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Toni der Hüttenwirt 259 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt 259 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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mein Käsebrot gestohlen, im Gegenteil. Man hat mir gleich einen Riesenteller davon serviert. Ich habe das Gefühl, ich ersticke daran.«

      »Das ist nicht gut. Dann leer den Teller auf dem Mist aus. Die Hühner machen sich gern darüber her.«

      Leander lachte. »Oh Tantchen, wie ich dich mag! Für dich ist alles so klar.«

      »Es ist im Leben immer alles klar. Es ist so, oder es ist so. Die Medaille hat immer nur zwei Seiten. Also, was ist?«

      »Der Verleger der Zeitung, bei der ich arbeitete, hat sich etwas Neues ausgedacht. Er will zur Wochenendausgabe eine neue Beilage herausbringen. Also gibt es eine neue Redaktion, und er hat mich zum Abteilungsleiter davon gemacht. Ich bin seit heute Morgen der Chefredakteur dieser Beilage. Ich soll alles aufbauen, mir Leute heranziehen und alles tun, damit es den Lesern gefällt.«

      »Und das passt dir nicht?«

      »Nein! Nadine steckt dahinter. Du weißt, dass sie das einzige Kind des Verlegers ist. Sie hat mir gestanden, dass sie bei ihrem Vater nachgeholfen hat.«

      »Das hat deine männliche Eitelkeit angekratzt?«

      »Ja!«

      »Mm, verstehe! Ich kenne diese Nadine nicht. Du hast sie ja nie hergebracht, immer nur von ihr erzählt. Vielleicht hat sie es gut gemeint.«

      »Sicher meint sie es gut, auf ihre Art. Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass sie alles steuern will, was mich betrifft.«

      »Bist du nicht ein bisserl überempfindlich? Oder hast du Angst, dass du es nicht schaffst?«

      Leander wiegte den Kopf und seufzte.

      »So eine Beilage zu machen, das ist ein neues Gebiet. Bisher habe ich für den Lokalteil gearbeitet, Recherchen gemacht und Sachen aufgedeckt in Politik und Wirtschaft. Ich war viel unterwegs, habe gefragt und gebohrt, bis ich die Informationen hatte. Es war schön und spannend. Ich habe einen Riecher für brenzlige Themen. Und jetzt soll ich sanfte, schöne, unterhaltende Geschichten über Menschen schreiben, alle mit einem guten Ende. Geschichten, die Mut machen und was fürs Herz bieten.«

      »Wie soll ich das verstehen?«

      »Zum Beispiel die Katze, die beim Umzug verlorenging und wiedergefunden wurde. Schöne Geschichten sollen es sein, die das Leben schrieb. Der Verleger meint, die Leute hätten die Nase voll von all den aufregenden Nachrichten. Klar müssen die gebracht werden. Aber dazu will er ein Gegengewicht schaffen.«

      »Also, ich würde die Beilage lesen, Leander«, sagte Hedwig.

      »Aber mir fällt nichts ein. Wo soll ich anfangen? Das ist nicht mein Gebiet. Ich habe keine Anregung in meinem Zettelkasten. Ich habe nichts, auf das ich zurückgreifen kann. Verstehst du? Ich komme mir vor, als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich brauche Tatsachen, Fakten, Ereignisse, Umbrüche, aufregende Ereignisse. Daraus kann ich etwas machen. Ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll. Dazu erwartet Na­dines Vater Wunderdinge von mir.«

      Hedwig stand auf und brühte sich aus Pulverkaffee einen Becher Kaffee auf. Sie war in Gedanken.

      »Und da hast dir gedacht, du besuchst mich«, sagte sie.

      »Ja, zu wem sollte ich sonst? Du kennst meine Eltern, die platzen vor Stolz, wenn sie es hören und deine Schwester, meine Großmutter auch. Großvater wird mir die Hand auf die Schulter legen und sagen: ›Bub, ich habe es immer gewusst, dass du mal richtig Karriere machst.‹ Da bin ich lieber hergefahren. Ich muss eine Entscheidung fällen. Ich will diesen Posten nicht. Ich kann das nicht. Es ist doch keine Schande zu bekennen, dass man etwas nicht kann, oder?«

      »Nein, Leander, das ist keine Schande. Aber es ist eine Schande, es nicht zu versuchen. So schwierig kann das doch nicht sein.«

      Leander lehnte sich mit dem Rücken an die hohe Rückenlehne der eingebauten Eckbank.

      Hedwig gab Zucker und Sahne in den Becher und rührte um. Sie sah dabei sehr nachdenklich aus.

