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Familie Dr. Norden Classic 37 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Familie Dr. Norden Classic 37 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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für die aparte Liane Horten gaben. Sie war

      fünfundvierzig, sah aber bedeutend jünger aus, obgleich sie es nicht darauf anlegte. Immer mit dezenter Eleganz gekleidet, wirkte sie allein durch ihre Ausstrahlung. Sie war seit fünf Jahren Witwe, aber sie haderte nicht mit ihrem Schicksal. Zweiundzwanzig war sie gewesen, als sie den zwanzig Jahre älteren Edmund Horten geheiratet hatte und hatte damit rechnen müssen, ihn zu überleben. Es war aber doch schmerzlich für sie gewesen, daß er schon mit sechzig Jahren starb. Sie widmete ihr Leben der Kunst und der Wohltätigkeit für andere, denen es nicht so gutging wie ihr.

      Sie bereute es nicht, der Bitte ihres Bruders gefolgt zu sein, denn Lennart war ein Mensch, dessen Charakter ihrem eigenen Wesen entsprach. Sie hatte mütterliche Gefühle für ihn, obgleich sie wahrscheinlich nur fünfzehn Jahre älter war als er. Sie studierte ihn, ohne ihn als Studienobjekt zu betrachten, wie es ihr Bruder anfangs getan hatte. Sie spürte gleich, wie sehr er darunter litt, seine Identität nicht wiederfinden zu können. Sie wollte ihm so gerne helfen, aber auch ihr war es ein Rätsel, wie sie es anfangen könnte.

      Er war sehr zurückhaltend und immer bemüht, ihr tägliches Leben in keiner Weise zu stören. Sie respektierten sich gegenseitig, aber es war immer etwas Besonderes für ihn, wenn sie ihn in ein Gespräch zog, so wie an diesem Vormittag, als sie ihn nach seinem Besuch bei Dr. Norden fragte.

      »Wie sind Sie mit ihm verblieben, Lennart?« fragte sie.

      »Er hat heute nachmittag mehr Zeit für mich. Ich denke, daß es ein gutes Gespräch wird.«

      »Er ist ein ausgezeichneter Arzt und hat eine ganz besonders reizende Frau und Kinderschar. Es ist in der heutigen Zeit sehr selten geworden, eine so intakte Familie zu kennen.«

      »Der Professor hat mir auch von der Insel der Hoffnung erzählt. Waren Sie schon einmal dort?«

      »Ja, vor einigen Jahren mit meinem Mann. Leider war er schon zu krank, als daß ihm geholfen werden konnte, aber er hat dort seinen inneren Frieden gefunden.«

      »Wußte er, daß er nicht mehr gesund werden wird?« fragte Lennart stockend.

      »Er hat es wohl geahnt, aber er wollte gern leben. Da befindet man sich wohl in einem Zwiespalt.«

      Lennart blickte zu Boden. »Ich war anscheinend schon tot, als sich der Professor mit mir befaßte. Ich habe nichts empfunden, nicht den geringsten Schmerz. Es ist eigenartig, darüber nachzudenken, sich immer wieder zu fragen, wer war ich eigentlich? Und dann Angst zu haben, daß man etwas Schlimmes getan haben könnte.«

      »Sie haben nichts Schlimmes getan«, sagte Liana mit fester Stimme.

      »Es wäre schön, wenn es sich beweisen ließe.«

      »Es muß doch wenigstens einen Menschen geben, der Sie vermißt«, sagte Liane nach ein paar Sekunden gedankenverloren.

      »Jedenfalls nicht in Südafrika, denn da hat der Professor alles versucht, jemanden zu finden, und wo sollte man sonst suchen, wenn man nicht den kleinsten Hinweis hat.«

      »Waren Sie gar nicht bekleidet?«

      »Nur mit einem früher mal weißen zerfetzten Short.«

      »Und Thilo hat vermutet, daß Sie ins Wasser geworfen wurden von einer Yacht oder einem Segelboot.«

      »Aber dafür gibt es auch keinen Beweis. Irgendwie war es wohl ein Wunder, daß ich an diesem einsamen Strand gefunden wurde. Ich frage mich oft, warum ich überlebt habe.«

      »Weil Ihnen anscheinend noch eine Aufgabe zugedacht ist. Ihre Lebensuhr war nicht abgelaufen, was ein Beweis ist, daß unser aller Leben von einer höheren Macht bestimmt wird.«

      *

      Esther Tomaso hatte Dr. Norden sehr aufmerksam zugehört, was er ihr anhand der Röntgenaufnahmen erklärte. Manchmal hatte sie genickt, aber nichts gesagt.

