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Chefarzt Dr. Norden 1164 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Chefarzt Dr. Norden 1164 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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bringt die Freiheit!«, lachte Leila optimistisch.

      *

      Schon zwei Tage später brachte Leila ihre Schulfreundin mit nach Hause, damit der Vater sie in Augenschein nehmen konnte.

      Das gemeinsame Essen verlief entspannt, und Mehmet schien seine ablehnende Haltung Leilas Plänen gegenüber allmählich aufzugeben. Das Mädchen war glücklich und schmiedete Pläne.

      Fatma freute sich für ihre jüngere Tochter. Als ihr Mann aber am nächsten Morgen sehr früh einen Anruf erhielt, sollte sich mit einem Mal wieder alles ändern.

      Mehmet telefonierte eine ganze Weile. Fatma war damit beschäftigt, das Frühstück zu richten, als ihr Mann die Küche betrat, die Tür hinter sich schloss und sie wissen ließ: »Das war Falils Vater. Erinnerst du dich an ihn?«

      Fatma überlegte einen Moment. »Habib, dein alter Freund aus Kirkili?«, fragte sie nach.

      Mehmet nickte. Als Junge war er in den Ferien jedes Jahr mit seinen Eltern in das kleine anatolische Dorf gereist, wo die Großeltern noch gelebt hatten. Dort hatte er sich mit dem Nachbarsjungen angefreundet. Dass dieser sich nach so langer Zeit wieder meldete, konnte nichts Gutes bedeuten. Fatma schwante, was los war, noch bevor ihr Mann erklärte: »Habib fordert den Verspruch zwischen seinem Sohn Falil und Leila ein.«

      »Das kann nicht sein Ernst sein!«, entfuhr es Fatma.

      »Es ist so Tradition. Du weißt, dass die Kinder bereits als Babys einander versprochen worden sind.«

      »Ja, in Anatolien. Aber wir leben in München!«

      »Das macht keinen Unterschied. Die Traditionen dürfen nicht missachtet werden. Habib hat ein Recht, den Verspruch einzufordern. Und wir können uns dem nicht widersetzen. Das ist eine Frage der Ehre.«

      »Mehmet, ich bitte dich …«

      »Darüber gibt es keine Diskussionen. Leila wird Falil heiraten. So ist es zwischen uns ausgemacht worden. Ich werde mich daran halten. Oder verlangst du vielleicht, dass ich ehrlos handele, Fatma?«

      »Ich verlange, dass du deinen gesunden Menschenverstand benutzt, Mehmet. Dieses Versprechen ist fast zwanzig Jahre alt. Was sagt denn Falil dazu? Ist er der gleichen Meinung wie sein Vater? Und wo sollen die beiden leben? Verlangst du von Leila, dass sie auf ihr Studium verzichtet, München und das Leben, das sie kennt, verlässt, um in Anatolien in einem Bergdorf zu leben wie im Mittelalter? Das kann nicht dein Ernst sein!«

      »Falil studiert in Hamburg. Sie werden ganz bestimmt nicht wie im Mittelalter leben. Was denkst du von mir? Dass ich unsere Tochter wie einen Esel verkaufe? Die beiden können hier in Deutschland leben. Wenn Falil einverstanden ist, kann Leila studieren. Das müssen die beiden dann untereinander regeln. Mir geht es hier nur um die Hochzeit, die gefeiert werden muss. Daran führt kein Weg vorbei.«

      Fatma musterte ihren Mann skeptisch. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein moderner junger Mann sich noch diesen angestaubten Traditionen beugen und sein Leben danach ausrichten wollte.

      Vermutlich hielt er ebenso wenig von dieser Verbindung mit einer Fremden, wie Leila es tun würde. Sie musste diesen Unsinn verhindern. Aber wie?

      »Wenn es dir so wichtig ist, soll Falil herkommen, damit die beiden sich wenigstens mal kennenlernen können«, schlug sie begütigend vor, aber davon wollte ihr Mann nichts wissen.

      »Das wäre gegen die Tradition. Sie werden sich erst bei der Hochzeit in Kirkili kennen lernen.«

      »Das kann nicht dein Ernst sein, Mehmet!«

      »Keine Diskussionen, es wird so gemacht, wie ich sage: Du fährst noch heute mit Leila nach Istanbul. Dort trefft ihr einen Cousin von Habib, er lebt als Kaufmann in der Stadt und wird euch nach Kirkili bringen. Alles wird für die Hochzeit vorbereitet und so ablaufen, wie es Tradition ist.«

      »Da mache ich nicht mit. Das ist doch verrückt!«, widersprach Fatma ihrem Mann vehement. »Du kannst deine Tochter nicht zwingen, einen Wildfremden zu heiraten!«

      Mehmet schaute seine Frau streng an. »Tu, was ich dir sage, Fatma. Ich verlasse mich darauf, dass du deine Pflicht als Mutter nicht vergessen hast. Einen Verspruch zu brechen, ist ehrlos und befleckt den guten Namen einer Familie. So etwas muss man unter allen Umständen vermeiden!«

      Leila, die eben die Küche hatte betreten wollen, fuhr entsetzt zurück. Was sie da gerade gehört hatte, erschien ihr ganz einfach unfassbar. Sie sollte einen Fremden heiraten, weil irgendeine Tradition das forderte? Das war doch nicht möglich!

