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Mami 1979 – Familienroman. Anna SonngartenЧитать онлайн книгу.

Mami 1979 – Familienroman - Anna Sonngarten


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grinste er. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«

      »Ja, gern. Ich bin Hanna Müller, und das sind Kira und Nils.«

      »Ich weiß… Ääh, ich meine… dachte ich mir«, antwortete der junge Mann. Hanna zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts weiter.

      »Ich bin der Uwe. Ich bin Pferdewirt, aber noch in der Ausbildung.«

      »Guten Tag, Uwe. Wir wollten uns mal ein bißchen umsehen, wenn das geht. Kira liebt Pferde. Vielleicht würden die Kinder Reitunterricht nehmen, wenn das möglich wäre.«

      »Ja, natürlich. Allerdings nur für Kinder ab fünf«, Uwe schaute Kira prüfend an.

      »Ich bin schon fast fünf«, behauptete Kira. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, was Uwe Hannas Lächeln entnahm.

      »Na ja, ich gebe den Unterricht noch nicht selbst. Das macht der Chef persönlich. Den müßten Sie dann rumkriegen. Ich kann Ihnen ja mal die Pferde zeigen«, schlug Uwe vor.

      »Ja, das wäre nett«, sagte Hanna und ließ Kira von ihrem Arm heruntergleiten.

      »Da hinten stehen die Privatpferde«, erklärte Uwe und zeigte in die Richtung, in der Michael und die dunkelhaarige Frau immer noch ins Gespräch vertieft waren. Hanna und die Kinder folgten ihm. Als sie den Stall betraten und in die Boxen schauten, schlug Hannas Herz höher. Ein vertrauter Geruch aus Kindertagen stieg ihr in die Nase, und all die schönen Erinnerungen an unbeschwerte Ferien auf dem Reiterhof wurden wieder lebendig.

      »Das ist die Nora«, sagte Uwe und streichelte einer braunen Stute über die Nüstern. »Sie ist eines unserer beliebtesten Schulpferde. Die Nora ist auch für Kinder ideal geeignet. Ebenso die Susi. Beide Pferde sind nicht sehr groß. Ponys haben wir nicht«, erklärte Uwe. Sie gingen weiter. Uwe zählte alle Namen der Pferde auf und sagte zu jedem Tier einige Worte.

      »Das ist der Scherrif. Der ist nichts für Anfänger. Zu temperamentvoll. Sogar der Chef hat vor ihm Respekt«, erklärte Uwe wichtig, als sie die letzte Box erreicht hatten.

      »Vor wem habe ich Respekt, Uwe?« erklang plötzlich eine tiefe Stimme hinter ihnen. Uwe drehte sich abrupt um und wurde rot. Die tiefe Stimme kam aus dem Dunkel des Stalls näher und blieb dann vor Hanna und den Kindern stehen. Hanna fühlte sich von braunen, freundlich funkelnden Augen gemustert. Kira wollte sofort auf Mamas Arm, und Nils rückte näher.

      »Guten Tag zusammen. Ich bin Kai Laubach«, stellte sich der Gutsbesitzer mit angenehm warmer Stimme vor. Er war Mitte vierzig, groß und breitschultrig. Sein ehemals dunkles Haar war an den Schläfen angegraut, aber die gesunde Gesichtsfarbe und sein athletischer Körperbau ließen ihn jünger erscheinen. Seine Augen schienen stets zu lächeln, was ihn Hanna sofort sympathisch machte.

      »Wie ich sehe, hat Uwe ihnen unsere Pferde gezeigt«, sagte Kai Laubach und tätschelte Scherrifs Hals. »Ja, der Scherrif ist wirklich nicht ganz ohne. Uwe hat völlig recht«, sagte der Chef und zwinkerte seinem Azubi vertraulich zu. Uwe atmete auf.

      »Wollen Sie Reitunterricht nehmen, Frau Müller?« fragte er sachlich. Hanna wunderte sich bereits nicht mehr darüber, daß in Thalberg anscheinend jeder ihren Namen wußte.

      »Eigentlich dachte ich mehr an die Kinder«, gab sie zur Antwort.

      »Können Sie denn reiten?« fragte Kai weiter und sah Hanna in die Augen.

      »Nein, das heißt doch. Also, als Kind und als Jugendliche habe ich viel Zeit auf dem Reiterhof verbracht, aber das liegt nun schon viele Jahre zurück«, erklärte Hanna mit plötzlicher Verlegenheit.

      »Was man einmal gelernt hat, kommt meist schnell wieder. Sie brauchen vielleicht ein paar Reitstunden zur Auffrischung… « Für Kai Laubach schien es keine Frage zu sein, daß sich Hanna wieder auf den Rücken eines Pferdes setzen wollte.