      »Bub, die Welt und das Leben sind voller schöner Ereignisse und Geschichten. Mir ist gerade etwas eingefallen. Erinnerst du dich an die große blaue Glasmurmel? Sie hatte innen ein Muster, eine Art Blume. Sie glitzerte so schön in der Sonne. Du hast die Glasmurmel geliebt.«

      Leander lächelte. »Du hattest sie mir geschenkt, Tante Hedwig.«

      »Ja, so war es. Und dann hast du sie verloren. Tagelang, wochenlang bist du über die Wiesen und durch den Wald gestreift und hast sie gesucht. Die ganzen Sommerferien über hast du danach gesucht.«

      Leander lächelte. »Und ich habe sie nicht gefunden. Jedenfalls in dem Sommer nicht.«

      »Richtig, aber drei Jahre danach, hast du sie gefunden, zufällig. Ich erinnere mich gut daran. Sie lag unter einem Baum.«

      »Tante Hedwig, du hast damals gesagt, wahrscheinlich wäre sie mir irgendwo aus der Hosentasche gefallen, und eine Elster hätte sie in ihr Nest getragen. Von dort herunter wäre sie unter den Baum gefallen.«

      »Nur so kann es gewesen sein, Leander. Sag mal, ist das nicht schon eine schöne Geschichte, die Leser erfreuen könnte?«

      Leander schaute seine Großtante an. »Du hast recht. Dazu könnte ich ein Kinderbild bringen, meinetwegen eins von mir, man weiß es ja nicht, und mit dem Computer kann man Bilder verändern. Ich rede mit unserer Bildabteilung. Sie können eine große Murmel hineinprojizieren.«

      Hedwig schüttelte den Kopf. »Wir wäre es mit der echten Murmel?«, fragte sie schmunzelnd.

      »Sag bloß, du hast sie aufgehoben?«

      Sie lachte laut. »Leander, ich habe alles aufgehoben, alle Sachen, mit denen du gespielt hast. Du weißt, ich war nie verheiratet, obwohl ich mir immer einen Mann und Kinder gewünscht habe. Unter den nächsten Verwandten bist du mein Liebling gewesen. So wie du gewesen bist und noch bist, so habe ich mir immer einen Buben gewünscht.«

      Hedwig zog das Taschentuch heraus und schnäuzte sich. Leander wusste nicht, ob sie es aus Rührung tat oder es ein Anflug von Heuschnupfen war.

      »Wo sind die Sachen?«, fragte Leander.

      Hedwig zeigte mit dem Finger zur Decke. »Oben auf dem Dachboden, Bub. Du kannst ruhig raufgehen und suchen. Aber mache keine Unordnung! Ich habe alles in große Holztruhen getan. Räume schön wieder ein, wenn du eine Truhe durchgesehen hast!«

      Das war typisch Tante Hedwig. So lieb sie auch war, auf Ordnung und Sauberkeit hatte sie immer bestanden.

      Leander trank den Rest seines Biers aus, dann ging er die Treppe hinauf in die obere Etage.

      Hedwig hörte, wie er die schmale Stiege hinaufstieg. Die Tür zum Dach quietschte in den Angeln. Sie lächelte vor sich hin. Dann ging sie hinaus und fuhr fort, das Gemüse zu putzen, das sie für den Winter einlegen und einmachen wollte.

      Es war schon dunkel, als Leander herunterkam. Er griff in die Hosentasche. Dann nahm er ein Kissen von der Bank, drückte mit der Hand eine Kuhle hinein und legte die Murmel aus Glas in die Mitte. Er strahlte seine Großtante an.

      Diese lächelte und streichelte ihn kurz zärtlich über die Wange. »Wie ein Edelstein, hast du als Bub immer gesagt«, sagte sie.

      »Ich erinnere mich. Danke für deine Anregung!«

      »Des habe ich gern gemacht. Fühlst du dich jetzt besser? Du hast ja jetzt einen Anfang, oder?«

      »Ja, ich habe einen Anfang.«

      »Das ist gut! Dann wollen wir jetzt essen. Es ist zwar schon spät, aber hungrig ins Bett zu gehen, das ist nicht gut.«

      Sie setzten sich an den gedeckten Tisch. Es gab Wurst, Käse und Brot.

      »Du bist lange auf dem Dachboden gewesen. Da sind dir wohl viele Kindheitserinnerungen gekommen?«, sagte Hedwig nach dem Essen.

      Sie waren hinausgegangen und saßen auf der Bank vor dem Haus. Dort hatte Leander abends oft mit Hedwig gesessen und ihren Geschichten gelauscht.

      »Ja,


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