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Heimische Exoten. Mareike MildeЧитать онлайн книгу.

Heimische Exoten - Mareike Milde


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aus dem asiatischen Raum zunutze machen und die Tiere für die Gastronomie zum Verzehr fangen. Als Fischfilet sollen sie sehr schmackhaft sein, allerdings wäre die Ausbeute bei den bis zu 300 Gramm schweren Tieren mit einem Nettofiletgewinn von 90 Gramm dann doch eher ein kleiner Gruß aus der Küche anstelle eines sättigenden Hauptganges. Ob sich der Aufwand durch den Geschmack rechtfertigen ließe und die in ihrem Essverhalten eher traditionellen Mitteleuropäer dafür offen wären, bleibt abzuwarten.

      Heute befindet sich jedenfalls kein Gelber Drachenwels in Michael Hölleins Reusen.

      Wir tuckern wieder an Land, ich bin fasziniert von diesem beeindruckenden Stück Fauna, auch wenn der eigentliche Grund meines Kommens heute »nicht pässlich« war. Trotzdem: Der Ausflug war nicht umsonst.

      Michael Härtl bringt mich zum Zug; mit einem wehmütigen Gefühl fahre ich davon, Richtung Norddeutschland. Mich beschäftigen so viele Dinge, über die wir heute gesprochen haben. Wenn der Mensch die Natur in ihre Schranken zu weisen versucht, indem er ihre Flüsse begradigt und somit Stromschnellen und Hochwasser begünstigt, wodurch es erhöhte Mückenpopulationen gibt, die dann alle ausgerottet werden, um niemanden zu stören, und dies dann zu einem Einbruch der Populationen weiterer Tierarten führt, weil durch die Ausrottung eines Gliedes in der Nahrungskette Nahrung fehlt – wohin führt das noch? Was hängt an dieser Kette alles dran, worüber wir heute, auf unserem kleinen Ausflug, nicht gesprochen haben? Geht es hier wirklich um eine ernstzunehmende Gefahr, die von einem kleinen asiatischen Welsfisch ausgehen könnte oder sollten wir uns nicht lieber den brutalen Nachwirkungen widmen, die durch die Eingriffe des Menschen am Ökosystem seit Jahrzehnten entstehen? Wäre es nicht sogar denkbar, eine neue Fischart begrüßen zu dürfen, die sich trotz aller Unwirtlichkeit in den Altarmen gut zurechtfinden kann, im Gegensatz zu einigen heimischen Arten?

      Fest steht: Ich wurde zum Fan dieses schönen bayerischen Flecks Erde, der lieben Menschen, der zauberhaften Natur, der lauten Blaskapellen. Es wäre so schön, könnten wir ihn erhalten. Ich befürchte aber, das wird sehr schwer. Mach’s gut, schönes Nordbayern.

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      Auf der Pirsch nach dem Hirsch in Schaffhausen:

      Das Sikawild

      Als ich anfange, über das Sikawild im Schweizer Kanton Schaffhausen zu recherchieren, beschließt meine Freundin Anna kurzerhand, dass man das prima mit einem Kurzurlaub am Bodensee verbinden könne. Wir packen also unsere Siebensachen, Anna klettert in ihren liebevoll restaurierten, in die Jahr(zehnt)e gekommenen Campingbus und fährt von München aus los, ich selbst steige am nächsten Tag in Hamburg in den Nachtzug. Als ich am nächsten Morgen aus dem Bahnhof Basel komme, wartet Anna bereits bestens gelaunt auf dem Bahnhofsvorplatz mit einem frisch gekochten Kaffee auf mich.

      Zusammen fahren wir bei schönstem Sommerwetter die knapp 140 Kilometer in den Kanton Schaffhausen. Vor uns liegen drei gemeinsame Tage nur für uns, Sonne und Camperleben. Wir freuen uns sehr, ein Gefühl von Freiheit, Ausgelassenheit und Sommerwind schwirrt um unsere Nasen, wir kurbeln die Fenster herunter, singen zur Musik und tuckern mit 80 km/h unserem Ziel entgegen.

      Die erste Nacht verbringen wir an einem wunderschön ausgestatteten Campingplatz direkt am Rhein im Kanton Schaffhausen, und kurz nach der Ankunft offenbart sich dann der Unterschied zwischen einem zwanglosen Urlaub und einer Recherchereise, sprich: zwischen Anna und mir. Denn während sie in ihre Badesachen springt und sich auf einen entspannten Sommertag am Rhein mit Pommes, ihrem Buch und Eis freut, packe ich Proviant, Mückenspray, Kamera und meinen Notizblock in den Rucksack und stapfe Richtung Schaffhauser Wald, um dem hier lebenden Sikawild zu begegnen.

