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Sophienlust 312 – Familienroman. Bettina ClausenЧитать онлайн книгу.

Sophienlust 312 – Familienroman - Bettina Clausen


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du?« Sie drückte seine Hand.

      »Ich habe an Chris gedacht«, antwortete er ehrlich. Und noch ehrlicher: »An Chris und an dich.«

      Sandra sagte dazu nichts. Sie glaubte zu wissen, was er dachte. »Wenn mich dein Sohn erst richtig kennt, wird er mich sicher auch mögen«, sagte sie. »Davon bin ich überzeugt. Anfangs gibt es immer Schwierigkeiten. Man muss nur wollen, dann überwindet man sie auch.«

      »Ich hoffe wirklich, dass du mich heiratest«, sagte Robert spontan.

      Sie schaute ihn verliebt an. »Und ich hoffe, dass du mich in vier Monaten immer noch heiraten willst.«

      »Dann lass uns gleich nächste Woche heiraten«, schlug er vor. »Wir brauchen nur nach Las Vegas oder Reno zu fahren.«

      Sandra musste lachen. »Wir haben uns doch vorgenommen, nichts zu überstürzen. Vielleicht findest du Eigenschaften an mir, die du nicht ausstehen kannst.«

      »Bestimmt nicht.«

      »Behaupte das nicht so leichtsinnig. Du kennst mich doch noch gar nicht richtig.«

      »Gut genug.« Er küsste ihre Fingerspitzen. »Aber ich halte mich an unsere Abmachung. In den nächsten drei Monaten wird nicht mehr vom Heiraten gesprochen.«

      Die einzige Bedingung, die Robert an diese Hochzeit knüpfte, war die Rückkehr nach Deutschland. Sandra war einverstanden, mit Robert in Deutschland zu leben. Trotz ihres langen Aufenthaltes in Amerika fühlte sie sich immer noch als Deutsche. Sie freute sich auf die Rückkehr in die Heimat.

      Und sie freute sich auf Roberts Sohn. Vor den anfänglichen Schwierigkeiten fürchtete sie sich nicht. Chris musste sich erst an sie gewöhnen, das war klar. Sandra rechnete darüber hinaus damit, dass der Junge sie ablehnte, aber auch davor hatte sie keine Angst. Das gehörte mit zu den Anfangsschwierigkeiten und ließ sich überwinden.

      *

      Der Bernhardiner jaulte auf.

      »Das war Barri.« Henrik ließ den Ball fallen. Er rannte über den Spielplatz und die Wiese zum Herrenhaus, bog um die Ecke und sah, was er erwartet hatte. Barri, winselnd, auf drei Beinen hinkend. Daneben Chris.

      »Was hast du mit ihm gemacht?«, fuhr Henrik den Jungen an.

      »Nichts.«

      »Quatsch nicht. Wegen nichts jault Barri nicht.« Drohend baute sich Henrik vor dem nur ein Jahr Jüngeren auf. »Also?«

      »Ich habe ihn getreten. Aber nicht mit Absicht.«

      »Freilich mit Absicht«, rief Heidi, die bis dahin keiner gesehen hatte. Jetzt kam sie näher. »Ich hab’s gesehen.«

      »Sie schwindelt«, sagte Chris.

      »Du schwindelst.« Heidi zeigte keine Angst vor dem älteren und größeren Chris. Sie wandte sich an Henrik: »Zuerst hat er mit Barri gespielt, und dann hat er ihn plötzlich ohne Grund getreten. Mitten auf die Vorderpfote. Ich hab’s ganz deutlich gesehen.« Sie funkelte Chris an.

      Der nuschelte: »Ich habe die Pfote nicht gesehen.«

      »Nicht gesehen«, rief Henrik entrüstet. »So eine große Hundepfote! Barri ist doch kein Zwergpinscher.«

      Da mischte sich Nick ein, der bis dahin nur zugehört hatte: »Hört jetzt auf! Wenn Chris sagt, dass er es nicht absichtlich getan hat, dann müssen wir ihm das glauben.«

      »Warum?«, fragte Henrik angriffslustig.

      »Weil wir ihm nicht beweisen können, dass er Barri absichtlich weh getan hat.«

      »Aber Heidi hat es doch gesehen.« So schnell gab Henrik nicht auf. Barri war schließlich sein Liebling.

