Allein am Stony Creek / Schutzlos am Red Mountain. Christopher RossЧитать онлайн книгу.
als Josie Beckett ihnen Kaffee brachte und einen Teller mit Keksen dazustellte. Obwohl es keine Milch und keinen Zucker gab, trank Julie einen Schluck, nur aus Verlegenheit.
Trooper Corwin fand langsam in die Spur. »Haben Sie denn eine Ahnung, wer den Husky vergiftet haben könnte? Haben Sie Feinde? Gibt es jemanden, der Ihnen schaden will? Die Eltern einer Schülerin oder eines Schülers vielleicht?« Er lächelte verlegen. »Sie müssen doch sicher auch schlechte Noten verteilen. Könnte es nicht sein, dass ihnen jemand eins auswischen wollte?«
Jetzt lächelte auch Beckett. »Niemals. Bei den ersten Jahrgängen gibt es noch keinen Druck, jedenfalls keinen so starken, dass die Eltern zu drastischen Mitteln greifen müssten.« Sein Lächeln gefror schnell. »Wie ich am Telefon schon sagte, wir kommen aus Valdez, und dort gab es mal einen Hundehasser, der reihenweise Tiere vergiftete. Den Täter hat man geschnappt, aber es könnte doch ein Nachahmer sein …«
»Und warum sollte der mit Ihrem Welpen anfangen?«
»Keine Ahnung. Zufall vielleicht …«
Julie und Carol erhoben sich und blickten Josie Beckett an. »Wenn Sie nichts dagegen haben, würden wir gern einmal mit Ihrer Tochter sprechen.«
»Sie hat sich eingeschlossen«, erwiderte die Mutter des Mädchens. Ihre Augen waren rot vom vielen Weinen. »Max’ Tod hat sie tief getroffen. Der Welpe war ihr Ein und Alles. Glauben Sie denn, Sophie könnte Ihnen helfen?«
»Das wissen wir noch nicht«, sagte Carol. »Aber wir versprechen Ihnen, sehr vorsichtig zu sein. Zwei, drei Fragen … dann gehen wir wieder. Okay?«
Die Mutter nickte nur und klopfte an Sophies Tür. »Sophie … Schatz? Hier sind zwei Frauen, die gerne wegen Max mit dir sprechen würden. Sie kommen aus dem Nationalpark. Erinnerst du dich? Wir waren auch schon mal dort und haben eine Bärin mit zwei Jungen gesehen. Mach bitte die Tür auf, mein Schatz.«
Der Schlüssel drehte sich im Schloss, und das Mädchen öffnete zaghaft die Tür. Auch ihre Augen waren verweint. Ihre blonden Locken leuchteten im Schein der Deckenlampe. »Ihr könnt mir Max auch nicht zurückbringen«, sagte sie. »Max ist tot, hat Daddy gesagt. Er ist jetzt im Hundehimmel.«
Julie ging vor ihr auf die Knie. »Du hattest ihn sehr lieb, nicht wahr?«
»Ganz lieb«, erwiderte sie.
»Gab es denn auch jemanden, der Max nicht leiden konnte? Denk nach, Sophie. Erinnerst du dich an irgendjemanden, der schlecht über Max geredet hat?«
Das Mädchen überlegte lange. »Nein … nur Benji.«
»Benji?«
»Benji sagt, Max hätte große Ohren. Das stimmt gar nicht. Er hatte süße Ohren … die kitzelten an meiner Backe, wenn ich ihn in den Arm genommen habe.« Sie schluchzte ein paarmal. »Weißt du, warum Max sterben musste?«
»Nein, das weiß ich leider auch nicht.« Sie suchte verzweifelt nach etwas Tröstlichem, das sie ihr sagen konnte, und hatte plötzlich eine Idee. »Aber du brauchst nicht zu weinen. Dein Max bekommt sicher einen Ehrenplatz im Hundehimmel. Außerdem kenne ich eine süße kleine Husky-Dame, die hat mir ins Ohr geflüstert, dass sie dich gerne einmal kennenlernen möchte. Sie heißt Jenny.«
»Du kannst mit Hunden sprechen?«
»Manchmal schon. Was meinst du? Soll ich dir Jenny einmal vorstellen?«
Sophie nickte zaghaft. »Das wäre toll. Jenny ist ein schöner Name.«
8
Auch Sophies Eltern und Carol waren von ihrer Idee begeistert, das Mädchen und den jungen Husky zusammenzubringen. Wenn die beiden sich vertrugen, könnte Jenny vielleicht bei den Becketts ein neues Zuhause finden. Sie war erst auffällig geworden, als sie von ungefähr zwanzig erwachsenen Huskys umgeben war, und die Chance, dass sie bei dem Mädchen wieder zu einer braven Zeitgenossin werden würde, standen mehr als gut. Die Charaktere von Hunden waren verschieden, und Jenny schien der Typ zu sein, der lieber allein oder unter gleichaltrigen Artgenossen lebte. Oder bei einem Mädchen wie Sophie.