      »Also, eigentlich wollte ich erst einmal, daß die Kinder reiten lernen«, sagte Hanna und lächelte. Kai wandte sich direkt an Nils.

      »Du willst also Reitstunden nehmen, Junger Mann?«

      »Nein, eigentlich nicht. Eigentlich will Mama, daß ich Reitstunden nehme«, antwortete Nils.

      Kai lachte amüsiert, und Hanna wurde zu ihrem Ärger rot.

      »Überhaupt, eigentlich will ich nur einen Hund«, schickte Nils trotzig hinterher.

      »Einen Hund willst du?« fragte Kai.

      »Ja, Mama hat es erlaubt.«

      »Na, da fragen wir doch am besten unseren Tierarzt. Der kennt sich da besser aus als ich.«

      »Aber ich will reiten!« meldete sich plötzlich Kira energisch zu Wort.

      »Das ist ja sehr erfreulich. Wenigstens einer aus der Familie, der zugibt, reiten zu wollen.« Kai betrachtete Kira aufmerksam.

      »Wie alt bist du denn, Kira?«

      »Fünf«, behauptete Kira. Sie hatte gut aufgepaßt.

      »Stimmt nicht. Kira ist erst vier«, verpetzte Nils seine kleine Schwester.

      »Du bist gemein, Nils.« brüllte Kira los, und dicke Tränen rollten ihr über die roten Wangen. Hanna wurde nervös. Was für ein dummer Auftritt auf Gut Steineck. Das eine Kind will gar nicht reiten, das andere darf nicht, und sie selbst war auch sehr unschlüssig. Der Gutsbesitzer mußte ja einen tollen Eindruck von ihnen haben.

      »Na, meine Kleine. Mal sehen, was sich da machen läßt«, sagte Kai Laubach und streichelte Kira kurz übers Haar.

      »Kai!« rief plötzlich Michael Hollstein. »Kannst du mal einen Augenblick kommen, ich muß dich sprechen wegen der Stute von Familie Deimel.« Michael war in den Stall getreten, blieb aber in gebührendem Abstand zu den anderen stehen.

      »Ja, ich komme gleich. Ach, übrigens, der Nils, der möchte gern einen Hund. Weißt du jemanden, der zur Zeit Hunde zu verkaufen oder sogar zu verschenken hat?«

      Michael warf einen langen Blick auf Nils.

      »Der Ropenstaller Hof hat Welpen. Die Hulda hat vor nicht allzu langer Zeit geworfen. Soviel ich weiß, sind noch nicht alle Welpen vergeben. Ich werde mich erkundigen«, sagte er und verließ dann augenblicklich wieder den Stall, noch ehe Kai die Gelegenheit ergreifen konnte, ihm Hanna Müller persönlich vorzustellen. Kai sah ihm verdutzt hinterher. So kannte er seinen Freund überhaupt nicht. Wieso war der auf einmal so kurz angebunden? Kai wandte sich wieder zu Hanna und bemerkte sogleich, daß auch sie das Verhalten des Tierarztes merkwürdig fand. Sie schaute Michael mit ihren klaren blauen Augen, aber gerunzelter Stirn hinterher. So ein Idiot, dachte Kai. Da stand die bezauberndste Frau, die er seit langem gesehen hatte, hier bei ihm auf Gut Steineck und anstatt sich Michael bei ihr vorstellte, zog er einfach von dannen. Kai nahm Hanna am Arm und führte sie auf den

      Hof.

      »Ich würde mich sehr freuen, Sie hier häufiger als Gast zu sehen, Frau Müller. Ob Sie nun reiten wollen oder nicht. Mit Kira können wir es gern versuchen. Vielleicht ist es ein Naturtalent.«

      Hanna lächelte dankbar. Wenigstens ein charmanter Mann hier in Thalberg, dachte sie. Dieser blöde Tierarzt konnte ihr gestohlen bleiben. Hanna verabschiedete sich von Kai Laubach, der ihr noch das Versprechen abnahm, in den nächsten Tagen bei ihm zu Abend zu essen.

      »Ich möchte nicht die Gelegenheit versäumen, Sie mit unserem alten Thalberg und seinen Bewohnern vertraut zu machen, und außerdem interessiert es mich brennend zu erfahren, was Sie hier hin verschlagen hat«, sagte Kai und schaute Hanna wieder tief in die Augen.

      Hanna lächelte nur und dachte, daß er wahrscheinlich nicht der einzige war, den das brennend interessierte.

      *

      Die Fahrradtour hatte sie alle angestrengt, und Hanna hatte heute ausnahmsweise einmal nicht die gewohnte Mühe, ihre lebhaften Kinder ins Bett zu bringen. Schon während der Gute-Nacht-Geschichte waren Kira die Augen zugefallen.

      Auch Hanna fiel es schwer, beim Lesen ein Gähnen zu unterdrücken und war froh,


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