der Welt. Aber vergesst nicht, dass ich keinerlei Hoffnungen in euch erwecke.
In Bezug auf das, was du gerade gesagt hast, gibt es das Zen-Sprichwort: „Mühelose Mühe“. Kannst du dazu etwas sagen, und was es mit deiner Dynamischen Meditation zu tun hat.
MEDITATION HAT MIT ENERGIE ZU TUN. Man muss eine grundlegende Einsicht in alle Arten von Energie gewinnen, und dieses ist das Grundgesetz – Energie arbeitet mit zwei Polen. Das ist die einzige Art und Weise, wie Energie arbeitet, es gibt keine andere. Sie arbeitet durch zwei Pole. Ein Gegenpol ist nötig, damit irgendeine Art von Energie dynamisch werden kann. Es ist dasselbe Prinzip wie bei der Elektrizität, die durch Plus- und Minuspol wirkt. Wenn nur ein Minuspol vorhanden ist, gibt es keine Elektrizität; und wenn nur ein Pluspol vorhanden ist, ebensowenig. Beide Pole müssen vorhanden sein. Und wenn sich die beiden treffen, wird Elektrizität erzeugt. Dann springt der Funke.
Das Gleiche gilt für alle Arten von Phänomenen. Das Leben arbeitet durch die Polarität von Mann und Frau. Die Frau ist die negative Lebensenergie und der Mann der positive Pol. Beide sind elektrisch, daher die Anziehungskraft. Wenn es nur Männer gäbe, würde das Leben verschwinden; wenn es nur Frauen gäbe, gäbe es kein Leben, nur Tod. Zwischen Mann und Frau herrscht ein Gleichgewicht. Zwischen diesen beiden Polen, diesen beiden Ufern, fließt der Strom des Lebens. Wo man auch hinschaut, man sieht, wie dieselbe Energie sich zwischen zwei Polaritäten im Gleichgewicht hält.
Diese beiden Pole sind für die Meditation von Bedeutung, denn der Verstand ist logisch, aber das Leben ist dialektisch. Wenn ich sage, dass der Verstand logisch ist, dann meine ich, dass er sich in einer geraden Linie bewegt. Wenn ich sage, dass das Leben dialektisch ist, dann heißt das, dass das Leben mit den Gegensätzen arbeitet, nicht mit einer Linie. Das Leben bewegt sich im Zick-Zackkurs von negativ zu positiv, von positiv zu negativ, von negativ zu positiv, es zick-zackt, es benutzt die Gegensätze.
Der Verstand bewegt sich in einer Linie und geht nie zum Gegenteil, er leugnet das Gegenteil. Der Verstand glaubt an die Eins. Das Leben glaubt an die Zwei. Der Verstand wählt immer nur eine Seite. Wenn der Verstand sich für Stille entscheidet, wenn er genug von all dem Lärm des Lebens hat, geht er in die Himalajas. Er will seine Ruhe haben und nicht mehr mit dem Lärm konfrontiert werden. Der Gesang der Vögel stört, der Wind, der in den Bäumen rauscht, stört. Der Verstand will Ruhe. Er hat sich für die gerade Linie entschieden. Jetzt wird das Gegenteil völlig ausgeschlossen.
Aber ein Mensch, der im Himalaja Ruhe sucht und das Gegenteil, das andere vermeidet, tötet sich ab. Er wird stumpfsinnig. Je mehr er sich für die Stille entscheidet, desto stumpfsinniger wird er. Das Leben braucht das Gegenteil, die Spannung, die im Gegensatz liegt. Die Stille, die durch zwei Gegensätze erzeugt wird, ist etwas ganz anderes, aber eine Stille ohne Gegensatz ist tot, es ist eine Friedhofsruhe. Ein Toter ist still, aber wer möchte schon tot sein? Ein Toter ist vollkommen still, niemand kann ihn stören. Seine Konzentration ist perfekt, man kann sein Geist nicht aufwühlen, er steht still. Selbst wenn rundherum die ganze Welt verrückt wird, bleibt er in seiner Konzentration.
Aber ihr wollt ja nicht tot sein; Ruhe, Konzentration, oder wie man es nennen will, sind dann egal, wenn ihr ruhig seid und tot, dann bedeutet diese Ruhe ja nichts mehr. Ruhe muss über euch kommen, wenn ihr absolut lebendig seid, vital, überschäumend mit Leben und Energie. Dann bedeutet Ruhe etwas.
Dann hat sie eine völlig andere Qualität. Diese Ruhe ist nicht stumpf. Sie lebt in einem subtilen Gleichgewicht zwischen den beiden Extremen. Ein Mensch, der ein lebendiges Gleichgewicht, eine lebendige Ruhe sucht, kann auf dem Marktplatz und in die Himalajas gehen. Beides. Er wird den Lärm des Marktes ebenso genießen wie die Stille der Berge und im Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen bleiben. Dieses Gleichgewicht kann man nicht erreichen, wenn man versucht, gradlinig zu leben.
Das ist die Bedeutung der Zen-Technik, der mühelosen Mühe. Widersprüchliche Begriffe werden benutzt: die mühelose Mühe, das torlose Tor, der weglose Weg. Im Zen werden immer Widersprüche benutzt, um euch einen Fingerzeig zu geben, dass der Ablauf dialektisch ist, nicht linear. Das Gegenteil soll nicht verneint werden, es wird miteinbezogen, absorbiert. Der Gegensatz soll nicht vergessen werden, sondern benutzt. Wenn ihr das Gegenteil ablehnt, wird es zum Sorgenpaket, es bleibt unbenutzt an euch hängen, und ihr versäumt vieles.
Die Energie kann umgewandelt und benutzt werden. Dadurch werdet ihr lebendiger und vitaler. Wenn das Gegenteil miteinbezogen wird, ist es ein dialektischer Prozess. Mühelosigkeit heißt Nichts-Tun, Inaktivität, Akarma. Mühe heißt Viel-Tun, Aktivität, Karma. Beides muss sein. Tut viel, ohne dabei als ein Täter vorhanden zu sein – dann erreicht ihr beides. Geht in die Welt, ohne ein Teil davon zu werden. Lebt in der Welt, aber lasst die Welt nicht in euch leben. Dann ist der Widerspruch aufgehoben worden. Dann lehnt ihr nichts ab, dann verneint ihr nichts. Dann ist die gesamte Gottheit angenommen worden.
So mache ich es. Die Dynamische Meditation ist ein Widerspruch in sich selbst. Dynamisch bedeutet Mühe, absolute Anstrengung. Meditation bedeutet Stille, Mühelosigkeit, Nichts-Tun. Man kann es eine dialektische Meditation nennen. Seid so aktiv, dass die ganze Energie in Bewegung kommt, dass kein Funken Energie statisch bleibt. Die gesamte Energie ist gefordert, und nichts wird zurückgehalten. Alle eingefrorenen Energieteile schmelzen dahin. Dann seid ihr keine Eisblöcke mehr, ihr seid dynamisch geworden.
Jetzt seid ihr keine Materie mehr, ihr seid Energie, Elektrizität. Arbeitet mit all eurer Energie, lasst sie fließen. Wenn alles in Bewegung ist, und ihr ein Wirbelwind geworden seid, dann passt gut auf! Denkt daran, aufmerksam zu sein, und plötzlich findet ihr eine vollkommene Stille im Zentrum des Wirbelwindes. Das ist es, was ihr seid – ihr in eurer Göttlichkeit,