      Das Sikawild wurde vom Menschen eingebracht, dabei war es vor einer ganz schön langen Zeit schon einmal heimisch in Mitteleuropa. Genau genommen vor sieben Millionen Jahren. Damals hörte es – hätte der Homo sapiens denn schon gelebt und sprechen können – auf den Namen Ur-Rothirsch. Als ob vor sieben Millionen Jahren schon jemand den Namen hätte aussprechen können; und als ob das Sikawild dann darauf gehört hätte …

      Der Ur-Rothirsch lebte also bereits dort, wo man Deutschland und die Schweiz überhaupt erst vage vermuten hat können, beschloss aber irgendwann, dass das nicht der Nabel seiner Welt sein sollte. Die Ur-Rothirsche trotteten los und wie das immer so ist, bildeten sich irgendwann einzelne Grüppchen. Die einen blieben hier und wurden später – mit »später« meine ich die heutige Zeit, also vor etwa 10 000 Jahren bis zum heutigen Tage – zu den Rothirsch-Beständen in West- und Mitteleuropa. Eine andere Gruppe wanderte gen Osten und entwickelte sich in den Millionen Jahren aufgrund klimatischer Bedingungen, Untergrundbeschaffenheiten und Fressfeinden zu den kleinen, gedrungenen Sikahirschen, die mit maximal 80 Kilogramm bei den Männchen deutlich kleiner und leichter sind als das hier lebende Rotwild. Die kleinen Sikahirsche fanden Heimat im späteren China, in Korea, Sibirien, Japan und Taiwan. Und die dritte Gruppe hatte noch Energie, um weiterzuwandern und schaffte es schließlich – wahrscheinlich über die Beringstraße – hinüber nach Nordamerika. Dort bildeten sie sich zu Wapitis aus, die vom Körperbau den Sikahirschen immer noch recht ähnlich sind.

      Da die asiatischen Sikahirsche mit ihren hübschen weißen Flecken auf dem rotbraunen Sommerkleid so niedlich aussahen und weil die Herren mit ihren großen Geweihen eine prima Jagdtrophäe an den Treppenaufgängen der Forsthäuser abgaben, ihr Fleisch zudem noch mild-würzig schmeckte, wurden die Sikahirsche vor mehreren Jahrhunderten zahlreich nach Europa und in die restliche Welt wie zum Beispiel nach Australien, Madagaskar und Neuseeland exportiert und meist in Gehegen angesiedelt. Einige Populationen leben bis heute in Deutschland, und in der Schweiz ist die einzige freilebende Kolonie in Schaffhausen anzutreffen. Die Ursprünge dieser Kolonie entstammen wohl Gatterflüchtlingen von der anderen Rheinseite; sie fühlten sich hier gleich wohl. Die Sikahirsche sind eigentlich scheu und nachtaktiv, allerdings gewöhnen sie sich auch schnell an besiedelte Gebiete und kommen schon mal bis auf zehn Meter an einen Menschen heran. Es könnte ja etwas zu futtern abfallen. In dem Gebiet in Schaffhausen, in das ich heute gehe, werden keine Treibjagden mehr unternommen. Seitdem sind die Tiere deutlich zutraulicher geworden. Mittlerweile wird immer wieder von tagaktiven Populationen berichtet, weshalb ich mein Glück am späten Nachmittag versuche. Unsere Reise war zu kurzfristig, um eine Führung mit einem Förster organisieren zu können. Alleine darf man aus versicherungstechnischen Gründen nicht auf diese Hochstände steigen. Und ich selbst wäre doch ein zu großer Angsthase, um es trotzdem zu machen. Aber durch einige Erkundungen im Vorfeld habe ich einen heißen Tipp bekommen, vielmehr Koordinaten, an denen es sehr gut »erkletterbaren« alten Baumbestand gibt. Und das ist doch viel abenteuerlicher als in einem kleinen Häuschen auf sicherer Höhe auf das Wild zu warten. Nach zweieinhalb Stunden und unter Zuhilfenahme meines mobilen Navis erreiche ich die Stelle – und direkt vor mir steht ein wunderbarer Laubbaum, der regelrecht zum Klettern einlädt.

      Ich steige flink hinauf und nehme Platz in einer ausladenden Astgabel, etwa zweieinhalb Meter über dem Boden. Früher hätten wir uns hier ein Baumhaus gezimmert, wenn es nicht so tief im Wald gewesen wäre. Behutsam packe ich Kamera, Feldstecher, Teekanne und Notizen aus und verstaue sie in einer Baumkuhle. Zur Sicherheit gebe ich meiner Freundin noch die Koordinaten durch; vielleicht hat sie ja Lust, mich zu retten, sollte ich vom Baum fallen.

      Zu Beginn bin ich noch zappelig, doch nach und nach breitet sich in mir Ruhe aus. Nichts passiert, alles ist ganz friedlich. Ich kann mir vorstellen, dass das stille Warten auf Aktivität ein Teil der Faszination ist, die ein Jäger bei seiner Arbeit empfindet. Es ist wie eine Achtsamkeitsmeditation, begleitet von Vogelgezwitscher, Windrauschen und sich langsam und bedächtig bewegenden Baumkronen. Weit hinten sehe ich ein laut gackerndes Pärchen über den Waldweg gehen, sie halten sich an der Hand und küssen sich immer wieder, sie sehen mich nicht. Ganz still sitze ich hier und mache keinen Mucks. Es ist, als ob ich eins werde mit der Astgabel, mit dem Wald, mit all dem Drumherum.

      Überall, wo das Sikawild lebt, gibt es immer wieder Diskussionen über einen Totalabschuss. Dies liegt unter anderem an größeren Rindenschäden durch genüssliches Abknabbern, welches gerade junge Bäume nachhaltig schädigen kann. Auch heimisches Wild »schält« – so lautet der korrekte Begriff – junge Laubbäume,


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