LustFolter | Erotischer Roman. Sharon YorkЧитать онлайн книгу.
war zwar nicht direkt auf sie gerichtet, jedoch reichte der Glanz im schimmernden Licht aus, um die Autorität im Wagen klar zu ordnen. Schließlich nickte sie zaghaft.
»Gut, sehr gut«, lobte der Fremde. Augenblicklich lösten sich die steinharten Griffe der Männer und der Druck auf ihren Handgelenken ließ nach. Als er die Finger von ihrem Mund nahm, sog sie hastig Luft in ihre Lungen. Der zweite Mann ging sofort nach vorn, startete den Wagen und zog den Sichtschutz zur Fahrerkabine zu. Übrig blieben sie und der Entführer mit der Waffe.
Für einen kurzen Moment ging sie ihre Optionen durch. Noch waren sie in Westchapel. Sollte sie versuchen, aus dem Wagen zu springen? An die Tür klopfen? Um Hilfe rufen?
»Lassen Sie bitte diese Gedankenspiele«, sagte der Mann und setzte sich auf die gegenüberliegende Bank. Dabei drang ihr ein herbes Parfüm in die Nase. »Jeder Versuch zu fliehen, würde Ihre Chancen zu überleben auf ein absolutes Minimum reduzieren.«
Hatte er erkannt, wie sie auf die Schiebetür starrte? Einladend deutete er auf den Sitz vor sich. »Nehmen Sie doch Platz, Miss White. Die Fahrt dürfte etwas länger dauern.«
»Wir haben nicht viel Geld«, schoss es aus Laura mit zittriger Stimme hervor. »Wir haben eine Hypothek bei der Bank, fast all unsere Ersparnisse sind in das Haus gesteckt. Wenn Sie das wollen, dann ...«
Entrüstet hob der Mann eine Hand. »Verzeihen Sie, Miss White, aber ich kann Ihnen versichern, dass es uns nicht um Ihr Erspartes geht. Das ist selbstverständlich Ihr Geld und ich würde niemals wagen, es anzufassen.«
Er war Brite. Zumindest ließen sein Akzent und die Art, wie er sprach, darauf schließen. Sein Ausdruck war makellos, er zog Worte, die er betonen wollte, in die Länge und ließ sich trotzdem Zeit zum Nachdenken. Sie fasste einen Entschluss – so gut es ging wollte sie sich jedes Detail merken. Sollte sie hier lebendig herauskommen, würde sie alles dafür tun, dass diese drei Typen den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbrachten.
»Was wollen Sie dann?«
»Alles zu seiner Zeit.« Die tiefe, melodische Stimme des Mannes übertönte mühelos die Fahrgeräusche. »Sollen wir es uns etwas bequem machen?«
Der Unbekannte steckte den Lauf der Waffe in den Gürtel seiner dunklen Uniform. Sie hatte keine Ahnung, von was er da sprach, doch als er seine Finger an der schwarzen Maske hatte, wusste sie, was nun folgte.
»Nein, bitte«, schrie sie so laut, dass der Mann innehielt. Ihr Blick ging zu Boden. »Das ist wirklich nicht nötig. Ich muss Ihre Gesichter nicht sehen.«
Sie hatte genug Thriller und Dokumentationen gesehen, die im Spätprogramm über die Mattscheibe flimmerten. Immer, wenn die Masken fielen, war das Schicksal des Opfers besiegelt.
»Dazu wird es nicht kommen«, antwortete der Mann. »Machen Sie sich keine Illusionen. Bei unserem speziellen Vorhaben, werden wir sicherlich nicht in ein Land reisen, dass an das Ihrige ausliefert.«
Lauras Blick war immer noch zu Boden gerichtet, als die Maske fiel. Sie wollte sich zwingen, nicht hinzusehen, minutenlang starrte sie ungerührt auf den Boden des Lieferwagens. Der Mann ließ ihr Zeit, bis Lauras Interesse obsiegte. Sie blickte in funkelnd grüne Augen, ein mildes Lächeln umspielte seine Lippen.
Als der Entführer erkannte, dass sie ihn ansah, beugte er sich nach vorn und Laura zuckte zusammen. Zu ihrer Überraschung reichte er ihr die Hand.
»Adam«, sagte er einsilbig, aber freundlich, ja beinahe surreal höflich.
Das hier konnte unmöglich real sein, versuchte sich Laura einzureden. Mehr aus Überforderung, als aus Höflichkeit, schüttelte sie seine Hand. »Laura«, kam es leise über ihre Lippen.
