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Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden. Selma LagerlöfЧитать онлайн книгу.

Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden - Selma Lagerlöf


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scheu und wunderlich sind, aber diese hier schienen überhaupt keine Ahnung zu haben, wie man sich benimmt. Endlich sagte ein altes Mutterschaf, dessen Gesicht lang und traurig war, mit klagender Stimme: »Niemand von uns will euch den Aufenthalt verwehren. Aber dies ist ein Haus der Trauer, und wir können keine Gäste empfangen.«

      »Da könnt ihr ganz unbesorgt sein«, sagte Akka. »Wir sind schon zufrieden, wenn wir einen sicheren Platz zum Schlafen haben.«

      Jetzt stand das alte Mutterschaf auf. »Es wäre besser für euch, im heftigsten Sturm herumzufliegen als hierzubleiben. Aber ihr sollt nicht aufbrechen, bevor wir euch so gut bewirtet haben, wie es in den Kräften des Hauses steht.«

      Sie zeigte den Gänsen eine Grube im Boden, die mit Wasser gefüllt war. Daneben lag ein Haufen Spreu und Spelzen, und damit bat sie die Gänse vorliebzunehmen. »Wir hatten diesmal einen strengen Schneewinter auf der Insel«, sagte sie. »Die Bauern, denen wir gehören, brachten uns Heu und Haferstroh, damit wir nicht verhungern mussten. Und dieser Abfall ist alles, was davon übrig ist.«

      Die Gänse machten sich sofort darüber her. Sie fühlten sich jetzt sehr wohl und waren bester Laune. Als sie dann satt waren, wollten sie sich wie gewohnt zum Schlafen aufstellen. Da aber erhob sich der große Schafbock und schritt auf sie zu. Einen Schafbock mit so langen, starken Hörnern hatten die Gänse noch nie gesehen. Auch in anderer Hinsicht war er bemerkenswert. Er besaß eine breite, gewölbte Stirn, kluge Augen und die gute Haltung eines stolzen, mutigen Tieres.

      »Ich kann es nicht verantworten, dass ihr einschlaft, bevor ich euch mitgeteilt habe, wie unsicher es hier ist«, sagte er. Endlich begriff Akka, dass es ihm ernst damit war. »Wenn ihr es unbedingt wünscht, dann verschwinden wir eben«, sagte sie. »Aber wollt ihr nicht erst erzählen, was euch da so bedrückt? Wir haben überhaupt keine Ahnung und wissen nicht einmal, wohin wir geraten sind.«

      »Dies ist die Kleine Karlsinsel«, sagte der Schafbock. »Sie liegt vor der Küste von Gotland und wird nur von Schafen und Meeresvögeln bewohnt.«

      »Vielleicht seid ihr wilde Schafe?«, fragte Akka.

      »Viel fehlt nicht daran«, entgegnete der Schafbock. »Wir haben kaum etwas mit Menschen zu schaffen. Es gibt zwischen uns und den Bauern eines alten Hofs auf Gotland seit langem eine Vereinbarung, dass sie uns in schneereichen Wintern mit Futter versorgen und dafür die Überzähligen von uns mitnehmen dürfen. Die Insel ist klein und kann also nicht allzu viele Schafe ernähren. Aber sonst versorgen wir uns das ganze Jahr selbst, und wir wohnen nicht in Häusern mit Türen und Riegeln, sondern halten uns in solchen Höhlen auf.«

      »Bleibt ihr auch im Winter draußen?«, fragte Akka verwundert.

      »Ja, das tun wir«, antwortete der Schafbock. »Hier oben auf dem Felsen finden wir das ganze Jahr genug Futter.«

      »Aber was ist denn das für ein Unglück, das über euch hereingebrochen ist?«, fragte Akka.

      »Im letzten Winter war es so kalt, dass das Meer zufror. Da kamen drei Füchse über das Eis, und die halten sich seitdem hier auf.«

      »Wie denn, wagen sich Füchse an solche großen Tiere wie euch heran?«

      »O nein, nicht am Tage, da kann ich mich und die Meinen wohl verteidigen«, sagte der Schafbock und schüttelte seine Hörner. »Aber nachts, wenn wir schlafen, dann schleichen sie sich in unsere Höhlen. In anderen Höhlen haben sie schon sämtliche Schafe umgebracht, dort waren die Herden genauso groß wie meine.«

      »Glaubt ihr, dass sie heute Nacht auch herkommen?«, fragte Akka.

      »Es ist nichts anderes zu erwarten«, antwortete der Schafbock. »Gestern Nacht waren sie hier und haben uns ein Lamm gestohlen. Sie werden wohl so lange kommen, wie noch eins von uns am Leben ist.«

      Akka wusste nicht recht, was sie tun sollte. Es war kein Spaß, sich wieder in den Sturm zu begeben, und es war auch nicht gut, in einem Haus zu bleiben, wo derartige Gäste in Aussicht standen. Als sie eine Weile überlegt hatte, wandte sie sich an den Däumling. »Ich möchte dich fragen, ob du uns helfen willst, wie du es viele Male getan hast«, sagte sie.

      »Ja«, antwortete der Junge, »das will ich gern.«

      »Kannst du dich vielleicht so lange wach halten, bis die Füchse kommen, und uns dann wecken, damit wir wegfliegen können?«

      Davon war der Junge zwar nicht gerade begeistert, doch alles war besser, als noch einmal in den Sturm zu müssen. So versprach er, wach zu bleiben.

      Er ging zum Eingang der Höhle, um Wache zu halten. Als er eine Weile dort gestanden hatte, schien der Sturm abzuflauen. Der Himmel klarte auf, und der Mondschein begann sein Spiel auf den Wellen. Der Junge sah, dass die Höhle ziemlich hoch in der Felsenwand lag. Ein schmaler, steiler Pfad führte zu ihr herauf. Dort hatte er die Füchse wohl zu erwarten.

      Noch waren sie nicht zu sehen, und immer wieder drohte er einzuschlafen. Da aber hörte er eine Kralle auf einem Stein kratzen und sah drei Füchse den Steilhang erklimmen. Sobald er sie entdeckt hatte, wurde er ruhig und fürchtete sich nicht im Geringsten. Aber eigentlich fand er es nicht richtig, nur die Gänse zu wecken und die Schafe ihrem Schicksal zu überlassen. Rasch fasste er den Entschluss, dies anders zu machen.

      Er lief in die Höhle, schüttelte die Hörner des großen Schafbocks und schwang sich dabei auf seinen Rücken. »Steht auf, Vater, jetzt wollen wir die Füchse mal ein bisschen erschrecken«, sagte der Junge.

      Obwohl er sich bemüht hatte, jedes Geräusch zu vermeiden, mussten die Füchse doch etwas gehört haben. Sie blieben am Eingang der Höhle stehen und überlegten. »Bestimmt hat sich einer von denen da drin bewegt«, sagte der eine. »Ich möchte wohl wissen, ob sie wach sind.«

      »Ach, geh einfach rein!«, sagte ein anderer. »Sie können uns ja nichts tun.«

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