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Sophienlust 305 – Familienroman. Bettina ClausenЧитать онлайн книгу.

Sophienlust 305 – Familienroman - Bettina Clausen


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ihn bemitleiden sollte.

      »Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?«, fragte Hans-Joachim, als Andrea vor der Villa aus dem Auto ausstieg.

      »Ja.« Sie erzählte ihm, was sie in Maibach im Hotel erfahren hatte.

      »Na, das ist ja großartig.« Hans-Joachim sah, dass seine Frau verärgert war. »Glaubst du, dass der Junge dich hereingelegt hat? Dass er von der Abreise seiner Eltern wusste und seinen Hund nur loswerden wollte?«

      »Über diese Frage denke ich schon die ganze Zeit nach … Nein!«, sagte sie jetzt entschieden. »Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Dazu war er viel zu unglücklich darüber, dass der Dackel krank war. Ich glaube viel eher, dass seine Eltern ihn mit der plötzlichen Abreise überrascht haben.«

      »Und uns bleibt der Hund«, sagte Hans-Joachim trocken.

      Andrea nickte nur. Sie ärgerte sich selbst ein bisschen – aber nicht über Teddy. Der konnte ja schließlich nichts dafür. Er hatte die Entscheidung seiner Eltern wahrscheinlich auch nicht beeinflussen können. »Auf jeden Fall werde ich in Essen anrufen«, sagte sie.

      »Aber warte damit noch«, riet Hans-Joachim ihr.

      »Warum? Hat sich Xantis Zustand verschlechtert?«

      »Er hat sich nicht verschlechtert. Aber er ist auch nicht besser geworden. Ich befürchte fast, dass die Hündin nicht durchkommt.«

      Das auch noch, dachte Andrea. »In diesem Falle ist es vielleicht sogar besser, dass der Junge mit seinen Eltern abgereist ist«, sagte sie leise.

      Dieser Meinung war auch Hans-Joachim.

      Auch am nächsten Morgen ging es dem Dackel unverändert schlecht. »Ich fürchte, er geht ein«, sagte Hans-Joachim beim Frühstück.

      Andrea erschrak. »Kannst du denn gar nichts mehr tun?«

      Der junge Tierarzt zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich habe schon alles versucht. Ich wüsste nicht, was ich ihm noch geben sollte.«

      Nachdenklich kaute Andrea an ihrem Brötchen. Sie gab niemals ein Tier auf, solange noch ein Fünkchen Leben in ihm war. Und Xanti lebte schließlich noch.

      Nach dem Frühstück ging sie zu Janosch. Völlig ermattet und schwer atmend lag Xanti in ihrem Körbchen neben dem Ofen.

      »Ihr Mann glaubt, dass der Hund eingeht«, sagte Janosch.

      »Ja.« Andrea strich zärtlich über Xantis stumpfes Fell. »Armes Dackelchen. Zu schade, dass wir nichts mehr für dich tun können.«

      »Wir können«, sagte Janosch, und seine Augen leuchteten dabei auf. Als er jetzt geheimnisvoll lächelte, bildeten sich noch ein paar Falten mehr in seiner runzligen Haut.

      »Was meinst du?«, fragte Andrea und erhob sich.

      »Ich werde dem Dackel ein Tränklein mischen. Gute alte Kräuter, die zaubern können.«

      Wie der alte Mann so dastand mit erhobenem Zeigefinger, erinnerte er Andrea wirklich an einen Zauberdoktor aus dem Mittelalter. Doch sie ermutigte ihn.

      »Mach das, Janosch. Misch der armen Xanti eins von deinen Wundermitteln. Vielleicht hilft es.«

      »Nicht vielleicht«, wies Janosch sie zurecht. »Es hilft bestimmt.«

      Andrea musste lächeln. »Ich will gern versuchen, daran zu glauben.«

      Sie ging zurück in die Villa und erzählte ihrem Mann von Janoschs Absicht.

      Der Tierarzt zog eine Grimasse. »Dort, wo die moderne Medizin versagt, will Janosch mit seinen Kräutern etwas ausrichten?«

      »Wer weiß?«, sagte Andrea nur und musste über das Gesicht ihres Mannes lachen. »Gib ihm doch eine Chance, Hans-Joachim.«

      »Mache ich ja. Aber du wirst mir gestatten, dass ich zweifle.«

      Zweifle ruhig, dachte Andrea. Aber vielleicht überrascht Janosch uns alle.

