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Der Sufi-Weg. OshoЧитать онлайн книгу.

Der Sufi-Weg - Osho


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Bayazid sagte immer wieder: „Gott weiß, was ich brauche, also bitte ich ihn um nichts. Das wäre ja albern: was sollte ich denn sagen? Er weiß es doch schon. Ihm etwas zu sagen, was er sowieso schon weiß, ist einfach dumm. Und mir etwas aus den Fingern zu saugen, was er vielleicht noch nicht weiß, ist erst recht dumm. Denn wer sollte das wohl sein? Also mache ich mir die ganze Mühe erst gar nicht. Was ich brauche, das gibt er mir.“

      Einmal war er nun hungrig und ohne Geld aus der Stadt gewiesen worden, durch die er gerade kam. Keiner wollte ihm Obdach für die Nacht geben. Es war stockfinster, und er saß unter einem Baum, draußen vor der Stadt, umringt von Gefahren.

      Und da sagte einer seiner Jünger: „So – und jetzt? Gott weiß, dass sein geliebter Bayazid in Schwierigkeiten steckt; dass ihn die Stadt ausgewiesen hat, dass er keinen Bissen zu essen hat und mit knurrendem Magen unter einem Baum sitzt, während die wilden Tiere herumstreifen und ihn noch nicht einmal schlafen lassen. Was ist das eigentlich für ein guter Gott, von dem du immer sprichst und der dir immer alles gibt, was du brauchst?“

      Bayazid lachte und sagte: „Er weiß, dass ich im Augenblick genau das hier brauche. Ich brauche das. Warum wäre es sonst, wie es ist? Wie hätte es so kommen können? Gott weiß genau, wann du Armut brauchst“, sagte Bayazid weiter, „und Gott weiß, wann du Wohlstand brauchst. Und Gott weiß, wann du fasten musst, und wann du an einem Festmahl teilnehmen sollst. Er weiß es! Und was ich jetzt habe, das brauche ich jetzt.“

      Bitten kannst du nicht. Wenn du bittest, wird dir nicht gegeben. Indem du fragst, beweist du, dass du noch nicht so weit bist, es in Empfang zu nehmen. Beten geschieht still. Wenn sich Wörter einmischen, folgt das Wünschen auf dem Fuße nach. Denn Wörter sind die Vehikel der Wünsche. Wie kann man stillschweigen und dabei wünschen? Versucht es einmal! Lässt sich in aller Stille etwas wünschen? Wie wohl? Ohne Sprache geht es nicht. Alle Sprache gehört zum Reich des Wünschens. Genau deswegen bestehen alle Weisen darauf, dass man still werden muss; denn nur, wenn kein Wort mehr in dir übrig bleibt, hört alles Verlangen auf. Solange das nicht so ist, lauert hinter jedem Wort ein Wunsch.

      Was du sagst, ist unwichtig. Selbst wenn du in deinem Tempel, deiner Moschee oder Kirche nur sagst: „Ich bin wunschlos glücklich“, dann ist das schon ein Wunsch. Du brauchst nur genauer hinzuschauen – irgendwo versteckt sich ein Wunsch. Aber da du weißt, dass du erst wunschlos werden musst, damit dir gegeben werde, sagst du: „Ich bin wunschlos…“ – damit du es doch bekommst! Es versteckt sich nur im Hintergrund; irgendwo im Schatten lauert es. Warum sagst du sonst so ausdrücklich, dass du wunschlos bist?

      Sei still. Nur Stille ist Beten. Alle Gebete, die du kennst, sind falsch. Alle Gebete, die man dir beigebracht hat, sind gar keine Gebete, sondern totes Ritual. Es gibt nur ein Gebet, und das ist Schweigen. Ein solches Schweigen, dass kein Wort mehr den glatten See deines Bewusstseins kräuselt. Nicht die leiseste Welle. Der See ist vollkommen still. Er ist zum Spiegel geworden. Er spiegelt die Schöpfung wider, er spiegelt Gott wider. In einem solchen Augenblick völliger Stille geht alles in Erfüllung. Und daher heißt es in unserer Geschichte:

      Jeden Tag verschenkte er Gold an eine bestimmte Gruppe von

      Leuten Gold – an die Kranken, die Witwen und so weiter.

      Aber wer den Mund auftat, bekam nichts.

      Nicht alle konnten den Mund halten.

      Das ist eine alte Sufi-Regel: „Halte absolut den Mund – nicht nur äußerlich, sondern auch innen. Dann wird dir vieles gegeben werden. Wenn du nicht fragst, wird dir viel gegeben, wenn du fragst, wird dir nichts gegeben. Das sieht paradox aus, aber es ist ein fundamentales Gesetz des Daseins.