      »Können Sie bestätigen, was ich Ihnen erklärt habe, Frau Tomaso?« fragte er.

      »Gewiß hatte ich mehrmals solche Verletzungen, aber so ernst habe ich das nicht genommen. Sagen Sie jetzt aber ja nicht, daß ich nicht mehr spielen darf.«

      »Verbieten kann ich es Ihnen nicht, aber Sie können niemand einen Vorwurf machen, wenn Ihre Beschwerden immer schlimmer werden. Und je mehr Schmerztabletten Sie schlucken, desto mehr wird es Ihr Magen und schließlich auch die Leber spüren. Ich muß Ihnen das zur Warnung sagen.«

      »Aber organisch bin ich doch gesund, das haben Sie auch gesagt.«

      »Bisher noch, aber in ein paar Jahren sieht es anders aus, wenn Sie so weitermachen. Dann wird auch das Herz protestieren.«

      »Tennis ist mein Leben, ich habe nichts anderes«, sagte sie heiser.

      »Vielleicht haben Sie nichts anderes, weil Sie Tennis zu Ihrem Leben gemacht haben. Hatten Sie nicht voriges Jahr einen Partner, mit dem Sie öfter gesehen wurden?«

      »Er war Ingenieur, und seine Stellung war ihm wichtig. Er konnte mich nicht begleiten, und andererseits gefiel es ihm nicht, daß ich ständig unterwegs war. Er hat inzwischen eine andere.« Sie verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln.

      »Wollen Sie riskieren, daß es Ihnen öfter so geht?«

      Sie lachte auf. »Ich brauche keinen Mann, ich kann für mich selber sorgen.«

      »Und wenn Sie dann tatsächlich nicht mehr spielen können, was würden Sie dann machen?«

      Ihre Lider senkten sich. »Daran denke ich noch lange nicht.« Das klang trotzig. Er ersparte sich eine weitere Warnung.

      »Dann sollten Sie wenigstens zu einem guten Physiologen gehen, der Ihre Schwachpunkte richtig behandelt. Wenigstens das sollten Sie ernst nehmen.«

      »Nennen Sie mir einen, ich werde folgsam sein.«

      »Karlheinz Hess, Hochwaldstraße. Die Telefonnummer sucht Ihnen Wendy heraus.«

      »Ist das Ihr letztes Wort, Dr. Norden?« fragte sie.

      »Mein allerletztes. Wenn Sie sich nicht helfen lassen wollen, gebe ich es auf. Ich weiß nicht, wie Sie mit Niederlagen zurechtkommen.«

      »Nun malen Sie mal nicht gleich ganz schwarz.« Aber ganz sicher klang ihre Stimme nicht mehr, und er sah, wie sie plötzlich schmerzhaft zusammenzuckte und jäh nach ihrem Arm faßte. Er sagte nicht, daß er es bemerkt hatte.

      »Dann werde ich mal sehen, was der Herr Hess ausrichten kann. Schreiben Sie ihm auf, worum es geht.«

      *

      »Sie gehört wohl zu den Unbelehrbaren«, meinte Wendy, als Esther gegangen war.

      »Sie muß noch lernen, mit Niederlagen fertig zu werden, es wird nicht mehr lange dauern«, meinte Daniel Norden. »Heute nachmittag können Sie bummeln gehen, Wendy. Ich habe einen Termin mit Eicken verabredet.«

      »Dem würden wir wohl gar zu gern helfen«, sagte sie, »aber was können wir da tun?«

      »Haben Sie keine Idee, Wendy?«

      »Wie wäre es mit einem Hellseher oder Chiromanten?«

      »Glauben Sie, daß man aus den Handlinien wirklich etwas sehen kann?«

      »Aber gewiß. Es gibt schon Leute, die etwas davon verstehen. Sprechen Sie mal mit Anouk, die kommt von einem anderen Stern.«

      »Machen Sie nicht solche Scherze. Sie ist eine sehr gute Psychotherapeutin.«

      »Das bestreite ich gar nicht, aber mir kommt sie vor wie ein höheres Wesen, allein wie sie einen anschaut, als könne sie das Innerste ergründen.«

      Darin mußte er Wendy allerdings recht geben. Als er Anouk Maurus kennengelernt hatte, hatte er auch gedacht, daß sie etwas ganz Besonderes sei, als könne sie in die Menschen hineinschauen und ihre Gedanken erraten. Als das Telefon läutete und Anouk sich meldete, wunderte es ihn gar nicht. Sie fragte, ob er heute noch Zeit für sie hätte.

      »Wenn Sie vierzehn Uhr dreißig


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