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Mami Bestseller 55 – Familienroman. Myra MyrenburgЧитать онлайн книгу.

Mami Bestseller 55 – Familienroman - Myra Myrenburg


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Antwort. »Wir sprechen ja gerade davon, nicht wahr? Darüber, daß du noch viel zuwenig kennst und weißt, um dich selbst richtig einschätzen zu können. Das ist der eine Grund. Der zweite ist der, daß ich nicht sehr gern allein reise.«

      »Nanu? Du bist doch aber immer gern allein gereist – zumindest bist du sozusagen immer auf Reisen gewesen, so lange ich denken kann.

      »In diesem Fall«, sagte Nora Lippit sehr bestimmt, »würde ich nicht gern allein reisen. Ich hätte dich lieber bei mir, Wendi. Alles klar?«

      »Alles!« seufzte Wendi und schob ihren Teller weg. »Es ist zwar jammerschade, aber wenn’s denn sein muß…«

      Sie stand auf, warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und lächelte Nora unbefangen an.

      »Ich geh’ jetzt«, sagte sie leichthin, »kann sein, daß wir nach der Vorstellung noch ein bißchen bummeln gehn. Weißt ja Bescheid, gelt?«

      »Weiß ich«, entgegnete Nora Lippit gelassen und stand ebenfalls auf, »viel Spaß, mein Kind!«

      *

      Die Trapezkünstler begannen ihren Akt, es roch nach Staub und Pferden, die Kapelle auf ihrem hölzernen Podium spielte eine der unverkennbaren Zirkusmelodien.

      Dunkelgrau wölbte sich das Zelt über den vielen Köpfen. Das Schlagzeug begann tingelnd sein Solo und steigerte sich ins Crescendo, als die beiden Artisten in ihren dunkelroten Trikots die Spitze der Stange erreichten.

      Nora Lippit setzte sich in die letzte Reihe, obwohl sie Logenplätze für alle Vorstellungen in der Tasche hatte. Aber hier hinten war man schön ungestört, niemand würde einen entdecken, weder der Direktor noch Wendi.

      Hoffentlich, dachte Nora Lippit und wedelte den Staub rechts und links von der roh gezimmerten Bank ohne Lehne, hoffentlich lassen sie mich alle in Ruhe. Gut, die beiden am Trapez, nicht mehr taufrisch, zumindest die Dame, aber solides artistisches Können ist immer noch die Hauptsache. Ein schwerer Beruf ist das geworden, wenn man nicht ganz oben ist, nicht an der Spitze der Stars, keine Fernsehverträge hat und keine Chance, welche zu bekommen. Ein Mittelklasse-Zirkus mit ordentlichen Künstlern, einer seriösen Leitung und annehmbaren Leistungen – was ist das heute? Man möchte fast sagen, dachte Nora Lippit in der ihr eigenen Sachlichkeit, es ist ein Idealistenberuf. Krasser ausgedrückt – ein hoffnungsloser Fall.

      Sie hatten den ganzen Winter über nicht gastiert, hatten in dieser Stadt ihr Winterquartier bezogen und würden jetzt wieder hinausziehen – drei Stationen hatte sie ihnen besorgen können, aber selbst das war nicht einfach gewesen. Der Zirkus Stargast gehörte nicht zu den renommiertesten.

      Warum eigentlich nicht, dachte Nora Lippit und bemühte sich um ein kritisches Auge. Aber alles, was sie sah, war künstlerisch einwandfreie Leistung, nicht besser, nicht schlechter als manches andere, was man in einer großen Show zu sehen bekam.

      Aber all das wußte Nora Lippit längst. Sie kannte ihre Klienten jahrelang, sie interessierte sich für jede Einzelheit, für jede Neuerung, für jede Kündigung, für jeden Krankheitsfall, für alles, und deshalb war sie die beste und beliebteste Künstleragentin geworden, die es im europäischen Raum geben mochte.

      Ein Zirkus fiel eigentlich nicht in ihr Ressort. Aber sie hatte eine Schwäche für diese Art von Kunst, die einstmals verlorengehen würde, weil der Sinn für das echt Komödiantenhafte sich in einer hektischen, kommerziell betonten Zeit nicht halten konnte.

      Auch das wußte Nora Lippit. Sie war nicht gekommen, um sich über den artistischen Stand des Unternehmens Stargast zu informieren. Sie war auch nicht gekommen, um die verwirrende, aufregende Zirkusluft zu atmen.

      Sie war gekommen, um einen Clown zu sehen, einen Nachwuchsclown mit Namen Alexis. Einen jungen Mann, von dem Wendi seit Weihnachten täglich erzählte.

      Und wenn Wendi von einem Menschen täglich sprach, dann bedeutete das ihr spezielles Interesse an diesem Menschen.

