Familie Dr. Norden 732 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
von der Verkäuferin verabschiedeten und dann fröhlich auf die Fußgängerzone hinausstürmten.
»Sind sie nicht lieb, unsere Kleinen?« fragte Fee und hängte sich zufrieden bei ihrem Mann ein. »In solchen Momenten möchte ich wirklich mit keinem Menschen der Welt tauschen.«
»Ich auch nicht«, gab er innig zurück. »Kommt mal her, ihr beide. Als Belohnung dafür, daß ihr euch so gut benommen habt, müßt ihr nicht mit in die Behnisch-Klinik. Mami soll mit euch in ein schönes Café gehen und ein Eis spendieren. Ich fahre schnell allein rüber. Was haltet ihr davon?«
Wie erwartet war diese Frage reichlich überflüssig. Begeistert stoben die Kinder davon auf der Suche nach einer geeigneten Lokalität.
»Das ist aber ein feiner Zug
von dir, daß wir heute keine Klinikluft schnuppern müssen«, freute
sich auch Fee. Selten genug kam
sie dazu, in aller Ruhe und mit gutem Gewissen in einem Café zu sitzen.
»In einer Stunde bin ich wieder da. Genießt es, meine drei Schätze.« Er küßte seine Frau zärtlich auf die Nasenspitze, ehe er sich auf den Weg machte. Manchmal gab es eben doch noch etwas Wichtigeres als die Arbeit, aber er war verantwortungsbewußt genug, der Versuchung zu widerstehen und es bei dem Gedanken zu belassen.
Völlig aufgelöst saß Alice Rosen am Bett ihrer Tochter und streichelte unablässig deren Hand.
»Mein armer, kleiner Darling. Wie konnte das nur passieren?«
»Ich war völlig übermüdet. Die Proben in den letzten Tagen haben mich mehr Kräfte gekostet, als ich dachte.«
»Und jetzt war alles umsonst«, jammerte Alice verzweifelt.
»Du solltest froh sein, daß mir nicht mehr passiert ist«, konterte Camilla aufgebracht. »Wer weiß, was geschehen wäre, wenn mir nicht der freundliche Autofahrer geholfen hätte.« Ein dankbarer Ausdruck streifte ihr zerschundenes Gesicht, als sie an Stephans selbstlose Hilfe dachte.
»Natürlich, Kindchen, so habe ich das doch nicht gemeint. Wer war denn der nette Mensch?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung. Er hat sich mir nicht vorgestellt«, fiel Millie plötzlich ein, doch schnell entspannte sich ihre Miene wieder. »Aber er hat versprochen, mich zu besuchen. Hoffentlich läßt er sich damit noch Zeit, bis ich ein bißchen besser aussehe.«
»Seit wann ist es dir wichtig, einem Mann zu gefallen?« Wenn es um Männer ging, wurde Alice stets hellhörig. »Das bin ich gar nicht gewohnt von dir.«
»Ach, das habe ich doch nur so dahingesagt«, redete sich Camilla verlegen heraus. »Ich würde mich einfach nur gern bei ihm bedanken.«
»Wer war eigentlich der freundliche Herr am Telefon, der mich über deinen Unfall informiert hat? Kai Fürmann, diesen Namen habe ich noch nie zuvor gehört.«
»Er ist Sanitäter und hatte heute nacht Schicht. Ihm und seinem Kollegen habe ich die gute Erstversorgung zu verdanken.«
»Wirklich ausgesucht höflich«, lobte Alice zufrieden.
»Das ist er tatsächlich«, erklärte Camilla nachdenklich. »Obwohl er sich gleich als glühender Verehrer geoutet hat. Ich hatte schon Sorgen, er würde noch am Unfallort ein Autogramm einfordern, aber er hat gute Manieren. Zumindest hat er mich bis jetzt verschont.«
»Du solltest ihm als Dank eine Autogrammkarte mit einer persönlichen Widmung zukommen lassen.« Alice nestelte in ihrer Tasche. »Ich habe immer ein paar Exemplare dabei.«
»Ich wußte doch, daß ich mich auf dich verlassen kann.« Camilla konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. Obwohl es noch früh am Morgen war, überfiel sie plötzlich eine bleierne Müdigkeit.
»Dann werde ich mal nach Hause gehen und mit deinem Regisseur sprechen. Er wird nicht gerade begeistert über deinen Ausfall sein.«
»Man muß das positiv sehen. Schließlich ist das eine einmalige Chance für meine Vertreterin, sich zu profilieren«, erklärte Millie leise. Nur mit Mühe konnte sie die Augen noch offen halten.
