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Allein am Stony Creek / Schutzlos am Red Mountain. Christopher RossЧитать онлайн книгу.

Allein am Stony Creek / Schutzlos am Red Mountain - Christopher Ross


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ein. Im wirklichen Leben näherte man sich einer Gefahr stets zu zweit, um zur Not eine Rückendeckung zu haben.

      Sie blieb abwartend auf ihrem Snowmobil sitzen und überlegte, ob sie es wagen sollte, allein weiterzufahren, als ein dumpfes Dröhnen die Luft erzittern ließ. Ein Geräusch, das ihr nur zu vertraut war: eine Lawine. Irgendwo hatte sich eine Schneewand gelöst und rauschte ins Tal hinab. Ein verzweifelter Schrei mischte sich in das Tosen. Er kam aus Nordwesten, aus der Richtung, in der sie die flüchtigen Männer vermutete. Sie waren in höchster Gefahr.

      Jetzt brauchte sie nicht länger nachzudenken. Ohne zu zögern, gab sie Gas und trieb die Maschine durch den Tiefschnee auf den Pfad. Schwankend wie ein Ruderboot, das in starken Wellengang geraten war, bewegte sie sich vorwärts, bis sie endlich den vereisten Schnee auf einem ansteigenden Hügelkamm unter das Förderband bekam und ungehindert weiterfahren konnte.

      Die Beine lose herabhängend, um sich sofort abstützen zu können, wenn sich die Maschine zur Seite neigte, kämpfte sie sich den steilen Hügel hinauf. Auf dem vereisten Schnee waren die Spuren nicht mehr ganz so deutlich zu sehen, aber sie waren da, und es gab keinen Zweifel, dass die jungen Männer diesen Weg genommen hatten. Julies Snowmobil geriet ins Schleudern, fiel nach links, doch sie schaffte es mit einer hastigen Gewichtsverlagerung, die Maschine nach rechts zu lenken und weiter über den Hügelkamm zu jagen.

      Das Dröhnen war verstummt, aber wieder zerriss ein Schrei die nächtliche Stille, diesmal näher und noch dringlicher. Wer immer geschrien hatte, konnte keine halbe Meile mehr entfernt sein. Ein verzweifelter Hilfeschrei, daran bestand kein Zweifel, als befände sich jemand in höchster Gefahr. Einer der beiden jungen Männer, wer sonst. Aber wo war der andere?

      Sie versuchte noch mehr Gas zu geben, doch die Maschine fuhr bereits mit Vollgas. Die Lichtkegel des Doppelscheinwerfers zitterten über den Schnee. Sie vermischten sich mit den bunten Schleiern des Nordlichts, das immer noch am Himmel brannte. Es galt, keine Zeit mehr zu verlieren. So schrie nur ein Mensch in absoluter Todesangst, und Julie beschlich das Gefühl, dass es zu spät sein konnte, wenn sie ihn nicht innerhalb der nächsten Sekunden erreichte.

      Sie brachte die Steigung hinter sich und trat vor Schreck auf die Bremse, als sie erkannte, was die Natur in unmittelbarer Nähe angerichtet hatte. Von dem steilen Hang, der sich unterhalb zerklüfteter Felsen entlangzog, hatte sich ein Schneebrett gelöst und war in einer breiten Lawine zu Tal gerauscht. Im trüben Licht des halben Mondes und der Sterne erkannte sie eine aufgewühlte Schneewüste, als hätte sich ein gewaltiger Riese mit einer Schaufel im Schnee zu schaffen gemacht und alles darunter begraben, was ihm im Weg gestanden hatte. Das Nordlicht war erloschen, und nur das Scheinwerferlicht ihres Snowmobils vermischte sich mit dem natürlichen Licht des Himmels. Für einen Augenblick war es so friedlich in dem abgeschiedenen Tal, als wäre noch niemals ein Mensch hier gewesen.

      Doch die Stille täuschte, und als sich Julie von ihrem ersten Schrecken erholt hatte, erkannte sie weit unterhalb des Trails eine dunkle Gestalt, die sich teilweise auf allen vieren durch den Schnee bewegte. Es war einer der jungen Männer, der nun verzweifelt aufschrie, nach vorn fiel und im Schnee grub. Schluchzend kam er wieder auf die Beine und rief etwas, das Julie nicht verstand. Er hatte sie noch nicht gesehen, war anscheinend viel zu benommen, um etwas zu erkennen oder den Motor ihres Snowmobils zu hören.

      Julie ließ den Motor des Snowmobils absaufen und stieg in das Tal hinab. Mit weiten Schritten und alle paar Meter bis zur Hüfte einsinkend stolperte und fiel sie nach unten, begleitet von klebrigem Schnee, der sich immer wieder löste und mit ihr nach unten glitt, bis sie die Gestalt erreichte und beinahe den jungen Mann über den Haufen rannte. Sie blieb schwankend stehen.

