Sophienlust 310 – Familienroman. Bettina ClausenЧитать онлайн книгу.
gehört das Tierheim.«
»Und sie hat so viele Tiere?«, fragte Doris. »Was machen die alle?«
Heidi überlegte: »Herumlaufen und fressen und spielen, in der Nacht schlafen sie.«
Doris versuchte sich das vorzustellen. »Und ihr könnt die Tiere besuchen, sooft ihr wollt?«
Heidi nickte.
»Und sie füttern? Genau wie im Zoo?«
»Sie lassen sich sogar streicheln, weil sie nämlich ganz zahm sind und lieb.«
»Alle?«
»Alle«, bestätigte Heidi.
Doris schob ihren Daumen in den Mund. Das tat sie immer, wenn sie angestrengt nachdachte. Sie wollte den Vater bitten, mit ihr nach Sophienlust zu fahren. Vielleicht durfte sie sogar dort bleiben, wenn der Vati wieder wegfuhr.
*
»Vati«, fragte Doris vier Stunden später, »musst du wieder auf dein Schiff?«
»Ja, aber das ist doch erst in drei Wochen. Bis dahin haben wir noch viel Zeit.«
Doris begann am Daumen zu lutschen.
»Worüber denkst du nach, Kleines?« Eric strich seinem Töchterchen über das kurz geschnittene rötlich braune Haar.
Doris nahm den Daumen aus dem Mund. »Überlegt habe ich, wo ich dann bleiben soll.«
Eric wurde ernst. »Das überlege ich schon die ganze Zeit.«
Da außer Eric kein Besuch im Zimmer war, hatten die anderen drei Mädchen das Gespräch mit angehört. »Warum bringen Sie Doris nicht zu uns?«, fragte Heidi.
»In das Heim?«, fragte Eric.
Heidi nickte. »Doris würde gern nach Sophienlust kommen. Nicht wahr, Doris?«
»Ja«, rief Doris spontan.
Ihr Vater konnte sich nicht genug wundern. »Du willst freiwillig in ein Heim gehen, Doris?«
»Sie brauchen gar nicht so zu tun«, nuschelte Heidi beleidigt. »In Sophienlust ist es schön. Dorthin kommen alle gern.«
»Sophienlust«, überlegte Eric laut. »Ein seltsamer Name. Hat es eine bestimmte Bewandtnis damit?«
»Was?« Verständnislos schaute Heidi ihn an.
Eric drückte sich verständlicher aus. »Woher kommt der Name?«
»Das weiß ich doch nicht«, sagte Heidi. »Da müssen Sie Nick fragen.«
»Aha. Lebt Nick auch in dem Heim?«
Heidi nickte. »Es gehört ihm sogar.«
»Ach so, Nick ist ein Erwachsener.«
»Nein doch«, widersprach Heidi ihm. Dass Väter aber auch gar nichts verstanden! »Nick ist mein Freund.«
Damit konnte Eric allerdings genauso wenig anfangen. »Er ist also noch nicht erwachsen?«
»Nein«, mischte sich Ingrid in das Gespräch ein, da sie Nick schon ein paarmal gesehen hatte. »Er ist so ungefähr fünfzehn oder sechzehn. Die anderen Kinder sind alle jünger. Aber nett und lustig sind sie alle.«
»Da kommen sie«, schrie Heidi. Sie sprang auf und stellte sich im Bett auf.
»Wirst du dich wohl sofort hinsetzen«, befahl Schwester Regine, die das Zimmer als Erste betrat.
»Man sieht, dass sie schon wieder gesund ist«, sagte Nick. Ihm folgten Pünktchen, Henrik und Angelika.
Sie begrüßten zuerst Heidi und die anderen Mädchen, dann auch Eric.
»Das ist Doris’ Vati«, sagte Heidi. »Und das hier ist Nick«, fuhr sie fort und setzte ihren Zeigefinger auf Nicks Brust.