      Doch der Vater hatte sehr entschlossen geklungen. Das bedeutete, sie musste auf der Stelle etwas unternehmen, wenn sie verhindern wollte, dass man sie aus ihrem gewohnten Leben heraus riss und ihr das antat! Hastig huschte sie ins Bad, schloss die Tür ab und zückte ihr Handy. Nun konnte ihr nur eine Person helfen: Aische!

      Die Schwester war noch zu Hause, als der Anruf sie erreichte. Auch Aische war einen Moment lang perplex und fragte dann ungläubig nach: »Bist du sicher, dass du dich nicht verhört hast? Ich kann mir gar nicht vorstellen …«

      »Ich auch nicht, aber es stimmt«, unterbrach Leila sie panisch. »Du musst sofort herkommen und diesen Wahnsinn verhindern. Wenn ich erst im Zug sitze …«

      »Schon gut, beruhige dich. Ich bin auf dem Weg«, versprach die ältere Schwester. Aische klappte den Geschirrspüler zu und ging hinüber ins Esszimmer, wo Matthias noch Zeitung las.

      »Papa will Leila verheiraten, sie soll heute noch in die Türkei fahren. Ich muss mal mit ihm reden.«

      »Was?« Der junge Chirurg meinte, sich verhört zu haben. »Bei unserem letzten Gespräch war er doch ganz vernünftig. Wie kommt er denn nun auf so eine Schnapsidee?«

      »Es war nicht seine Idee, ein alter Freund hat ihn angerufen. Damals, als Leila noch ein Baby war, ist sie seinem jüngsten Sohn versprochen worden. Das ist bei uns so Tradition. Dieser so genannte Verspruch kann jederzeit eingefordert werden. Man muss sich daran halten, es ist eine Frage der Ehre.«

      Matthias seufzte. »Klingt ein bisschen angestaubt.«

      »Ist es auch. Aber leider nicht zu ändern.«

      »Ich verstehe das nicht. Dein Vater ist doch ein modern denkender Mann, hier in München geboren. Ich habe schon viele interessante Gespräche mit ihm geführt und nie festgestellt, dass er gestrige Meinungen vertritt. Wie kann er nur daran denken, seine eigene Tochter gegen ihren Willen mit einem Fremden zu verheiraten? Das ist absurd.«

      »Sag ihm das, vielleicht hilft es. Du kommst doch mit?«

      Er nickte. »Das lasse ich mir nicht entgehen.«

      Als das junge Paar die Wohnung der Celiks erreichte, herrschte dort bereits helle Aufregung. Leila hatte sich noch immer im Badezimmer eingeschlossen und weigerte sich, heraus zu kommen. Mehmet war wütend auf seine Tochter, er konnte es nicht leiden, wenn er nicht Herr der Lage war, und machte auch seiner Frau Vorwürfe. Der Haussegen hing mehr als schief. Aische wollte vernünftig mit ihrem Vater reden, doch der fuhr sie ungewohnt autoritär an: »Das ist alles deine Schuld! Du hast deiner Schwester diese Idee von Selbstbestimmung und Freiheit eingeimpft. Ich werde es aber nicht dulden, dass Leila die Ehre und den guten Namen unserer Familie beschmutzt!«

      »Das tut sie nicht. Sie ist eine gute Tochter. Denk doch daran, wie stolz du auf sie gewesen bist, als du ihr Abizeugnis gesehen hast«, mahnte Aische ihn. »Du darfst das Ganze nicht übers Knie brechen, Papa! Bitte!«

      Mehmet grollte: »Ich muss mich an den Verspruch halten, alles andere ist im Moment unwichtig.«

      »Aber Mehmet, so geht das doch nicht«, widersprach Matthias ihm ruhig. »Würdest du denn deine Stellung in der Sparkasse aufgeben, um in Anatolien Ziegen zu hüten, wenn irgendeine angestaubte Tradition dies fordern würde? Und wie kämst du dir vor, wenn du ganz plötzlich in einer solche Situation stecken würdest? Hättest du da nicht auch Panik?«

      »Darum geht es nicht.«

      »Doch, genau darum


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