Animus. Astrid SchwikardiЧитать онлайн книгу.
müssen uns dringend treffen.“
Er traute seinen Ohren kaum, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Ruckartig richtete er sich auf. „Jetzt gleich?“
„Ja. Wir müssen reden.“
„Worüber?“
„Über den Fall natürlich. Worüber dachtest du denn?“
Enttäuscht verzog er seinen Mund. „Logisch. Wie dumm von mir. Natürlich über den Fall. Worüber sonst?“
Sie lachte, schwieg für einen Augenblick und fragte: „Ist alles in Ordnung bei dir?“
„Sicher. Mal abgesehen davon, dass ich immer noch auf eine Antwort von dir warte …“
„Auf was für eine Antwort?“
Er verdrehte die Augen. „Schon gut. Vergiss es!“
„Etwa die Antwort auf deine Frage nach … Moment, wie hast du ihn noch genannt? Ach ja, einen testosterongesteuerten Föttchesföhler, der aus dem Hals stinkt wie eine Kuh aus dem Arsch.“
„Das hab ich so gesagt?“, fragte er in einem unschuldigen Tonfall.
Sie lachte aus vollem Hals.
„Ja, das hast du. Also wann kommst du?“
„Gib mir eine Stunde.“
„Gut. In einer Stunde in meinem Büro. Ich freu mich.“
Es knackte in der Leitung, und er glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Maja freute sich? Auf ihn? Hatte sie das wirklich gesagt?
Zehn Minuten darauf ging Mark den Korridor des Präsidiums entlang und betrat Stefans Büro, doch er blickte nur auf einen leeren Stuhl und einen ebenso unbesetzten Schreibtisch. Verwundert schaute er den Gang hinunter und entdeckte seinen vollbärtigen Kollegen Peter Eiser, der am Ende des Flurs neben zwei Kollegen stand und augenscheinlich den neusten Büroklatsch mit ihnen austauschte. Unverkennbar steckten sie ihre Köpfe zusammen, tuschelten und sahen kurz darauf geheimnisvoll auf. Sie schienen ihn noch nicht bemerkt zu haben. Erst als er sich bis auf wenige Meter genähert hatte, verstummte ihr Gespräch.
„Mahlzeit Kollegen. Stör ich?“
Was folgte, war eine schauspielerische Darbietung, die jeder Laie als grenzenlose Talentfreiheit enttarnt hätte.
Gespielt erstaunt zog Peter eine Augenbraue hoch und sah ihn mit aufgesetzter Unschuldsmiene an, während die anderen beiden viel zu übertrieben ihre Köpfe schüttelten. „Wie kommst du denn darauf?“
„Wollt ihr mich verarschen? Was ist hier los?“
Peter verzog sein Gesicht und massierte seinen Bart. „Wir haben nur gemutmaßt, ob Dahlmann wieder krank ist. Vielleicht etwas Psychisches oder so.“
„Dahlmann ist krank? Seit wann?“
„Was weiß ich.“
„Wie kommst du darauf? Wer hat denn mit ihm gesprochen?“
„Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass Mallow eben angerufen hat und wissen wollte, wann Dahlmann bei ihm vorbeikäme. Die beiden waren für halb zehn verabredet.“
Mark schaute auf die Uhr und schürzte die Lippen. „Wahrscheinlich war Dahlmann längst bei ihm, und alles ist nur falscher Alarm.“ Er sah die Kollegen mit ernster Miene an. „Mensch Leute, haltet euch gefälligst zurück mit euren Spekulationen. Wenn der Alte davon Wind bekommt, könnt ihr euch an einer Hand abzählen, was ihr zukünftig für Aufgaben erledigen dürft.“
Sie sprachen noch kurz über die unbekannte Tote vom ‚Blackfoot Beach’, bis er sich schließlich zehn Minuten darauf auf den Weg zum Justizzentrum machte.
Schon als er Majas Büro betrat, bemerkte er ihr sorgenvolles Gesicht und sofort war ihm klar, weshalb sie ihn um ein dringendes Gespräch gebeten hatte.
„Schön dich zu sehen. Setz dich“, begrüßte sie ihn. Zwar mit einem Lächeln auf dem Gesicht, doch es wirkte unecht.