Nick kam um das Bett herum und reichte Eric die Hand. »Wir haben uns mit Doris angefreundet«, sagte er.
Eric begrüßte auch die Kinderschwester und stellte sich vor. Währenddessen flüsterte Heidi mit Nick.
Der schaute von Doris zu deren Vater.
Die Tür ging auf, und eine Krankenschwester steckte den Kopf herein. »Herr Peters?«
»Ja?« Eric schaute auf.
»Haben Sie einen Moment Zeit? Frau Dr. Schöne möchte Sie gern einen Augenblick sprechen.«
»Ich komme.«
Kaum war Eric draußen, da hörte Heidi auf zu flüstern.
»Noch mal von vorn«, verlangte Nick. »Ich habe kein Wort verstanden.«
»Doris möchte gern nach Sophienlust«, platzte Heidi heraus.
Alle schauten Doris an, die verlegen wurde.
»Nun starrt sie doch nicht alle an«, sagte Nick.
Die Kinderschwester setzte sich auf Doris’ Bett. »Wohnst du denn nicht bei deinen Eltern, Doris?«
»Doch«, sagte Doris schüchtern.
»Und trotzdem willst du nach Sophienlust?«
»Doris’ Mutti ist doch nicht mehr zu Hause«, mischte sich Heidi in das Gespräch ein. Nicks warnenden Blick übersah sie.
»Wo ist deine Mutti?«, fragte Schwester Regine freundlich.
»Weggegangen.«
»Komm sie nicht wieder?«
Ein stummes Kopfschütteln. Dann sagte Doris leise: »Sie ist doch in Amerika.«
»Mit einem anderen Mann«, platzte Heidi heraus.
»Und dein Vati?«, fragte Schwester Regine. »Will er dich nicht behalten?«
»Doch. Aber er muss doch wieder auf sein Schiff.« Unsicher wanderte Doris’ Blick von Schwester Regine zu den Kindern. »Nehmt ihr mich mit?«
Gerührt zog die Kinderschwester die Kleine an sich. »Ich werde einmal mit deinem Vati sprechen.«
Doris nickte, und Schwester Regine ging hinaus, um Eric Peters auf dem Flur abzufangen.
Pünktchen, die auf Heidis Bett saß, fragte leise:
»Ist ihre Mutti wirklich weggelaufen?«
Heidi nickte. »Glaubst du, Doris darf zu uns kommen?«
Pünktchen zuckte mit den Schultern. »Platz hätten wir ja noch, nicht wahr, Nick?«
»Ja, ich werde mit Mutti reden.«
»Wer ist denn das nun wieder?«, mischte sich Ingrid in das Gespräch ein. »Ich denke, bei euch hat niemand mehr Eltern?«
»Nick schon«, sagte Pünktchen. »Aber er wohnt ja eigentlich auch nicht in Sophienlust.«
Nick sah Ingrids verständnislosen Blick und erklärte: »Ich wohne mit meinen Eltern und meinem Halbbruder, dem da«, sein Blick deutete auf Henrik, »ein paar Kilometer von Sophienlust entfernt auf Gut Schoeneich.«
»Aber meistens sind wir in Sophienlust«, rief Henrik dazwischen. Er wollte auch etwas sagen.
»Gehört das Heim wirklich dir?«, fragte Ingrid.
»Ich habe es geerbt«, erzählte Nick. »Von meiner Urgroßmutter. Weil sie Sophie hieß, heißt das Heim Sophienlust.«
Henrik konnte nicht widerstehen, er musste sich nun wieder einmischen: »Aber zu sagen hat Nick natürlich nichts. Was gemacht wird, bestimmt unsere Mutti.«
Nick drehte sich zu ihm um. »Musst du dich dauernd einmischen?«
*
Auf dem Korridor unterhielt sich Schwester Regine währenddessen mit Eric Peters.
Er schilderte ihr seine Situation. »Drei Wochen habe ich jetzt Urlaub und kann mich um Doris kümmern. Aber danach