Butler Parker 176 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Mit der blitzschnellen Reaktion eines Kendo-Kämpfers setzte er die beiden Männer dann außer Gefecht.
Die beiden Männer, die Ranger-Messer gezückt hatten, machten es sich nach dieser kurzen, aber ungemein intensiven Behandlung auf dem Straßenbelag bequem und nahmen am weiteren Geschehen nicht mehr teil.
Der ehemalige Träger der Maschinenpistole hatte inzwischen einen Kardinalfehler begangen. Als Parker sich abgewandt hatte, war es ihm in den Sinn gekommen, Mylady zu attackieren. Dabei hatte er den perlenbestickten Pompadour der älteren Dame übersehen. Dieser kokette Handbeutel war inzwischen auf seiner Nase gelandet und hatte sie in abenteuerliche Schräglage gebracht.
Myladys sogenannter Glücksbringer hatte wieder mal voll seine Wirkung gezeigt. Das echte Pferdehufeisen nämlich, das sich im Pompadour befand, hatte Myladys Energie sofort an das Riechorgan des Leichtsinnigen weitergereicht.
»Wir fahren sofort zurück, Mr. Parker«, entschied Lady Agatha animiert, »Ich hoffe, Sie widersprechen nicht.«
»Meine Wenigkeit würde sich dies nie gestatten, Mylady«, gab Josuah Parker würdevoll zurück, »Oberst Randolph Bingham scheint in der Tat ein bemerkenswerter Mann zu sein, wie die bisherigen Tatsachen lehren.«
*
»Man dürfte die Zeit hier eingefroren haben«, sagte Parker eine halbe Stunde später und bremste sein hochbeiniges Monstrum. Im Licht der Scheinwerfer waren links und rechts von einem großen Parktor Sandsack-Barrikaden auszumachen, die mit Wellblech überdacht waren. Stacheldrahtrollen sicherten die Sandsack-Wälle gegen ein zu einfaches Übersteigen.
»Das paßt zu diesem verrückten Oberst«, kommentierte die Detektivin dieses militärische Bild, »können Sie Wachen entdecken, Mr. Parker?«
»Erstaunlicherweise nicht, Mylady«, lautete Parkers Antwort, »falls Mylady einverstanden sind, könnte man noch näher heranfahren und die sprichwörtliche Probe aufs Exempel machen.«
»Ob der Oberst schon zu Hause ist?«
»Möglicherweise wartet Oberst Bingham noch im Pub auf die Anlieferung Myladys und meiner bescheidenen Person.« Während Parker sprach, hatte er seinen Privatwagen wieder in Bewegung gesetzt und fuhr langsam näher an das Parktor heran. Wachposten waren noch immer nicht auszumachen. Bingham-Castle machte einen geräumten Eindruck.
Von den drei Männern hatte der Butler sich die Lage von Bingham-Castle genau beschreiben lassen. Die Männer, die zum Bingham-Kommando gehörten, lagen zur Zeit neben ihrem Jeep auf freiem Feld und waren nicht in der Lage, in das Geschehen einzugreifen. Der Butler hatte sich kurz mit seinem Entspannungs-Spray behandelt und konnte sicher sein, daß sie noch eine weitere halbe Stunde schlafen würden.
»Warum halten Sie?« wollte die ältere Dame wissen, »fahren Sie durch bis zum Castle, Mr. Parker. Ich betrachte mich als eingeladen. Immerhin will dieser Oberst sich ja mit mir unterhalten.«
Parker deutete zustimmendes Kopfnicken an und ließ das hochbeinige Monstrum erneut anrollen. Er hatte das Licht abgeblendet und blieb in der Mitte der asphaltierten Zufahrt. Gegen den nächtlichen Himmel waren neben einem kleinen Waldstück die Umrisse von Bingham-Castle bereits auszumachen. Neben einem untersetzten, massiven Turm stand das eigentliche Wohnhaus, das sich durch eine Vielzahl von Essen und Türmchen auszeichnete. Licht war im Haus nicht auszumachen.
Dann tauchten zwei kleine Betonbunker links und rechts von der Zufahrt auf. Sie waren von Laufgräben umgeben und mit Stacheldrahtrollen abgesichert. Parker passierte auch diese Sperre und hatte bald darauf den Vorplatz des Wohnhauses erreicht.
Efeu rankte an den Mauern hoch bis zum Dach. Die unteren Fensterreihen waren gesichert, als hätte man jeden Augenblick mit Bombensplittern zu rechnen. Bis auf kleine Sichtquadrate waren Sandsäcke hochgestapelt. Sie füllten die Fensterhöhlen und schufen ein Bild wie aus den Tagen des Zweites Weltkrieges.