Als der Mann erneut gegenüber Platz nahm, musterte sie ihn genauer. Die dunkelblonden Haare fügten sich hervorragend an das schmale Gesicht des Mannes. Seine braungebrannte Haut verriet, dass er entweder vor kurzem eine lange Reise unternommen hatte, oder dass er viel draußen war. Er war älter als sie, vielleicht sieben oder acht Jahre. Entführer stellte sie sich anders vor. Sie konnte keinen verschlagenen Blick oder psychopathische Züge ausmachen. Dieser Mann saß einfach nur da, die Beine übereinandergeschlagen und sah nach vorn. Er hätte auch Versicherungsvertreter oder Sportagent sein können.
»Es dauert nicht mehr lange«, sagte der Mann schließlich und ließ ein Lächeln aufblitzen. »Dann können wir endlich aus diesem Lieferwagen raus und uns in aller Ruhe unterhalten.«
In ihren Gedanken malte sich Laura aus, was er damit meinte. »Und was passiert danach? Werden Sie mich ...«
Adam hob die Hände. »Natürlich nicht. Das ist nicht der Plan.«Seine Stimme klang ehrlich.
Aber was sollte man schon auf das Wort eines Entführers geben. »Und was ist der Plan?«
Erneut lächelte der Mann und begutachtete seine Fingernägel. »Das, meine Liebe, werden Sie noch früh genug erfahren. Versuchen Sie, sich einfach zu entspannen, wir haben bald unser Ziel erreicht.«
Innerlich kochte Laura. Nach und nach gewann Zorn die Oberhand über ihren Gemütszustand.
»Natürlich«, flüsterte sie gedankenverloren zu sich selbst.
***
Es dämmerte bereits, als sie ihr Ziel erreichten.
»Bitte ziehen Sie das hier an.« In Adams Hand konnte Laura eine schwarze, samtene Augenbinde erkennen. »Nur zur Sicherheit.«
Sie brauchte nur einige Herzschläge, um ihre Optionen durchzugehen. Sie war allein gegen drei Männer und hatte nicht die geringste Intention diese zu verärgern.
Adam bot ihr an zu helfen. Trotzig sah sie noch einmal in seine grünen Augen, dann band sie sich den Sichtschutz allein um das Gesicht. Wenigstens diesen kleinen Sieg wollte sie ihm nicht gönnen. Die Tür wurde aufgerissen und frische, klare Abendluft drang in Lauras Nase. Sie hatte sich geschworen, jedes Detail der Entführer in ihre Erinnerung einzubrennen, so blieb ihr auch der blumige Lavendelduft nicht verborgen.
Kurz zuckte sie zusammen, als Adam ihre Hand nahm. »Lassen Sie sich helfen, Laura. Ich möchte nicht, dass Sie stürzen.«
Wie fürsorglich, du Idiot, schoss es ihr durch den Kopf, als sie die weichen Hände des Mannes berührte. Ihre Schuhe erreichten knirschenden Boden. Kies, wie Laura vermutete. Mit leichter Dominanz wurde sie geführt, erreichte schließlich festeren Boden, bis sie in einem Gebäude zu sein schien. Der leichte Windhauch war verschwunden und auch der Lavendelduft wich einer herberen Note. An den Schritten konnte sie erkennen, dass lediglich Adam sie führte, die anderen beiden waren nicht auszumachen.
»Sie können die Augenbinde nun abnehmen«, sagte Adam ruhig.
Laura brauchte nicht lange, um sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Noch bevor sie sich umdrehen konnte, fiel eine Stahltür hinter ihr ins Schloss. Sie musste in einem Fabrikgebäude sein, das sorgsam restauriert worden war. In ihrer Panik hatte sie sich ein dunkles Verlies vorgestellt, mit Ketten und Peitschen. Dieser Raum glich jedoch eher einem Hotelzimmer. Das Bemerkenswerteste in dieser Umgebung war eine junge Frau, die im schwarzen Blazer am Tisch lehnte und sie interessiert musterte.
»Willkommen!«, sagte sie.
Hatte Laura sich da gerade verhört? Ohne es wirklich zu wollen, rutschte ihr ein unsicheres »Dankeschön« über die Lippen.
Die junge Frau kam auf sie zu und schüttelte ihre Hand wie bei einem Vorstellungsgespräch. »Laura, richtig? Ich muss zugeben, dass ich schon so viel von dir gehört habe. Ich war ganz gespannt, dich kennenzulernen.«
Erst wusste sie nicht, was sie darauf antworten sollte. Die Frau hatte dunkle Haare und trug einen modischen Kurzhaarschnitt. Ein Tattoo ragte an der rechten Seite ihrer Bluse an ihrem Hals hervor und wirkte neben dem Business-Outfit seltsam fehl am Platz. Das Zungenpiercing tat sein Übriges. Als würde man einen Punk in einen Anzug quetschen.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte Laura diesmal mit festerer Stimme, als noch vor einigen Stunden bei Adam. Vielleicht war es die Anwesenheit einer Frau, die sie den Mut wiederfinden