SKULL 3: Die Würfel fallen. Stefan BurbanЧитать онлайн книгу.
noch ein letztes Mal um. Schließlich seufzte er. »Weitermachen!« Mit diesem einen Befehl drehte er sich um und verließ den Raum.
Die Wachen traten vor und führten die Gefangenen durch eine weitere Tür in den Zellenbereich. Sie passierten drei Sicherheitstüren, bevor sie eine weite, hohe Halle erreichten, die aus drei Ebenen bestand. Jede Ebene war gespickt mit unzähligen verschlossenen Zellen.
Die Neuankömmlinge mussten die Halle durchqueren, wobei sie dem Spott der älteren Gefangenen ausgeliefert waren. Einige warfen Gegenstände auf sie. Es gab hier wohl nicht sehr viel Abwechslung, wodurch das Piesacken der Neuankömmlinge zur beliebten Freizeitaktivität mutierte.
Die Gefangenen wurden auf verschiedene Zellen verteilt. Barrera und Lennox fanden sich in gegenüberliegenden Zellen wieder. Jeder von ihnen hatte noch drei Mitbewohner, die ihre neuen Zellengenossen argwöhnisch musterten.
Als die Zelle erneut verschlossen wurde, trat Lennox an das Gitter und umfasst die Stäbe mit den Händen. Er war etwas verwundert, hier keine Kraftfelder vorzufinden, sondern diese Relikte aus antiquierten Zeiten.
Ein Schatten fiel auf ihn. Lennox sah auf. Vor ihm stand Walsh und musterte ihn grinsend. »Auf dich und deinen Kumpel werde ich ganz besonders gut achtgeben. Ihr seid für jemand Wichtiges von enormem Interesse.«
Lennox runzelte die Stirn. »Und für wen?«
»Das erfährst du noch früh genug. Es gibt Fragen, die ihr beantworten sollt, und wir sind hier sehr erfahren im Umgang mit sturen Persönlichkeiten. Wir haben noch jeden zum Sprechen gebracht.«
Lennox ersparte sich einen Kommentar. Es wäre ohnehin sinnlos gewesen und er brauchte jedes bisschen Kraft für die Zeit, die nun auf ihn zukam.
Walsh lachte leise und wandte sich um. »Willkommen auf der Asylum!«, sagte er, während er davonschlenderte.
Es war seltsam, seinen Fuß wieder auf den Boden von Beltaran zu setzen. Dexter fühlte sich, als würde er hier nicht hergehören. Dabei sah Ender, die planetare Hauptstadt der Grafschaft, so aus wie in seiner Erinnerung. Ein bisschen moderner vielleicht, aber immer noch sauber, ordentlich und strahlend schön. Dies alles entbehrte jedoch nicht eines Wermutstropfens: Die zunehmende Militarisierung Enders war allgegenwärtig.
Die aufgehende Sonne sandte ihre Strahlen über die Skyline der Stadt und tauchte die Wolkenkratzer in sanftes Licht. Eine Staffel Samurai-Helikopter flog im Tiefflug Patrouille über den Dächern und zerstörte damit das idyllische Bild. Auf vielen Gebäuden waren Luftabwehrstellungen installiert worden. Zu Zeiten seines Vaters hätte es das niemals gegeben. Nahezu jeder Platz, jede Straßenecke und jede Kreuzung wurde von Panzern oder schwerer Infanterie kontrolliert.
Die Zustände auf Beltaran waren schlimmer als während des Krieges. Man hätte meinen können, der Planet erwarte jeden Augenblick einen verheerenden Angriff. Dexter aber weigerte sich zu glauben, dass die Lage so weit eskalieren würde. Er hob den Blick. Eine zweite, eine dritte und kurz darauf sogar eine vierte Helikopterstaffel gesellten sich zu der ersten. Dexter verzog schmerzhaft berührt die Miene. Vielleicht irrte er sich auch.
Hoch am Himmel zog ein Schwarm Jäger seine Bahn. Dexter überschattete seine Augen mit der rechten Hand, konnte aber nicht erkennen, um was für einen Typ es sich handelte.
Die Grafschaft Beltaran konnte zur Verteidigung im Grunde auf zwei Truppenverbände bauen: die Miliz sowie die Blackburn-Hausgarde. Gemeinsam brachten es die beiden Waffengattungen auf ungefähr hunderttausend Mann unter Waffen. Hinzu kamen noch einmal etwa fünfzigtausend Mann, die an Bord der beltaranischen Systemflotte dienten.