      Höchste Zeit, dachte Nora Lippit, daß ich zumindest sein Können unter die Lupe nehme. Er arbeitet mit Jonas, dem alten Clown zusammen, hatte Wendi eifrig erzählt, aber manchmal hat er auch schon eigene Solonummern. Dann arbeitet er mit Pferden.

      Nora stützte das Kinn in die Hand und beugte sich vor, weil sie keine Lehne hatte, um ihren Rücken auszuruhen.

      Sie war eine Frau mittleren Alters, sehr groß, breitschultrig, imposant. Sie hatte starkes, dunkles krauses Haar, das nur mit Mühe einmal wöchentlich so gebändigt wurde, daß es gepflegt und weich am Kopf anlag. Ebenso dicht und schwarz waren ihre Augenbrauen, was ihrem Gesicht einen intensiven Ausdruck gab, der nur durch die Gelassenheit gemildert wurde, mit der sie sich bewegte.

      Kein Zweifel, sie war eine bekannte und berühmte Persönlichkeit im weltweiten Schaugeschäft, sie vermittelte Spitzenstars und Anfänger, sie kümmerte sich um komplette Ensembles ebenso wie um Einzelgänger.

      Sie hatte nicht nur einen brillanten Verstand, sie hatte auch ein weites starkes Herz.

      Jeder, der jemals mit ihr zu tun hatte, spürte das. Und jeder dankte es ihr mit unerschütterlicher Treue.

      Es gab verworrene Schicksale unter den Künstlern, tragische Lebensläufe und schwierige Situationen. Und es gab eine Menge heikler Charaktere unter ihnen, aber es gab keinen, mit dem Nora nicht irgendwie fertiggeworden war.

      Und das lag allein an der Tatsache, daß auch der komplizierteste Mensch merkte, daß Nora unerschöpfliches Verständnis hatte. Daß sie alles und jedes respektierte, alles ernst nahm, alles tolerierte.

      Und wer tiefer zu sehen vermochte, der ahnte, daß Noras Leben nicht einfach gewesen war, daß sie ihre dunklen Punkte in der Vergangenheit hatte wie viele andere auch.

      Die Artisten kletterten behende von ihrem Seil und verbeugten sich.

      »Alsdann!« murmelte Nora halblaut und sah auf die Uhr. »Jetzt könnte allmählich der große Meister erscheinen.«

      Und schon stolperte er herein, Jonas, der alte Clown. Noras Herz wurde warm bei seinem Anblick. Einer der ganz Großen, dieser kleine alte Mann mit dem breit geschminkten Mund und den treuherzigen Augen. Einer von denen, die Königen die Hand geschüttelt und von Präsidenten empfangen worden waren. Und der trotzdem seinem alten Zirkus die Treue hielt, obwohl er woanders Triumphe hätte feiern können. Der bei Stargast blieb, weil Stargast ihn dereinst von der Landstraße aufgelesen hatte, als er noch ein kleiner Junge war. Nicht der jetzige Direktor, nein, dessen Vater, der leider längst in Palermo begraben lag.

      Aber Jonas konnte sich nicht trennen, hier war sein Standquartier, hier, in einem nur mittelmäßigen Zirkus, den er mit seinen eigenen Lorbeeren nun vorwärtszubringen gedachte.

      Und das, dachte Nora, als sie ihn ohne Ressentiment kritisch betrachtete, wird er wohl spätestens in einem Jahr geschafft haben.

      Nanu, ging es Nora durch den Kopf, während sie den braunen Nerz fester um die Schultern zog, denn es war empfindlich kalt geworden an diesem Märzabend im zugigen Zirkuszelt, wo bleibt denn unser Kleiner?

      Gleichzeitig richtete sie sich etwas auf, um nach Wendi Ausschau zu halten. Aber da saß sie ja noch, in der vordersten Reihe, wie immer, neben Direktor Stargast und diesem Pierre.

      Pierre Alsass, jetzt fiel es Nora wieder ein. Ein fähiger junger Mann. Ein bißchen zu geschäftstüchtig, nicht genügend Fingerspitzengefühl – bis jetzt. Aber das würde er schon lernen, weil’s anders gar nicht ging in diesem Beruf. Ach ja, der würde seinen Weg machen.

      Die Pferde tänzelten in die Manege, und hinter ihnen tänzelte im bunten Clownsgewand Alexis, der jüngste

      Clown des Hauses, derjenige, um dessentwillen Nora Lippit ihren gemütlichen Sofaplatz heute abend mit einer harten Holzbank vertauscht hatte.

      Seit Weihnachten hatte sie vorgehabt, ihn einmal in Augenschein zu nehmen. Aber dies hier war erst die zweite Vorstellung in diesem Jahr gewesen, und vorher hätte sie inoffiziell erscheinen müssen, wenn sie ihn sehen wollte. Beim Training höchstens. Und Nora Lippit hatte keine Lust gehabt, ihr Interesse an dem jungen Mann so auffällig zu bekunden.


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