      Bitte um nichts – und plötzlich wirst du überschüttet. Es kam einmal ein Mann zu Bayazid und sagte: „Deine Lehren haben mich ruiniert. Vor zwanzig Jahren kam ich zu dir und du sagtest: ‚Wenn du um nichts bittest, wirst du von Reichtum überschüttet. Wenn du nicht suchst, wird dir alles gegeben. Wenn du die schönste Frau der Welt nicht begehrst, bekommst du sie.‘ Zwanzig Jahre habe ich umsonst gewartet. Keine einzige, nicht einmal eine hässliche Frau hat sich gezeigt. Und erst recht kein Reichtum – ich bin so arm wie eh und je. Das verdanke ich dir. Was hast du dazu zu sagen?“

      Bayazid antwortete: „Es wäre bestimmt alles eingetroffen, wenn du dich nicht zu oft umgedreht hättest, um nachzusehen, ob die schöne Frau schon unterwegs ist. Der Wunsch danach war da. Dass du Frau und Geld verpasst hast, musst du dir selber zuschreiben, nicht mir. Du hast ständig auf der Lauer gelegen: ‚Ob wohl gleich die schönste Frau an meine Tür klopft? Ob sie die Göttin des Reichtums sein wird?‘ Still warst du jedenfalls nicht. Wunschlos warst du nicht.“

      Die Sufis sagen: „Wer nicht bittet, dem wird gegeben.“ Und diese Lehre geht tiefer als die Lehre von Jesus, der sagt: „Bitte und dir wird gegeben werden. Klopfe und die Tür öffnet sich.“ Aber die Sufis sagen: „Bitte und dir wird nichts gegeben werden. Klopfe an oder stoße mit dem Kopf gegen die Tür – und sie wird sich dir immer mehr verschließen.“

      Nicht alle konnten den Mund halten…

      Obwohl sie genau wussten, dass dieser Mann, dieser freigebige Mann aus Bokhara nur denen etwas gab, die still blieben. Aber es ist eben nicht so leicht…

      Der Verstand argumentiert so: „Mach es ausdrücklich klar, wie nötig du es hast, stell ihm deine ganze Situation vor Augen, dann ist sicherlich noch ein bisschen mehr aus ihm herauszuholen.“

      Und das Schöne an der Geschichte ist, dass es ein Advokat ist. Jeder andere hätte vielleicht seinen Mund halten können, aber nicht der Advokat. Er weiß, wie man das Gericht erweichen, wie man den Richter umstimmen und verführen kann. Er weiß, dass man den Fall verliert, wenn man den Mund hält.

      Für die Geschäfte der Welt sind Worte unerlässlich. Ein Rechtsanwalt lebt geradezu von Worten, und die Gerichte sind die eigentlichen Tempel dieser Welt. Seht euch einmal die Gebäude der obersten Gerichtshöfe an: das sind die heutigen Tempel. Sie kosten Unsummen. Warum? Selbst Tempel und Kirchen sind daneben zusammengeschrumpft, aber die Gerichte werden ständig dicker und breiter. Denn da sitzt die Macht. Die Macht der Gewalt und des Mordes, die Macht von Gesetz und Sprache und Logik. Ein Advokat ist ein Logiker.

      Er wusste genau, welche Bedingung dieser Reiche aufgestellt hatte: „Nur wenn du still bleibst, bekommst du was. Wenn du drum bittest, bekommst du nichts…“ Und trotzdem konnte er nicht den Mund halten.

      Warum ist es nur so schwer, nichts zu sagen? Ihr müsst es wissen, denn ich muss euch immer von neuem daran erinnern: Seid still! Aber werdet ihr still? Ich sage tausendmal zu euch: „Gott wartet nur darauf, zu euch zu kommen, aber ihr müsst ihm eure Bereitschaft damit beweisen, dass ihr still werdet.“ Aber diesen Beweis bleibt ihr schuldig. Ihr erzählt Gott lieber etwas von eurem wirklich sehr großen Unglück, euren Problemen, Schmerzen und Ängsten – damit vielleicht etwas mehr aus ihm herauszuholen ist…

      Eines Tages waren die Advokaten an der Reihe,

      ihren Anteil am Goldregen einzuheimsen.

      Einer von ihnen konnte sich nicht enthalten,

      eine höchst umständliche Bittrede vorzutragen.

      Er bekam nicht einen Heller.

      Dabei ließ er es nun aber nicht bewenden.

      Einen Advokaten wird man so schnell nicht wieder los. Er findet andere Schleichwege. Wenn es auf dem einen nicht weitergeht, dann versucht er es mit einem andern. Irgendwo ist sicher eine Lücke. Dann versucht er eben, von der Rückseite ins Haus zu kommen… durch die Hintertür.

      Ich habe einen guten Freund. Er ist ein berühmter Rechtsanwalt. Er erzählte mir einmal, wie er einen Fall durchgefochten hat, bei dem der Richter ein sehr frommer Mann war… und den Richter kenne ich auch, ein wirklich ausgesprochen frommer Mann, völlig unbestechlich. So unbestechlich, dass einer, der ihn zu bestechen versuchte, sicher sein konnte, dass er den Fall verlor. Was also tat mein Freund? Er versuchte, den Richter im Namen der andern Partei zu bestechen. Irgendwie brachte er es zustande. Und natürlich verlor die Gegenpartei.

      Er schickte einen Mann zum Richter, der vorgab, für die andere Partei Bestechungsgeld


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