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Der kleine Fürst Classic 39 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Classic 39 – Adelsroman - Viola Maybach


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gut. Es ist nicht seine Schuld, dass wir in diese Lage geraten sind. Du weißt ja, sein jüngerer Bruder war schon immer ziemlich leichtsinnig, mein Onkel Bernd. Der hat uns das eingebrockt. Aber …«

      Sie brach ab und nahm ihren Gedanken erst nach einer Weile wieder auf. »Jedenfalls fühle ich mich verpflichtet, ihnen zu helfen – aber DAS …« Sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich einfach nicht, und das habe ich ihnen auch schon gesagt.«

      Moritz hörte Schritte und drehte sich um. Er zog scharf die Luft ein, denn der Mann, der sich ihnen näherte, war ausgerechnet derjenige, um den sich ihr Gespräch drehte: Fürst Ludwig von Greifenstein. Moritz hatte ihn lange nicht gesehen, aber anders als Stephanie kannte er ihn durchaus. Der Fürst war ein Mann von beeindruckendem Äußeren, das hatte Moritz schon immer gefunden: Sehr groß war er, mit dunklen Haaren und fast schwarzen Augen. Die Züge scharf geschnitten, mit einer klassisch geraden Nase und einem großen Mund, der offenbar lange nicht mehr gelächelt hatte. Sein Gesicht war verschlossen, man hätte unmöglich sagen können, was er gerade dachte. Zwischen Mund und Nase, sah Moritz, hatten sich zwei Falten eingegraben – und schimmerten an den Schläfen nicht sogar bereits die ersten grauen Haare durch? Dabei war Fürst Ludwig erst Anfang Dreißig …

      Stephanie hatte sich umgedreht, da Moritz stumm geblieben war nach ihren letzten Ausführungen, und auch sie zog jetzt hörbar die Luft ein.

      »Ich möchte mich von Ihnen verabschieden«, sagte Ludwig von Greifenstein ohne jedes Lächeln. »Eine wirklich bemerkenswerte Ausstellung, Moritz.«

      »Freut mich, dass sie Ihnen gefallen hat.« Moritz vermied die direkte Anrede. Ludwig war nur wenig älter als er selbst, doch wäre es ihm nicht in den Sinn gekommen, ihn als Gleichaltrigen anzusehen und zu behandeln. Der junge Fürst hielt jeden auf Distanz.

      »Prinzessin, es ist schön, dass wir einander kennengelernt haben.« Mit diesen Worten wandte sich Ludwig an Stephanie. »Auf Wiedersehen, Ihre Eltern haben mir einen baldigen Besuch zugesagt, ich hoffe, dass ich dann auch Sie bei mir begrüßen darf.«

      Auch jetzt lächelte er nicht, doch Moritz glaubte festzustellen, dass seine Stimme anders klang als zuvor, wärmer – aber vermutlich bildete er sich das nur ein.

      Stephanies Gesicht wirkte wie eingefroren, und so klang auch ihre Stimme. »Ich glaube kaum, dass ich in den nächsten Wochen Zeit für Besuche haben werde. Leben Sie wohl.«

      Das war hart an der Grenze zur Unhöflichkeit – nein, eigentlich war es unhöflich, dachte Moritz, doch der junge Fürst ließ sich nicht anmerken, wie er Stephanies Reaktion auffasste. Er deutete eine Verbeugung an, drehte sich um und verließ mit gemessenen Schritten den Saal.

      »Jetzt weiß er zumindest Bescheid«, murmelte Moritz.

      »Hoffentlich!«, lautete Stephanies Erwiderung. Sie hatte sich erneut umgedreht und blickte starr in den Schlossgarten hinunter.

      *

      Einen Tag nach dem Besuch von Schloss Anschau saß Fürst Ansgar von Zehlendorf mit grauem Gesicht am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer. Er hatte in der Nacht kaum geschlafen.

      Seine Frau, Fürstin Beatrix, kam herein und stellte ein Glas mit einer milchigen Flüssigkeit auf die Schreibtischplatte. »Trink das, Ans­gar«, bat sie. »Du siehst so elend aus.«

      »Wie soll ich auch sonst aussehen?«, murmelte er. »Du hast doch selbst gesehen, wie Steffie auf den Fürsten reagiert hat. Ein Wunder, dass sie ihm nicht direkt ins Gesicht gesprungen ist. Und ich verstehe sie ja, sie muss denken, dass uns unsere Geschäfte wichtiger sind als das Glück unserer Tochter. Wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass sie mit Ludwig glücklich werden könnte …« Er brach ab, ergriff das Glas und stürzte seinen Inhalt in einem Zug hinunter.