Er fühlte eine Schwäche in seinen Beinen, weshalb er dankbar für den Stuhl war, den Maja ihm anbot. Er atmete tief durch, setzte sich und sah sie erwartungsvoll an.
Maja kam direkt zur Sache. „Ich kann Thomas nicht erreichen. Du weißt nicht zufällig, wo er steckt?“
Er schüttelte seinen Kopf. „Nein, leider nicht. Mallow hat auch nach ihm gefragt. Angeblich soll er krank sein.“
Ungläubig sah Maja ihn an. „Krank? Seit wann?“
„Keine Ahnung. Ich kann nur das wiedergeben, was Peter mir eben gesagt hat.“
„Also, weißt du auch nichts.“
Erneut schüttelte er seinen Kopf. „Er wird sich noch melden.“
Maja schwieg und schaute ihn fragend an. „Mark, ich …“
Erwartungsvoll rückte er näher zum Schreibtisch. „Ja?“
„Nichts. Schon gut.“
„Jetzt sag!“
„Offen gestanden: Wenn ich weiterhin nichts von ihm höre …“
„Was ist dann?“
„Mark, das geht so nicht. Ich meine, wir haben eine tote Frau aus dem Fühlinger See geholt …“
„Worauf willst du hinaus?“
„Versteh mich bitte nicht falsch. Ich will mich nicht in deinen Job einmischen, aber du müsstest unverzüglich die Ermittlungen übernehmen. Zumindest so lange bis …“
„Maja, findest du nicht, dass du jetzt etwas übertreibst? Nur weil Dahlmann bisher nichts von sich hören gelassen hat?“
Sie kniff ihre Lippen fest zusammen, was sie grundsätzlich tat, wenn sie sich über etwas ärgerte. „Du sagst es: Er hat bisher nichts von sich hören lassen. Die Tote haben wir aber bereits gestern aus dem See gefischt. Thomas erscheint nicht zur Obduktion, obwohl wir es im Vorfeld so besprochen hatten. Mallow lässt er ebenso im Regen stehen. Findest du das nicht äußerst merkwürdig?“
Augenblicklich dachte er an Stefans Beobachtungen, die er zuvor in Dahlmanns Büro gemacht hatte. Und an das Telefonat, das Stefan zufällig belauscht hatte. „Hast du nach der Obduktion nochmal mit Mallow gesprochen?“
„Vor knapp zehn Minuten“, erwiderte sie in einem nachdrücklichen Tonfall und setzte mit auffallend ruhiger Stimme hinterher: „Da stimmt was nicht. So was kenn ich nicht von ihm. Er würde zumindest anrufen.“
Er biss sich auf seine Unterlippe und überlegte, ob er ihr von Stefans Beobachtungen berichten sollte.
„Mark, uns läuft die Zeit davon“, riss Maja ihn aus seinen Gedanken.
„Du hast ja recht.“
Erleichtert lächelte sie ihn an, länger als sonst. „Gibst du mir Bescheid, sobald du was von ihm gehört hast?“
Damit schien das Thema für sie beendet zu sein. Eine gewisse Enttäuschung machte sich in ihm breit, die er nicht verleugnen konnte. Zu gern hätte er den Abend beim Italiener zur Sprache gebracht, der weit über ein unverfängliches Abendessen hinausgegangen war, doch in Anbetracht der heiklen Situation wäre das mehr als unpassend gewesen. Stattdessen lauschte er Majas Worten, die detailliert schilderte, was der Rechtsmediziner Dr. Karsten Mallow durch die Obduktion herausgefunden hatte. Sogar die Identität der Toten hatte er durch den Abgleich des Zahnstatus eindeutig festgestellt.
„Das Opfer hieß Stefanie Kaltenbach. Sie war gebürtige Kölnerin, siebenundzwanzig Jahre alt und lebte zusammen mit ihrem Verlobten linksrheinisch von Köln. Ihr Hals war stark komprimiert und wies rundliche Blutunterlaufungen auf, die höchstwahrscheinlich vom Druck der Fingernägel stammen. Die kratzartigen Abschürfungen am Hals deuten darauf hin, dass sie wahrscheinlich erwürgt wurde.“
Maja erklärte ihm noch