      »Andy!«, rief sie überrascht. »Andy Cole!« Der junge Mann aus Cantwell, der erst vor zwei Wochen mit einem Kumpel und Snowmobilen im Park gewesen war und sich mit Shorty angelegt hatte. Er stank nach Alkohol und schluchzte hemmungslos. Mit ausgestrecktem Arm deutete er unentwegt auf die Schneemassen, die sich vor ihm im Mondlicht ausbreiteten. »Er ist dadrin«, rief er weinend, »er liegt unter dem Schnee. Wir … wir müssen ihn da … da rausholen!«

      »Wo, Andy? Wo liegt dein Freund?«

      »Da.« Er deutete nach vorn, stapfte durch den Schnee und fiel der Länge nach hin. Mit dem Schnee im Gesicht war er kaum zu verstehen. »Da vorn!«

      Julie wusste, dass sie nur geringe Chancen hatte, den Freund des jungen Mannes zu finden. Er konnte überall unter dem Schnee liegen, und sie hatte weder eine Schaufel noch einen Suchhund dabei. Mit ihren Huskys hätte es vielleicht noch Hoffnung gegeben. Chuck war ein intelligenter Hund, der es auch verstand, in einem tobenden Blizzard einen verlorenen Trail zu finden. Er hätte den verschütteten Jungen vielleicht gewittert. Ohne ihn bestand kaum eine Chance. Nur wenn Gott einen guten Tag hatte, dachte sie, würde sie an der richtigen Stelle graben und der junge Mann überleben. Vorausgesetzt, er lag in einer Luftblase und war nicht längst erstickt.

      Sie zögerte nicht länger und begann zu graben. Mit beiden Händen schaufelte sie den Schnee zur Seite. Auf Andy brauchte sie nicht zu zählen, er war viel zu betrunken, um ihr helfen zu können. Sie stieß auf keinen Widerstand, lief ein paar Schritte und grub erneut. Ihre Schutzbrille hing ihr um den Hals und schaukelte im Rhythmus mit. Wieder nichts. Eine andere Stelle, ein neuer Versuch. Sie grub, bis ihre Hände klamm vor Kälte waren, obwohl sie dicke Handschuhe trug. Tränen der Verzweiflung rannen über ihr Gesicht.

      Gerade als der Motor eines weiteren Snowmobils über ihr aufheulte, bekam sie die Skier der verschütteten Maschine zu fassen. Der Fahrer konnte nicht weit sein. Sie grub weiter, schaufelte den Schnee mit beiden Händen aus der Senke und blickte überrascht auf, als Carol von oben rief: »Julie! Ich werfe dir einen Spaten runter!« Sie hatte sofort erkannt, dass sie nach einem Verschütteten suchte. Durch Carols gezielten Wurf landete der Spaten etwas abseits von Julie im Schnee. Sie machte sich an die Arbeit und sah nicht, wie Carol einen zweiten Klappspaten aus einer Satteltasche nahm und zu ihr herunterstieg.

      Mit dem Spaten ließ es sich wesentlich leichter arbeiten, und tatsächlich hatten sie und der junge Mann unglaubliches Glück. Schon nach wenigen Minuten stieß sie auf einen Körper, und gemeinsam mit Carol grub sie ihn aus dem Schnee. Als sie das Gesicht des Verschütteten säuberte, hielt sie entsetzt inne. »Josh! Das ist Josh!«

      Carol fühlte den Puls des jungen Mannes und brauchte nicht einmal Mund-zu-Mund-Beatmung, um ihn ins Leben zurückzuholen. Wie sich später herausstellte, hatte er tatsächlich in einer Luftblase gelegen und war ohne bleibende Schäden davongekommen. Auch er war leicht betrunken, zumindest angeheitert, und schien gar nicht so richtig wahrzunehmen, was um ihn herum vor sich ging. »Julie!«, flüsterte er nur. »Verdammt, Julie! Ich hab Scheiße gebaut.«

      »Das haben Sie tatsächlich«, bestätigte Carol, als sie den immer noch benommenen Josh zum Trail hinaufschleppten. Ein hartes Stück Arbeit, wie sich herausstellte, denn Andy machte keine Anstalten, sich aufzuraffen, und blieb wie ein Buddha im Schnee sitzen, bis ihn Julie und Carol holten. Oben angekommen, wickelten sie die beiden in alle Decken, die sie dabeihatten. Zu Julies Überraschung holte Carol ihren Revolver aus der Anoraktasche und schoss einmal in die Luft. »Ein Feuer anzuzünden, würde zu lange dauern«, erklärte die Rangerin grinsend. »Ranger Erhart weiß Bescheid. Ich hab ihn aus dem Bett gejagt, als ich losfuhr. Er kann nicht weit sein.« Sie blickte auf die Jungen, die benommen auf den Snowmobilen saßen und keine Ahnung zu haben schienen, was vor sich ging. »Josh! Ausgerechnet Josh!«

      Julie wollte etwas antworten, wusste aber nicht, was sie sagen sollte, und war froh, dass Ranger Erhart in diesem Augenblick über den Hügelkamm gefahren kam. An seinem Snowmobil hing ein Schlitten. »Sieh an«, sagte er, als er die beiden Jungen erkannte, »die üblichen Verdächtigen. Und dann noch voll wie die Haubitzen. Ich schätze, das wird sie teuer zu stehen kommen.«

      5

      Viel Zeit zum Schlafen blieb Julie nicht mehr. Sie hätte ohnehin kein Auge zugetan, selbst wenn noch die ganze Nacht vor ihr gelegen hätte. Der Schock saß zu tief. Beinahe wäre Josh in einer fürchterlichen Lawine umgekommen und danach mussten sie ihn auch noch wegen seiner idiotischen und verbotenen Fahrt im Nationalpark festnehmen. Sie wälzte sich unruhig


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