      Nick sagte: »Heidi hat nur gesehen, dass Chris Barri getreten hat. Vielleicht war es wirklich ein Versehen, und das kann schließlich jedem von uns passieren.«

      Fast hatte Nick die Kinder überzeugt. Da rief Pünktchen: »Also gut, dann soll Chris sich bei Barri entschuldigen.«

      »Was?« Chris fuhr herum. »Ich soll den Hund …?«

      »Um Entschuldigung bitten!«, bestätigte Nick. »Schließlich hast du ihm ja weh getan. Hätte dich jemand getreten, würdest du auch erwarten, dass er sich entschuldigt.«

      »Natürlich, aber ich bin auch kein Hund!« Böse schaute Chris den Bernhardiner an.

      »Was hat das denn damit zu tun?«, fragte Irmela, das älteste Mädchen, aufgebracht. »Du sollst doch nur zeigen, dass es dir leid tut.«

      »Ich entschuldige mich nicht bei einem Köter.«

      »Barri ist kein Köter.« Auf einmal redeten alle durcheinander.

      Henrik wollte sich auf Chris stürzen. Im letzten Moment konnte Nick ihn zurückreißen. »Achtung! Tante Ma kommt!«

      Die Heimleiterin hatte den Tumult vom Küchenfenster aus gehört. »Was ist los?«, fragte sie sachlich.

      »Nichts Besonderes«, antwortete Nick.

      »Dafür, dass nichts Besonderes los ist, macht ihr ganz schön viel Krach«, sagte Else Rennert. Und das war alles. Keine weiteren Fragen, kein Tadel. Die Heimleiterin hatte ihre besondere Art im Umgang mit den Kindern. Eine sehr erfolgreiche Art, wie jeder wusste.

      Als sie wieder gegangen war und sich die Kinder nach Chris umdrehten, war der ebenfalls verschwunden.

      »Lasst ihn«, meinte Nick.

      Doch Henrik drohte: »Wenn er das noch einmal macht, verprügle ich ihn.«

      »Ich weiß nicht, ob das viel helfen würde.« Nachdenklich nagte Nick an seiner Unterlippe. »Außerdem ist es nicht fair, einen Jüngeren zu verprügeln.«

      »Das eine Jahr, das er jünger ist!« Henrik winkte ab.

      Pünktchen kniete neben dem Bernhardiner nieder und legte ihre Arme um dessen Hals. »Tut’s noch weh, Barri?«

      Der Hund schaute sie treuherzig an mit seinen hellen Augen.

      Nicht umsonst war der gutmütige Bernhardiner-Rüde der Liebling aller Kinder.

      »Wenn er das wieder macht, dann beißt du ihn«, flüsterte Heidi ihm ins Ohr.

      »Also los, spielen wir weiter«, rief Nick.

      Chris beobachtete die Kinder von seinem Zimmerfenster aus. Was für ein Getue wegen eines Hundes, dachte er. Mit mir machen sie nicht so viel Faxen.

      Er beobachtete, wie sich die Kinder über den Spielplatz verteilten. Er konnte nicht verstehen, was sie einander zuriefen und worüber sie lachten, aber dass sie Spaß hatten, ärgerte ihn. Jetzt müsste es anfangen zu regnen, dachte er. Richtig schütten müsste es, damit sie patschnass werden. Dann würde ihnen das Lachen schon vergehen.

      Chris knallte das Fenster zu, obwohl er sich selbst ausgeschlossen und abgesondert hatte, verübelte er den Kindern, dass er ein Außenseiter war. Dafür wollte er die Kinder bestrafen. Und dafür, dass sie so fröhlich waren und gar nicht mehr an ihn dachten.

      Natürlich hatte er Barri absichtlich getreten. Und er würde es wieder tun. Sollten sie sich doch aufregen und ärgern. Er ärgerte sich ja schließlich auch. Darüber, dass sein Vater ihn in dieses Heim gebracht hatte. Dar­über, dass sein Vater wieder heiraten wollte und …

      Eine Idee unterbrach den Gedankengang des Jungen. Im Gras hatte er Heidis Kaninchen entdeckt.

      Schneeweißchen und Rosenrot. Dumme Namen, fand er. Genauso dumm wie das Getue der Kinder mit den Viechern. Die Kaninchen saßen in einem Laufstall aus Draht. Dieses Maschengeflecht brauchte er nur anzuheben, dann konnten die Kaninchen davonlaufen.

      Chris rannte in den Park hinein. Zuerst umrundete er den Kaninchenstall ein paarmal und vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war. Dann hob er mit einem Ruck das Maschengitter hoch. Sofort hoppelten die Kaninchen davon. Das Gitter wieder abzusetzen und davonzulaufen, war das nächste. So einfach war das.

      Hoffentlich


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