»Das ist ja wie ein Alptraum«, meinte Agatha Simpson kopfschüttelnd, »habe ich es mit einem Psychopathen zu tun, Mr. Parker?«
»Diese Möglichkeit sollte man keineswegs ausschließen, Mylady«, antwortete ihr Butler, »erstaunlich ist die Tatsache, daß dieser Alptraum nicht bewacht wird. Dies muß bestimmte Gründe haben.«
Parker passierte das Wohnhaus und kurvte dann auf eine Remise zu. Hier schaltete er die Scheinwerfer auf volle Lichtstärke und war beeindruckt. Unter dem Dach der Remise standen Armeefahrzeuge aller Art, Lastwagen, Jeeps und sogar einige kleine Kettenfahrzeuge.
»Sehr leichtsinnig«, meinte die Lady, »wo sind denn die Wachen, Mr. Parker? Wie paßt das alles zusammen?«
»Wahrscheinlich nutzt man die Abwesenheit des Oberst Bingham, um sich einige schöne Stunden zu machen, Mylady«, gab Josuah Parker zurück, »man sollte vielleicht aussteigen und die allgemeine Lage noch ein wenig näher sondieren.«
»Folgen Sie mir«, erwiderte Agatha Simpson unternehmungslustig, »ich werde diesen Stützpunkt im Handstreich nehmen, Mr. Parker. Sie werden wieder mal eine Menge lernen.«
*
Es waren sechs Männer, die sich in ihrem Mannschaftsraum systematisch betranken.
Sie saßen an einem langen Tisch und kippten Bier und noch härtere Getränke. An den Wänden des fensterlosen Raumes standen Doppelbetten und einfache Stahlspinde. In einem Ständer entdeckte Josuah Parker Gewehre und Maschinenpistolen.
Der Mannschaftsraum war wie ein Bunker hergerichtet. Dazu gehörte auch die schwere Luftschutztür, die spaltbreit geöffnet war. Durch diesen Spalt spähten Parker und Agatha Simpson.
Der Butler hatte diesen Raum ausgemacht.
Er befand sich hinter der Remise in einem früheren Kartoffelkeller, wie leicht zu bestimmen war. Anlagen dieser Art kannte Parker von anderen Landsitzen her.
»In verhörfähigem Zustand dürften die Männer sich kaum befinden, Mylady«, sagte Parker und beobachtete weiter die Kerle, die Kampfanzüge trugen und sich lautstark und munter benahmen.
»Das paßt mir gar nicht«, erwiderte sie leicht gereizt, »ich will endlich wissen, was hier gespielt wird.«
»Vielleicht können Mylady sich dazu entschließen, auf die Rückkehr des Oberst Bingham zu warten«, schlug der Butler vor.
»Genau das wollte ich gerade sagen«, behauptete sie, »sperren Sie die Lümmel ein, Mister Parker! Sie sollen mir später nicht in den Rücken fallen...«
»Man könnte vielleicht für einen intensiven Kollektivschlaf sorgen, Mylady. Er würde keine sichtbaren Spuren hinterlassen.«
»Um Details kümmere ich mich nicht, Mr. Parker, ich lasse Ihnen da völlig freie Hand.«
Parker griff nach seiner Weste und zog einen völlig regulär aussehenden Kugelschreiber hervor, dessen beide Hälften er gegeneinander verdrehte. Anschließend warf er dieses Schreibgerät durch den schmalen Türspalt in den Bunker und nahm zufrieden zur Kenntnis, daß er vorn unter dem langen Tisch landete.
Mehr brauchte der Butler nicht zu wissen. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, was jetzt passierte. Nicht umsonst handelte es sich bei diesem Kugelschreiber um eine persönliche Entwicklung, die auf seinen umfangreichen Kenntnissen auf dem Gebiet der Chemie und Technik basierte. Aus dem Kugelschreiber entwichen farblose Dämpfe, die sich schnell ausbreiteten und das Schlafbedürfnis jener Personen anregte, die mit diesen Dämpfen in Kontakt kamen. Da der Bunker fensterlos war, reichte ein Kugelschreiber bereits völlig.
Parker schloß die Tür und lüftete in Richtung seiner Herrin die schwarze Melone.
»Innerhalb weniger Minuten dürfte dieses kleine Problem gelöst sein«, kündigte er dann an, »Mylady können sich dann im Herrenhaus umsehen.«
»Und wo finde ich endlich ein Subjekt, das ich verhören kann?« wollte sie ungeduldig wissen.
»Möglicherweise im Haupthaus, Mylady. Wenn meine Wenigkeit vorgehen darf?«
Parker wollte sich gerade in Bewegung setzen, als die schwere Stahltür aufgedrückt