Die Streitkräfte Beltarans waren sicherlich kompetent und für die Einheiten einer Grafschaft darüber hinaus gut bewaffnet. Dexter schätzte, dass sie durchaus einem Angreifer beträchtlichen Schaden zufügen konnten. Sollte es aber zu einem Schlagabtausch mit der Colonial Royal Navy kommen, würden sie innerhalb weniger Tage – allerhöchsten zwei oder drei Wochen – überwältigt werden.
Dexter blieb stehen, sobald er das Raumhafengebäude verlassen hatte, und atmete tief durch. Die Wiedersehensfreude wurde durch das allgegenwärtige Gefühl einer bevorstehenden militärischen Auseinandersetzung getrübt.
In seinem Kielwasser folgten Melanie St. John, Red, Lincoln Dunlow sowie Wolfgang Koch. Sie versammelten sich um ihn und musterten die Szenerie alle mit ähnlicher Mimik. Keinem von ihnen gefiel, was zu sehen war.
Melanie trat einen Schritt näher. »Wusstest du davon?«
Dexter sah sich halb um. »Dass es so schlimm ist?« Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich hatte keine Ahnung.«
Dunlow rümpfte die Nase. »Ich habe schon Planeten kurz vor einer Invasion erlebt, auf denen die Stimmung positiver war.«
»Sie sollten nicht vergessen«, ermahnte Dexter, »hier stehen Menschen des Königsreichs gegen Menschen des Königreichs.«
Dunlow schnaubte. »Es waren Menschen des Königreichs, die meine Heimat vernichteten. Verzeihen Sie, wenn sich mein Mitgefühl in Grenzen hält.«
Koch warf dem Mann einen missbilligenden Blick zu. »Diese Leute hier sind in Schwierigkeiten, weil sie Ihren Leuten geholfen haben. Ein wenig Dankbarkeit wäre bestimmt nicht zu viel verlangt.«
Scham huschte über Dunlows Gesicht. »Sie haben natürlich recht.« Sein Blick zuckte in Dexters Richtung. »Vergeben Sie mir. Ich befürchte, meine Umgangsformen haben etwas gelitten.«
Dexter winkte ab. »Vergessen Sie es. Ich denke, wir haben auch durchaus andere Probleme.« Er setzte sich in Bewegung, seine Begleiter folgten ihm auf dem Fuße.
Ein unabhängiger Frachter hatte sie von Selmondayek nach Beltaran geschmuggelt. Es war riskant und langwierig gewesen. Der Flug hatte fast einen Monat gedauert, länger als mit jeder anderen Beförderungsmöglichkeit. Außerdem hatte es ihre finanziellen Möglichkeiten schrumpfen lassen. Sie hatten nicht nur den Frachterkapitän bezahlen, sondern auch zwei Mitglieder der beltaranischen Zollbehörde schmieren müssen. Das Schlimmste war, dass keiner von ihnen eine Waffe trug. Bewaffnet hätten sie es nie aus dem Raumhafengebäude geschafft.
Koch seufzte. »Also, Commodore? Wie gehen wir am besten vor?«
Dexter überlegte. »Als Erstes beziehen wir irgendwo ein günstiges Hotel und ruhen uns etwas aus. Major St. John kann die Zeit nutzen, um das örtliche Datennetz nach Informationen zum Tod meines Vaters zu durchforsten. Gleichzeitig besorge ich uns ein paar Waffen.«
Koch zog beide Augenbrauen hoch. »Und wo wollen Sie die herbekommen?«
Dexter lächelte. »Das hier ist das Vereinigte Koloniale Königreich. Ein Schwarzmarkt für Waffen gibt es in jeder größeren Stadt. Man muss nur wissen, wohin man zu gehen hat.«
Die Absteige, in der sie sich einmieteten, verdiente die Bezeichnung Hotel nicht wirklich. Es war dreckig und heruntergekommen. Das einzig Positive war, dass sie oberflächlich betrachtet keine Schädlinge in den Zimmern fanden. Aber vermutlich nur deshalb, weil Asseln, Schaben und Ähnliches es vorgezogen hatten, das Hotel mit Sack und Pack zu verlassen. Die Gruppe nahm zu fünft lediglich ein Zimmer, da sie sich nicht mehr leisten konnten.
Der Mann an der Rezeption verzog zwar die Miene, bei der Vorstellung, dass eine Frau und vier Männer gemeinsam ein Hotelzimmer buchten, sagte aber nichts dazu. Vermutlich hatte ihn seine schmutzige Fantasie bereits mit irgendeiner Geschichte versorgt, in der Melanie unter den Männern herumgereicht wurde. Sollte er doch glauben, was er wollte, solange er die kleine Gruppe sich selbst überließ.
Dexter führte seinen Plan aus und überließ seine Kameraden eine Weile sich selbst, um