      Beatrix nahm auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz. »Sie ist zornig, das stimmt, aber du kennst sie, sie hat ein aufbrausendes Temperament. Vielleicht, wenn wir noch einmal in aller Ruhe mit ihr reden …«

      Ihr Mann unterbrach sie. »Zwecklos, glaub mir. Sie hasst den Fürsten. Das hat sie nicht nur gesagt, man hat es ihr auch angemerkt.«

      »Sie kann ihn nicht hassen«, widersprach Beatrix, »weil sie ihn gar nicht kennt. Sie glaubt vielleicht, dass sie ihn hasst, weil sie unsere Überlegungen kennt und ihr diese Überlegungen nicht gefallen. Aber was Ludwig für ein Mensch ist, davon hat sie keine Ahnung.«

      »Und was nützt uns das?«, murmelte Fürst Ansgar. »Nichts, Bea. Wir sind ruiniert, und damit hat auch Steffie von der Zukunft nichts Gutes zu erwarten. Verarmte Prinzessinnen gibt es genug, um die reißt sich niemand, denn meis­tens sind sie nicht nur verarmt, sondern auch noch verschuldet – und genauso wird es bei Steffie ja auch sein.« Schwer stützte er den Kopf in beide Hände. »Wie konnte es nur so weit kommen, Bea? Wie konnte Bernd uns derart ins Unglück stürzen? Niemals hätte ich das für möglich gehalten.«

      Er unterbrach sich, sein Blick schweifte in weite Ferne, bevor er hinzusetzte: »Und jetzt ist er weg. Hat sich seiner Verantwortung entzogen und ist abgetaucht. Wenn mir das jemand vorhergesagt hätte, damals, als ich ihn zum Teilhaber unseres Unternehmens gemacht habe …«

      »Quäl dich nicht mehr damit, es ist geschehen und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Du hast deinem Bruder vertraut, Ans­gar, das kannst du dir doch nicht für immer vorwerfen.«

      »Ich werfe es mir aber vor, schließlich war es eine falsche Entscheidung, und damit habe ich den Ruin unserer Familie besiegelt.«

      Beatrix stand auf. »Ich glaube noch nicht, dass wir alle Hoffnung aufgeben müssen«, sagte sie. »Auf jeden Fall werde ich noch einmal mit Steffie reden. Sie kennt Ludwig ja nicht wie wir …«

      »Wir haben es falsch angefangen«, murmelte Ansgar. »Wir hätten zuerst mit ihr reden sollen und nicht mit ihm.«

      »Und vielleicht darauf hoffen, dass sie sich in ihn verliebt?«, fragte Beatrix. »Und wenn das nicht passiert wäre, was dann? Oder wenn er nicht gewollt hätte? Du musstest dich zuerst an ihn wenden, anders war es doch gar nicht möglich.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin davon ausgegangen, dass wir mit unserer Tochter in dieser schwierigen Situation ein offenes Wort reden können, Ansgar. Sie ist kein Kind mehr, sie weiß, was auf dem Spiel steht.«

      »Aber jetzt denkt sie, wir wollten sie verkaufen, und etwas Wahres ist ja dran, Bea, oder?«

      Seine Frau presste die Lippen zusammen und weigerte sich, ihm zuzustimmen. Ohne ein weiteres Wort verließ sie das Zimmer.

      *

      »Wir haben eine E-Mail aus Paris bekommen«, verkündete Baronin Sofia von Kant beim Frühstück auf Schloss Sternberg. »Ich habe sie ausgedruckt, um sie euch vorzulesen.«

      »Von wem denn?«, wollte ihre Tochter, die dreizehnjährige Anna, wissen.

      »Von Lucie von Rethmann«, erklärte die Baronin.

      »Kenn ich nicht«, murmelte Anna.

      Ihr zwei Jahre älterer Cousin Prinz Christian von Sternberg zog nachdenklich die Stirn in Falten. »Ist sie nicht die Cousine von Ludwig von Greifenstein?«, fragte er.

      Sofia lächelte ihm zu und nickte. »So ist es, Chris. Es wundert mich aber nicht, dass du dich nicht an sie erinnern kannst, Anna. Du warst höchstens sieben oder acht, als sie zum letzten Mal hier war. Also, hier ist, was sie schreibt: Liebe Sofia, stell Dir vor, ich bin schon seit zwei Wochen in Europa, hier in

      Paris, wo einige Verwandte wohnen. Meine Reise wird mich in

      den nächsten Tagen auch nach Deutschland führen. Mir scheint, Ludwig muss ein bisschen aufgeheitert werden und da er sich weigert, mich auf meiner Insel im Indischen Ozean zu besuchen, muss ich mich also auf den Weg zu ihm machen. Natürlich möchte ich Euch gern wiedersehen. Deine Kinder werden sich nicht einmal an mich erinnern können, so lange liegt mein letzter Besuch auf Sternberg schon zurück. Lass uns telefonieren, wenn ich bei Ludwig bin, ja? Liebe Grüße, Lucie.

      Die Baronin legte das Blatt beiseite und griff nach einem Brötchen. »Ich hoffe, wir sehen uns tatsächlich. Und ich finde es gut, dass


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