Der Super war der gleichen Meinung, als sie ihm die Idee später vorschlugen. »Ich habe schon gesehen, dass Sie die beiden getrennt haben. Jenny dem Mädchen zu schenken, ist eine gute Idee. Aber leider wissen wir noch immer nicht, wer den Husky vergiftet hat.«
»Die Becketts haben keine Ahnung, wer es gewesen sein könnte. Ihre Schüler sind zu jung für eine solche Schweinerei, obwohl man heute nie weiß. Ist anscheinend keine persönliche Sache. Ich nehme an, der Husky lief dem Täter zufällig über den Weg. Irgendjemand, der Tiere gern leiden sieht.«
»Das denke ich auch. Die Trooper werden ihn hoffentlich bald finden.«
Zum Mittagessen begnügte sich Julie mit einem Käse-Tomaten-Sandwich und einem Becher kalter Milch. Sie aß im Stehen und meldete sich bei Carol ab, bevor sie zu den Hunden ging. Jenny saß brav in ihrem vergitterten Gehege und hatte es wohl aufgegeben, mit den anderen Hunden zu streiten. Besonders glücklich sah sie nicht aus. Ihre traurigen Augen verrieten Julie, dass sie das Richtige tat und damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlug: Das kleine Mädchen freute sich, und bei ihren Hunden gab es keinen Störenfried mehr.
»Hallo, Jenny«, grüßte sie. »Du wirst es nicht glauben, aber ich habe eine Überraschung für dich.« Jenny hob den Kopf und blickte sie aufmerksam an. »Du ziehst um, Jenny. Ich bringe dich zu einem Mädchen, das sich wahnsinnig freut, eine neue Spielkameradin zu bekommen. Ihr Husky ist … er lebt nicht mehr bei ihr, und sie wäre wahnsinnig glücklich, wenn du dich über dein neues Zuhause freuen würdest. Na, was hältst du davon, Jenny?«
Jenny hatte keine Ahnung, was sie sagte, hörte aber wohl am Tonfall ihrer Stimme, dass Julie es gut mit ihr meinte. Sie stand auf und näherte sich ihr neugierig.
»Du wirst Sophie mögen, Jenny. Na, bist du bereit?«
Der Welpe bellte vergnügt.
Julie fuhr in einem der Geländewagen zu den Becketts. Sie waren überrascht, sie schon so bald zu treffen, und dankbar und gerührt, Jenny in ihren Armen zu sehen. »Sophie«, rief die Mutter, nachdem sie den Welpen eingehend betrachtet hatte. »Die Rangerin ist hier. Sie hat dir jemanden mitgebracht.«
Sophie strahlte wie ein Kind unterm Weihnachtsbaum. »Oooh, ist die süß! Und die darf ich wirklich behalten?« Sie blickte ihre Eltern an, als bräuchte sie ihre Bestätigung, um die gute Nachricht wirklich glauben zu können. Sie nickten und strahlten nur. »Jenny!«, rief sie immer noch ungläubig. »Jenny, komm zu mir! Du wirst es gut haben bei mir, das verspreche ich dir, und niemand wird dir was tun.« Wieder der fragende Blick, diesmal auf Julie. »Jenny darf nichts passieren. Versprichst du mir, dass ihr den bösen Mann, der Hunde vergiftet, einsperrt? Jenny soll es nicht so ergehen wie Max. Sie soll immer bei mir bleiben. Wir wollen viel Spaß haben.«
»Wir tun, was wir können«, antwortete Julie. Mehr konnte sie nicht versprechen. Die Hauptarbeit bei der Fahndung nach dem Hundevergifter würden sowieso die Trooper übernehmen müssen. Die Ranger hatten schon mit dem Wilderer und den alltäglichen Aufgaben im Park genug am Hals. Im Winter waren sie zu schwach besetzt und müssten eigentlich rund um die Uhr schuften, um die ganze Arbeit zu schaffen. Selbst ein Praktikant wie Johnny musste ordentlich mithelfen.
Sie strich dem Mädchen über den Kopf. »Pass gut auf deine neue Freundin auf, versprichst du mir das? So eine kleine Husky-Dame braucht viel Liebe.«
»Ja«, flüsterte Sophie glücklich.
Julie erhob sich und reichte den Becketts die Papiere, die sie von den Besitzern des Huskys bekommen hatte. »Jenny ist genau im richtigen Alter, um sich an eine neue Familie zu gewöhnen«, versicherte sie ihnen. »Es wird natürlich einige Zeit dauern, bis sie sich eingelebt hat. Behalten Sie die Hündin im Auge, wenn Sie mit ihr spazieren gehen. Nehmen Sie sie am besten an die lange Leine. Falls es irgendwelche Probleme gibt, rufen Sie mich an.« Sie gab ihnen eine ihrer Visitenkarten. »Und besuchen Sie uns doch mal mit Ihrer Tochter. Ich gebe Ihnen eine Extratour und nehme Sophie mit dem Schlitten