Die neue Praxis Dr. Norden 4 – Arztserie. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
unterdrückter Mann sieht anders aus«, wandte sich Lydia Sophia kichernd zu, nachdem Toni Meier ihren Blick aufgefangen und ihr zugezwinkert hatte.
»Unsere liebe Gusti kann wohl nicht alles kontrollieren«, stellte Sophia amüsiert fest. »Dann werde ich mal die Liege für Herrn Mauser vorbereiten«, sagte sie und huschte in den Untersuchungsraum.
*
Danny Nordens Sprechzimmer war ebenso hell und ansprechend eingerichtet wie die gesamte Praxis. An den Wänden hingen in Holz gerahmte Landschaftsbilder, an seinem Schreibtisch war eine Lampe mit einem großen weißen Schirm und einem biegsamen Stahlarm befestigt, und in der Ecke neben der Untersuchungsliege stand die Standuhr aus Ahornholz. Sie hatte Fanny Moosleitner gehört, einer treuen Patientin und mütterlichen Freundin, die ihm dieses Haus vererbt hatte, in dem er inzwischen seit einigen Monaten wohnte.
Danny hatte Ludger Mauser gründlich untersucht. Der rüstige Mann mit dem silbergrauen Haar und dem gestählten Körper, den er seinem täglichen Training verdankte, war bei bester Gesundheit. Auch die Laborwerte der Blutprobe, die sie vor ein paar Tagen eingeschickt hatten, waren ausgezeichnet.
»Alle Werte sind im Normbereich. Es gibt Dreißigjährige, die Sie um Ihre Werte beneiden würden«, versicherte Danny seinem Patienten.
»Das heißt, meiner Teilnahme an diesem Lauf in zwei Wochen steht nichts im Weg?«, vergewisserte sich Ludger.
»Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, sind Sie topfit, Herr Mauser. Ich sehe mir dann gleich noch das Ergebnis des Belastungs-EKG an, damit Sie auf der sicheren Seite sind.«
»Wunderbar. Ich kann mir in diesem Jahr auch keine Schwäche erlauben. Ich habe vor, meinen persönlichen Rekord einzustellen.«
»Der liegt wo?«, fragte Danny.
»Vier Stunden und zwei Minuten.«
»Was ist Ihr Ziel?«
»Auf jeden Fall unter vier Stunden.«
»Trotz allen Ehrgeizes sollten Sie aber auch auf Ihren Körper hören. Er ist kein Uhrwerk, der an jedem Tag Höchstleistungen vollbringen kann.«
»Ich weiß, aber hin und wieder muss man auch über seine Grenzen gehen, was nicht bedeutet, das System zu überreizen. Meine Gesundheit ist mir immer noch lieber als der sportliche Erfolg.«
»Mehr wollte ich gar nicht hören«, entgegnete Danny lächelnd. »Sophia wird das EKG überwachen. Ich komme dann in einer Viertelstunde zu Ihnen«, sagte er, als er Ludger gleich darauf die Tür des Sprechzimmers aufhielt.
»Dann bis gleich, Herr Doktor«, sagte Ludger, und als er lächelte, zeigten sich seine perfekten weißen Zähne.
Wenn jeder so auf seinen Körper achten würde wie dieser Mann, hätten wir Ärzte vermutlich weitaus weniger zu tun, dachte Danny, als er zurück zu seinem Schreibtisch ging. Er hatte auch schon daran gedacht, mit dem Laufen anzufangen, hatte es aber dann wieder verworfen. Im Moment genügten ihm seine Tennis- und Squasheinheiten als Ausgleich. Bevor er die Sprechstunde fortsetzte, warf er noch einen Blick in den Garten.
In der Nacht hatte es geschneit. Die Büsche waren schneebedeckt, und die Äste der Birken sahen aus wie zarte weiße Arme, die sich im leisen Morgenwind bewegten. Sein Blick wanderte hinüber zum Garten seiner Nachbarinnen, aber dort war niemand zu sehen. Olivia Mai und ihre Mutter Ottilie, zwei Psychologinnen, hatten sicher auch bereits mit der Sprechstunde begonnen, und Ophelia, Olivias Tochter, war in der Schule.
Nur Ortrud, die Katze der Mais, war zu sehen. Sie hockte auf dem Dachfirst des einstöckigen Hauses und schien sich an der weiß schillernden Umgebung zu erfreuen. Lächelnd wandte sich Danny wieder seinem Schreibtisch zu und rief Eva Wunsgraben auf, deren Patientenakte als nächste auf seinem Monitor zu sehen war.
»Bitte, nehmen Sie Platz. Was kann ich für Sie tun?«, fragte Danny, nachdem er Eva die Tür geöffnet und sie sich an seinen Schreibtisch gesetzt hatten.
