Das Holly Summer Lesebuch. Holly SummerЧитать онлайн книгу.
verzichtet er auf Provisionen, macht seine Abschlüsse beim Golfspielen oder wendet irgendwelche skrupellosen Methoden an. Doch das ist nicht meine Art.
»Wie sieht es mit dem Haus auf der Washington Avenue aus?«, versuche ich, einen Kompromiss auszuhandeln. »Dafür hätte ich einen Interessenten. Ich bin sicher, dass er unterschreibt.«
Der Alte schüttelt den Kopf, bevor er antwortet. »Das ist Ihre letzte Chance. Wenn Sie diesen Auftrag auch nicht bekommen, dann können Sie sich nach einer neuen Stellung umschauen. Das ist alles, Miss Anderson.«
Er wendet sich wieder seinen Zahlen zu und ich bin entlassen. Dieser verdammte Mistkerl. Ich weiß genau, dass es nicht an meiner Arbeit liegt, sondern daran, dass ich ihn abgewiesen habe. Deshalb will er mich loswerden. Nur aus diesem Grund verlangt er das Unmögliche von mir. Sein verdammtes Ego ist angekratzt. Er selbst bekommt nichts auf die Reihe und mich stellt er hin wie einen Versager. Ich stehe wortlos auf und verlasse sein Büro.
Jessy schaut von ihrem PC auf, als ich unser Büro betrete. »Und, was wollte das Ekel von dir?«
Ich zucke mit den Achseln und lasse mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen.
»Was wohl. Ich soll das Watson-Anwesen verkaufen«, stoße ich verärgert aus.
Sie lacht erstickt auf. »Das Haus wird auch von J. Edwards angeboten. Der hat doch schon längst seine besten Leute darauf angesetzt. Was erwartet diese Mistkröte denn eigentlich von dir? Soll er doch selbst versuchen, den Kasten zu verhökern.«
Ich fahre meinen PC hoch und gehe meine Adresslisten durch. Vielleicht ist wirklich ein Klient dabei, der sich dafür interessieren könnte. Am Nachmittag habe ich einen Termin für nächste Woche vereinbart, der sehr vielversprechend klingt.
»Ich habe einen Termin«, rufe ich Jessy zu.
»Gratuliere, ich hoffe, der Kunde nimmt das Ding.«
»Ich auch, sonst bin ich geliefert.«
Als ich am Abend nach Hause komme, sehe ich Skys Wagen vor dem Haus stehen. Sky ist Elijahs Ex. Die beiden haben sich vor einigen Wochen getrennt, doch wie es aussieht, haben sie wieder zusammengefunden. Da zumindest in dieser Richtung alles in Ordnung zu sein scheint, gehe ich etwas entspannter auf die Haustür zu und stecke den Schlüssel ins Schloss, als die Tür von innen geöffnet wird.
»Hi, Elijah, ist das Skys Wagen?«, frage ich und deute auf das Fahrzeug.
Er zieht mich rein und nickt. Ein Blick in sein Gesicht und ich weiß, dass ihm etwas schwer im Magen liegt.
»Was ist los?«, frage ich besorgt.
»Sunday, Sky wird hier wohnen. Wir haben uns ausgesprochen. Aber wenn das ein Problem für dich ist, ich meine, falls es dir zu viel wird mit einem schwulen Pärchen unter einem Dach zu leben, dann ...«
Ich unterbreche ihn sofort und lege meinen Zeigefinger auf seine Lippen. Er wirkt verunsichert, etwas, das ich von ihm nicht kenne.
»Elijah, das ist dein Haus. Du kannst tun und lassen, was du willst. Ich bin dir unendlich dankbar, dass ich hier wohnen kann, und sobald ich etwas Passendes gefunden habe, bist du mich auch wieder los.«
»Hey, davon will ich nichts hören. Du kannst hier wohnen, so lange du willst, ist das klar.«
Elijah kann unwahrscheinlich beharrlich sein, wenn es darum geht, seine Interessen durchzusetzen. Scheinbar hat er sich wirklich Gedanken darüber gemacht, wie ich darauf reagieren werde, dass Sky hier mit einzieht. Aber das war vollkommen unnötig.
»Na gut, wenn du mir versprichst, die Schlafzimmertür zu schließen, sobald du und Sky dort drinnen seid, habe ich kein Problem«, spiele ich auf seine speziellen Sexpraktiken an.
Zwischen Elijah und Sky sind die Rollen klar verteilt. Elijah ist der Mann im Haus und gibt den Ton an, wohingegen Sky liebevoll und anschmiegsam ist. Manchmal tut er mir direkt leid, mit einem Alphatier wie Elijah zusammen zu sein. Mein Freund kneift mich liebevoll in die Wange und grinst mich an.