      Andrea widmete sich nun ihren täglichen Erledigungen. Als sie am Nachmittag zu Janosch hinüberschaute, stand er vor einem dampfenden Topf, in dem eine undefinierbare Kräutermasse schwamm.

      »Das sieht ja richtig gefährlich aus«, meinte Andrea. Und unappetitlich, fügte sie in Gedanken hinzu. Sie hätte gern gewusst, was da nun wirklich alles drin war, aber sie wusste, dass es keinen Zweck hatte, Janosch danach zu fragen. Dieses Wissen um die Kräuter und deren Wirkung war sein großes Geheimnis. Er hütete es wie einen Schatz.

      Als Janosch gerade dabei war, das schwarzbraune Gebräu abzuseien, klopfte es, und Hans-Joachim trat ein. Er sah die dunkle Brühe und verzog das Gesicht. »Und das soll dem Hund helfen?«

      »Ja, Herr Doktor«, sagte Janosch stolz und würdevoll. Er war sich seiner Wichtigkeit voll bewusst. »Ich weiß, dass Sie zweifeln. Aber spätestens übermorgen werden Sie nicht mehr zweifeln.«

      »Da bin ich aber gespannt«, erwiderte Hans-Joachim skeptisch. »Wenn diese tausend Kräuter oder Wurzeln oder was es ist …«

      »Es sind, bitte, keine tausend«, unterbrach Janosch ihn höflich.

      »Wie viele sind es denn?«, fragte Andrea schnell.

      Da lächelte der Alte nur. »Viele. Und sehr viele unbekannte sind dabei. Unbekannt sind nicht die Kräuter, aber ihre Wirkung.«

      »Da können wir uns ja auf etwas gefasst machen«, sagte Hans-Joachim trocken.

      »Nur auf etwas Gutes«, parierte Janosch. »Meine Kräuter sind ebenso gut wie Ihre modernen Medikamente, Herr Doktor. Manchmal sogar noch besser.« Er hatte den Sud jetzt abgeseit.

      Neugierig betrachtete Andrea die aufgequollenen Pflanzenteile. Aber die Masse war undefinierbar. Man erkannte nicht mehr, ob es Blüten oder Pflanzenteile oder gar Wurzeln waren.

      »Jetzt muss es nur noch abkühlen«, sagte Janosch.

      »Und diese schwarze Brühe soll der arme Hund trinken?«, fragte Hans-Joachim mit schlecht gespieltem Entsetzen.

      »Ihre modernen Medikamente sehen auch nicht gerade gut aus«, konterte Janosch sofort.

      Andrea musste lachen. »Womit er natürlich recht hat«, meinte sie. »Und schmecken tun sie manchmal auch ganz entsetzlich.«

      »Ich sehe schon, dass ihr euch gegen mich verschworen habt«, sagte Hans-Joachim. »Da geh ich lieber.«

      Andrea blinzelte Janosch zu und blieb. Sie wollte selbst sehen, wie er dem Hund das Kräutertränklein einflößte.

      Der Dackel schluckte geduldig und schicksalsergeben alles, was Janosch ihm gab. Nach dem ersten Schluck aber wollte er nicht mehr.

      »Schmeckt dir nicht«, sagte Janosch. »Kann ich verstehen. Aber es hilft«, sagte er zu Xanti und öffnete ihr das Maul. Dann beugte er den Dackelkopf nach hinten und flößte dem Hund die Medizin Schluck für Schluck ein, bis der Topf halb leer war.

      »Morgen früh werden wir wissen, ob es hilft oder nicht«, sagte er.

      »Gut«, erklärte Andrea. »Spätestens morgen früh komme ich wieder.«

      Aber sie hielt es nicht so lange aus. Noch am gleichen Abend kam sie, um nach Xanti zu schauen.

      Der Dackel lag noch genauso apathisch, mit geschlossenen Augen und immer noch schwer atmend, in seinem Körbchen.

      »Unverändert«, sagte Janosch. »Aber ich habe auch nichts anderes erwartet. Die Wirkung wird sich frühestens morgen zeigen.«

      »Na gut.« Andrea erhob sich und wünschte Janosch eine gute Nacht. »Vielen Dank, Frau von Lehn.« Janosch kehrte zurück zu seinem Lieblingsplatz, dem hohen Lehnstuhl.

      Als Hans-Joachim am nächsten Vormittag in seine Praxis ging, überquerte Andrea schnell den Hof und trat bei Janosch ein. »Guten Morgen.«

      »Guten Morgen, Frau von Lehn«, sagte Janosch erfreut und deutete auf den Dackel.

      Xanti


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