»Ich kann seit Wochen nicht richtig schlafen, Herr Doktor«, sagte Eva und sah Danny voller Erwartung an, so als sei sie fest davon überzeugt, dass er gleich eine Lösung für sie hatte.
»Können Sie nicht einschlafen oder nicht durchschlafen?«, wollte Danny wissen.
»Ich kann nicht durchschlafen. Das mit dem Einschlafen geht recht schnell, aber spätestens nach zwei Stunden bin ich wieder wach, und es dauert ewig, bis ich wieder einschlafe. Tagsüber bin ich deshalb oft müde, das ist auf Dauer kein Zustand, mit dem ich mich arrangieren könnte«, seufzte Eva.
»Macht Ihnen etwas Schwerwiegendes zu schaffen? Kommen Ihre Gedanken nachts nicht zur Ruhe?«, fragte Danny, während er Eva ansah. Das Zucken um ihre Mundwinkel, die nervösen Bewegungen ihrer Hände, alles deutete darauf hin, dass sie unter einer erheblichen Anspannung stand.
»Nein, ich bin zufrieden mit meinem Leben, so wie es ist. Ich fühle mich weder überlastet noch bin ich frustriert, weil ich mich für ein Leben als Mutter und Hausfrau entschieden habe. Mein Mann und ich haben auch keine Eheprobleme«, versicherte sie Danny.
»Das freut mich zu hören«, sagte Danny. Auch Evas Mann, Geschäftsführer eines Möbelhauses, war sein Patient. Er hatte ihn als ruhigen ausgeglichenen Mann kennengelernt, der seine Familie über alles liebte.
»Könnte eine schlimme Krankheit hinter meinen Schlafproblemen stecken?«, fragte Eva leise.
»Schlafstörungen können viele Ursachen haben. Gehen wir doch erst einmal von einer harmlosen Ursache aus. Vielleicht leiden Sie an einer Mangelerkrankung. Manchmal reicht es schon, die B-Vitamine aufzufüllen oder den Vitamin-C-Haushalt auszugleichen, um wieder erholsamen Schlaf zu finden«, erklärte ihr Danny.
»Vitamin C? Ich dachte, davon wird man wach«, wunderte sich Eva.
»Vitamin C wird aber auch benötigt, um eine Vorstufe des Serotonins zu bilden. Serotonin beruhigt und wirkt entspannend, ohne Entspannung findet der Körper keinen erholsamen Schlaf.«
»Das wäre ja wundervoll, wenn die Lösung so einfach wäre.«
»Morgen werden wir es wissen. Ich werde Sie noch kurz abhören und den Blutdruck messen, danach nimmt Ihnen Sophia Blut ab. Fangen wir mit dem Blutdruck an«, sagte Danny und legte Eva die Manschette des Gerätes um den linken Oberarm.
*
»Um halb vier, wie ausgemacht«, sagte Lydia leise, die am Tresen stand und ein Telefongespräch angenommen hatte, das sie sofort beendete, als Sophia aus dem Raum kam, in dem sie Ludger Mausers Belastungs-EKG überwacht hatte.
»Ist was?«, fragte Sophia, als Lydia sie lächelnd anschaute und mit einer Spitze ihres halblangen dunkelblonden Haares spielte.
»Nein, alles ist gut«, antwortete Lydia. Sie hatte versprochen, Sophia nicht zu verraten, wer am Nachmittag zu ihnen in die Sprechstunde kommen wollte und sich gerade noch einmal vergewissert hatte, dass Sophia auch da sein würde.
»Sophia, ein großes Blutbild mit Vitaminspiegel für Frau Wunsgraben, bitte«, wandte sich Danny an Sophia, der mit Eva aus seinem Sprechzimmer kam.
»Wird erledigt, Herr Doktor. Herr Mauser wartet auf Sie«, sagte Sophia und sah auf die Tür des EKG-Raums.
»Danke, ich melde mich morgen bei Ihnen, Frau Wunsgraben«, verabschiedete sich Danny von seiner Patientin, bevor er zu Ludger Mauser ging.
»Ein wirklich attraktiver Mann«, raunte Eva Sophia zu, als sie dem groß gewachsenen jungen Arzt nachschaute, der eine weiße Jeans und ein weißes Poloshirt trug.
»Ich weiß«, antwortete Sophia lächelnd.
Glücklicherweise ist er nicht der einzige attraktive Mann, den wir kennen, dachte Lydia und nahm das nächste Telefongespräch entgegen.
»Alles im grünen Bereich«, stellte Danny fest, nachdem er sich Ludgers EKG angesehen hatte.
»Vielen Dank, Herr Doktor, ich lasse Sie wissen, ob ich meinen Rekord brechen konnte«, sagte Ludger.
»Ich