»Wer sagt denn, dass wir uns nur auf das Schlafzimmer beschränken? Du weißt, dass ich Sky quer durch das ganze Haus ficke, wenn mir der Sinn danach steht.«
Ich spüre die Hitze in meinen Wangen, ein sicheres Zeichen, dass ich rot werde, und schüttle den Kopf.
»Hör auf! Auf diese Art Kopfkino kann ich verzichten.« Dann fällt mir sein Rennrad ein, das beschädigt in der Garage liegt. »Elijah«, sage ich langsam zu ihm und starre auf seine Brust, die unter einem engen schwarzen T-Shirt verborgen liegt, dabei fahre ich mit dem Finger über den Stoff. Er neigt den Kopf zur Seite, fasst mich an den Armen und ermuntert mich, weiterzusprechen.
Gott, wie soll ich es ihm nur sagen? Das Rennrad bedeutet ihm so viel ... Aber was soll’s, einfach gerade raus. »Dein Rennrad ... aber das ist gar nicht so schlimm, das lässt sich alles wieder reparieren.«
»Was?«
»Ich hatte heute Morgen einen Unfall im Park, dabei bin ich gestürzt und dein Rad hat einiges abbekommen. Es tut mir wirklich leid, Elijah«, gestehe ich ihm zerknirscht.
»Ist alles in Ordnung mit dir, Sunday? Warum hast du mich nicht angerufen?«
Ich zucke mit den Schultern, als Sky uns entgegnen kommt.
»Hi, süße Prinzessin, du siehst wieder fantastisch aus«, begrüßt er mich mit einem Kuss auf die Wange. Ich lächle ihn an.
»Und du bist der charmanteste Lügner aller Zeiten.«
»Wo ist das Rennrad?«, unterbricht Elijah.
»In der Garage.«
»Mh, ich schaue es mir später an. Und dir ist wirklich nichts passiert?«
»Nein, nur ein paar Schrammen, nichts, was nicht nach ein paar Tagen wieder heilt.« Aber der unbekannte Fremde wird mir sicher noch einige Zeit länger im Kopf herumspuken. »Und du bist mir nicht böse?«
»Spinnst du? Natürlich nicht. Hauptsache, dir ist nichts zugestoßen.«
Körperlich ist mir nichts zugestoßen, bis auf ein paar Kratzer und vielleicht den einen oder anderen blauen Fleck. Aber was ist mit den aufwühlenden Gefühlen, die ich immer stärker empfinde, sobald ich nur an ihn denke?
Warum geht mir diese Frau nicht mehr aus dem Kopf? Die ganze Strecke über hat sie meine Gedanken beherrscht. Sie ist eine von den Schüchternen, sicher mit einem exzellenten Schulabschluss, weil sie die meiste Zeit über ihren Büchern gesessen hat, anstatt wie die anderen das Leben zu genießen. Der Typ Frau, der mich noch nie sonderlich interessiert, geschweige denn in irgendeiner Weise erregt hätte. Aber heute hat mein kleiner Freund in der Hose reagiert. Sehr sogar. Das Kopfkino, das immer intensiver geworden ist, seit sie mir in die Augen geschaut hat, ist der beste Beweis dafür, dass ich diese kleine Göre gerne hinter die nächste Hecke gezogen hätte. Aber daran war überhaupt nicht zu denken. Sie ist ein Goodgirl! Keine von den Frauen, die sich beim Sex offen und experimentierfreudig zeigen. Sicher ist sie korrekt und durchorganisiert. Außer heute Morgen, da muss etwas in ihrem Fahrplan durcheinandergeraten sein.
Was für ein Schicksal es war, das uns zusammengebracht und sie in mein Leben katapultiert hat, kann ich nicht sagen. Aber ich bin überzeugt davon, sie wiederzusehen.
Im ersten Moment, als sie mich von unten keck angeschaut hat, war ich mir fast sicher, dass sie die richtige Partnerin für meine Spielchen sein könnte, aber spätestens ihre naiven Fragen haben mir gezeigt, dass sie keine Ahnung hat, wovon ich spreche. Da war mir bewusst, dass ich es mit einem scheuen Reh zu tun habe, von dem ich dringend die Finger lassen sollte.
Aber gerade aus diesem Grund muss ich immer wieder an sie denken. Wie sie versucht hat, mir das Ende des Unabhängigkeitskrieges näherzubringen, bringt mich zum Schmunzeln. Mein Gott, Kleine, wenn du wüsstest, welche schmutzigen Spielchen mir in dem Moment durch den Kopf gingen, als du ahnungslos zu mir aufgeschaut hast, würdest du schreiend davonlaufen.