»Jetzt schlaf du dich erst mal aus. Um alles andere kümmere ich mich schon.« Alice drückte tröstend die Hand ihrer Tochter, die mit einem beruhigten Nicken die Augen schloß. Alles, wonach sich Camilla jetzt sehnte, war Ruhe und nochmals Ruhe.
Seufzend trat Alice auf den Krankenhausflur hinaus. Sie war sehr besorgt um den Gesundheitszustand ihrer Tochter und wollte sich mit dem behandelnden Arzt unterhalten, als sie eine bekannte Stimme hinter sich hörte.
»Herr Dr. Norden, so eine Überraschung!« rief sie erfreut aus, als sie sich umdrehte und ihren Hausarzt im Gespräch mit einer Frau erkannte. »Was machen Sie denn hier?«
»Dasselbe könnte ich sie fragen«, entgegnete Daniel überrascht. »Es ist doch hoffentlich nichts passiert?«
»Leider doch. Camilla hatte gestern abend einen Autounfall.«
Sofort wandte sich Daniel Norden wieder an Jenny Behnisch, die der Unterhaltung aufmerksam gefolgt war.
»Weißt du etwas über diese Sache?«
»Es kann sich nur um Camilla Rosen handeln, das war der einzige Autounfall heute nacht. Michael hat mich informiert. Frau Rosen wurde weit nach Mitternacht mit mittelschweren Verletzungen eingeliefert und sofort am Knöchel operiert. Laut meinen Informationen geht es ihr den Umständen entsprechend gut.«
»Das ist ja ein sehr glücklicher Zufall, daß sie ausgerechnet hier gelandet ist«, stellte Daniel beruhigt fest.
»Das war wohl kein Zufall«, konnte Jenny auch dazu etwas sagen. »Der Mann, der den Unfallhergang beobachtet hat, war selbst einmal Patient und hat direkt hier angerufen.«
»Da siehst du mal, was gute Erfahrungen ausmachen.«
»Ich habe nie daran gezweifelt«, gab Jenny zufrieden zurück.
Daniel warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Sein Besuch bei Frau Bergmann war kürzer ausgefallen als gedacht, und so blieb ihm noch Zeit, bis er zu Fee und den Zwillingen zurückkehren würde.
»Dann werde ich die Gelegenheit gleich nutzen und nach Camilla schauen«, erklärte er zu Alice Rosen gewandt. »Schließlich werde ich sicher die Nachbehandlung übernehmen, wenn der stationäre Aufenthalt beendet ist.«
»Millie ist gerade eingeschlafen. Der Streß der vergangenen Wochen und der Unfall haben sie sehr mitgenommen«, erklärte Alice entschuldigend.
»Ich werde trotzdem mal nach ihr sehen. Natürlich, ohne sie zu wecken«, versprach Dr. Norden lächelnd und verließ die beiden Frauen, die zurückblieben, um sich noch einen Augenblick über Camillas Verletzungen zu unterhalten, mit einem kurzen Gruß. Er fand Camilla unterdessen, wie ihre Mutter vorhergesagt hatte, tief schlafend. Zufrieden stellte er fest, daß es ein erholsamer Genesungsschlaf war. Ihr Atem ging ruhig, und ihr verletztes Gesicht war entspannt. Ja, sie lächelte sogar im Schlaf. Daniel betrachtete die Züge der jungen Schauspielerin eingehend. Sie war eine hübsche Frau, die trotz ihres großen Erfolges auf dem Boden der Tatsachen geblieben war, ohne Allüren und mit einer gesunden Portion Realitätssinn. Auch mit diesem unwillkommenen Ereignis würde sie problemlos fertig werden und weiterhin unbeirrt ihren Weg gehen. Mit dieser beruhigenden Gewißheit zupfte Daniel Norden die Bettdecke zurecht, um danach endlich in das wohlverdiente Wochenende mit seiner Familie zu starten.
Wider Erwarten konnte Camilla die ungewohnte Ruhe tatsächlich genießen. Sie hatte kaum Schmerzen, und nachdem sie lange und ausgiebig geschlafen hatte, fühlte sie sich viel besser. Mit Hilfe einer Schwester wagte sie sogar einige Schritte mit Stütze. Doch der Anfang war schwierig, und nach einer Runde im Krankenzimmer war sie so außer Atem, daß sie gern wieder ins Bett zurückkehrte. Dort saß sie und schmökerte, ganz gegen ihre Gewohnheit, in einer Zeitschrift, als sich die Tür zu ihrem Zimmer öffnete. Erwartungsvoll schaute Camilla auf, und ihr Herz machte einen unvermuteten Satz. Konnte das ihr unbekannter Retter sein?
»Hallo,