Butler Parker Classic 37 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
ich leider noch nicht, Sir. Aber wenn Sie erlauben, werde ich mir darüber einige Gedanken machen.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können, Parker!« Rander lächelte versöhnlich, »aber ich glaube nach wie vor, daß Sie auf dem Holzweg sind. Übrigens, seit wann befindet sich Bradsen denn auf freiem Fuß?«
»Seit etwa 22 Uhr, Sir. Zeit genug, um hierher nach Chikago zu gelangen.«
»Okay, kümmern Sie sich um die Vorkehrungen, ich um meinen Schriftsatz, Parker!«
Josuah Parker deutete eine kleine Verbeugung an und verließ das Arbeitszimmer seines jungen Herrn. An der Tür blieb er noch einmal kurz stehen und sah sich prüfend um.
Das breite, niedrige Fenster des Penthouse ging auf den Michigansee hinaus. Und von dort drohte gewiß keine Gefahr. Das Penthouse befand sich ja immerhin auf dem Dachgarten eines massigen Bürohauses, dessen obere Etage von Mike Rander als Anwaltsbüro eingerichtet worden war.
Unter diesem Büro gab es Dutzende von Firmen. Nachtsüber war der riesige Block so gut wie leer.
Parker schloß leise die Tür hinter sich und betrat die große Wohndiele. Von hier aus zweigten die einzelnen Räume ab. Das Penthouse, praktisch ein sehr geräumiger, einstöckiger Bungalow auf dem Dach des Bürohauses, enthielt zwei getrennte Wohnteile. In dem einen Teil wohnte Mike Rander, im zweiten Teil hatte Parker sich wohnlich eingerichtet. In seinem Trakt befand sich auch seine Bastelstube, wie Mike Rander dieses laborähnlich eingerichtete Arbeitszimmer nannte. In dieser erstklassig eingerichteten Werkstatt befaßte der Butler sich mit seinen mehr als originellen Experimenten, die alle darauf hinausliefen, den Gangstern das Leben besonders schwer zu machen.
Parker holte sich ein starkes Fernglas, das für die Nacht eingerichtet war. Damit bewaffnet trat er hinaus auf den großen Dachgarten und suchte die nähere Umgebung ab.
Tief unter ihm, auf der Lincoln Park Avenue, brandete der Verkehr, der selbst um diese Zeit niemals einschlief. Jenseits der Avenue türmten sich die Hochhäuser der riesigen Stadt auf, die sich gegen den Widerschein der eingeschalteten Reklamen und Beleuchtung wie Schattenrisse abhoben.
Drohte von dort irgendeine Gefahr?
Parker nahm seine Ermittlungen sehr genau.
Er wanderte auf dem Dachgarten umher und versuchte sich in die Gedankenwelt jenes Mr. Steve Bradsen zu versetzen. Er fragte sich, wie er als Bradsen handeln würde. Welche Möglichkeiten boten sich ihm dann, möglichst risikolos zu töten?
Plötzlich blieb der Butler stehen.
Mit bloßem Auge kaum zu erkennen, stand jenseits der breiten Avenue ein schlanker, turmhoher Baukran, dessen Ausleger über einem im Bau befindlichen Parkhochhaus stand.
Parker taxierte die Entfernung. Vom Dachgarten bis hinüber zum Baukran mochten es hundert Meter sein. Das kleine Krähennest, in dem tagsüber der Kranführer saß, befand sich ungefähr auf der Höhe des Dachgartens.
War es möglich, daß Bradsen sich dort etwa eingenistet hatte? Mit einem guten Gewehr war die Distanz zwischen Dachgarten und Kran gut zu überbrücken. Im Grunde war es sogar eine Kleinigkeit, wenn man ein Zielfernrohr benutzte.
Parker nahm das schwere Nachtglas hoch und suchte das Stahlfiligran des schlanken Krans genau ab. Von unten führte eine Steigeleiter hinauf in das Krähennest. Ein schwindelfreier Mensch konnte sich auf dieser Steigeleiter mühelos bewegen.
Parkers Nachtglas suchte das Krähennest besonders eingehend ab. Erleichtert ließ Parker dann das Glas wieder sinken. Die verglaste Kanzel des Krans war leer.
Anschließend wanderte der Butler durch das Penthouse und suchte nach besonders gefährdeten und neuralgischen Punkten. Nach wenigen Minuten hatte er sie gefunden. Vom Kran aus waren die Küche, das Badezimmer, die Wohndiele und der Ankleideraum Mike Randers einzusehen. Da der Butler die Gewohnheiten seines jungen Herrn besonders gut kannte, traf er also seine Vorkehrungen.
Er schraubte sämtliche Glühbirnen in diesen betreffenden Räumen so weit heraus, daß sie beim Betätigen der Schalter nicht mehr aufglühten. Mike Rander pflegte besonders verschwenderisch mit dem Licht umzugehen und hielt kaum etwas von sichthindernden Vorhängen. Bisher war das auch nicht notwendig gewesen, denn die Räume der Dachgartenwohnung konnten normalerweise kaum eingesehen werden.
Nach diesen Sicherheitsvorkehrungen verschwand der Butler in seiner »Bastelstube« und öffnete dort den Waffenschrank, der fast die ganze Länge des Zimmers einnahm. Fein säuberlich aufgereiht, bot sich dem Auge ein Waffenarsenal, um das ihn ein Waffenhändler mit einiger Sicherheit beneidet hätte. Parker entschied sich nach einigem Suchen für einen Remington-Repetierer, Kaliber 22. Er trug diese Kugelbüchse, die selbstverständlich mit einem handlichen Zielfernrohr versehen war, hinüber in die Küche und schob das Fenster hoch. Bei einem eventuellen Zwischenfall wollte er keine Zeit verlieren.
Danach sorgte er dafür, daß dem Mörder auch ein Ziel zur Verfügung stand.
Parker brauchte in seiner erstklassig eingerichteten Werkstatt nicht lange nach den Einzelheiten zu suchen. Er montierte ein leichtes Holzgestell in der Form eines Kreuzes. Darüber zog er einen Kittel. Mittels einiger Putzlappen formte er dann so etwas wie einen Kopf. Dieses ausgeputzte Gestell trug er hinüber in den Baderaum und baute es hart vor dem Fenster auf, dessen Scheibe aus verständlichen Gründen aus Milchglas bestand. Anschließend drehte er eine der Glühbirnen wieder so weit ein, daß sie vom elektrischen Strom erfaßt und erhellt werden konnte.
Nun kam alles darauf an, ob der Mörder das tat, womit der Butler fest rechnete.
Mike Rander kam gähnend aus seinem Arbeitszimmer und steuerte den Baderaum an. Schon nach wenigen Schritten blieb er überrascht stehen.
»Was tun Sie denn hier, Parker?« fragte er. Er sah seinen Butler ratlos an. Josuah Parker stand vor der Tür zum Baderaum und schien so etwas wie Wache zu halten.
»Ich erlaube mir, Sir, auf Sie zu warten.«
»Auf mich? Trauen Sie mir nicht zu, daß ich allein ins Badezimmer komme?«
»Es ist wegen des Lichtes, Sir!«
»Was ist denn damit?«
»Ich habe mir erlaubt, einen Besucher ins Badezimmer einzulassen.«
»Was hat denn der mit dem Licht zu tun, Parker?« Mike Rander schüttelte sanft verweisend den Kopf.
»Dieser Besucher, Sir, wird sich in dem Augenblick gegen die Milchglasscheibe abheben, in dem das Licht eingeschaltet wird.«
»Klar, ist anzunehmen«, sagte Mike Rander, der seinen Butler immer weniger verstand. »Und wo ist die Pointe?«
»Ich hoffe, Sir, daß auf diesen Besucher dann geschossen wird.«
»Von wem denn, zum Henker?« Mike Rander wurde langsam ärgerlich.
»Von Mister Steve Bradsen, Sir!«
»Jetzt geht mir endlich ein Licht auf«, meinte der junge Anwalt und lachte leise. »Sie rechnen ja mit einem Überfall... Machen Sie sich keine unnötigen Hoffnungen, Parker... Diesmal ist die Phantasie mit Ihnen durchgegangen.«
»Darf ich Sie um einen Gefallen bitten, Sir?«
»Lassen Sie erst mal hören, was Sie wollen. Ich lasse mich gerade von Ihnen nicht gern festlegen. Dabei erlebt man zu viele Überraschungen.«
»Könnten Sie nicht das Licht im Baderaum einschalten, Sir, gleichzeitig aber darauf verzichten, das Zimmer weiter zu betreten?«
»Was versprechen Sie sich denn davon, Parker?«
»Ihre Unversehrtheit, Sir! Ich würde es ungemein bedauern, wenn Sie beschossen und sogar getroffen würden. Ich bitte Sie sehr um diesen kleinen Gefallen.«
Mike Rander sah seinen Butler einen Moment lang nachdenklich an, dann nickte er.
»In Ordnung«, meinte er dann, »aber warum tun Sie’s nicht, Parker?«
»Weil ich meinen Posten in der Küche