Raumschiff Prokyon und die Langzeitwaffe Todeskristall Raumschiff Prokyon #15. Harvey PattonЧитать онлайн книгу.
sage die reine Wahrheit, verdammt! Da unten auf dem Hafen liegen bereits mehrere Schiffe, deren Besatzungen qualvoll umgekommen sind. Glaubt mir doch endlich – die Stasis-Kristalle durchdringen mühelos jede feste Materie, sie würden auch euch töten. Das weiß man mittlerweile überall in unserer Raumkugel; hinter welchem Mond habt ihr denn in der letzten Zeit gelebt?«
Jan Prokop grinste breit.
»Hinter gar keinem, verehrter Captain, wir waren laufend unterwegs. Fracht nach Terrossian, Gosheen Palmyra II, Kypsthalers Planet – ein kleiner selbständiger Unternehmer muss sich seine Brötchen hart verdienen. Für diesen Trip nach Nuchaar lässt die TRADING CO. Infolge der großen Entfernung eine Menge Creds springen. Meinen gewisse Leute von Terra vielleicht, wir würden ihnen zuliebe darauf verzichten?«
Claude Delbos stöhnte unterdrückt auf.
»Die SHARDEEBA TRADING hat euch geleimt, Skipper! Ihre Leute wussten natürlich, dass Nuchaar unter Quarantäne liegt, aber euch hat man das vornehm verschwiegen. Ihr seid nach der letzten Fahrt auf Shardeeba gelandet, und dann hat man euch umgehend wieder auf Achse geschickt, nicht wahr?«
»Stimmt«, sagte die junge Frau mit gerunzelter Stirn. »Die STC war auch unser vorheriger Auftraggeber, und nach der Rückkehr von Kyps hat sie uns gar nicht mehr zum Luftholen kommen lassen. Man hat Daddy zugleich mit dem letzten Scheck die neuen Frachtpapiere in die Hand gedrückt, und kaum hatte er ja gesagt, wurde die MICKEY auch schon wieder aufgetankt und beladen. Uns blieben ganze acht Stunden, dann waren wir bereits wieder hierher unterwegs.«
»Na und?«, meinte Prokop störrisch. »Diese Firma hat sich bisher immer als fairer Geschäftspartner erwiesen, ich sehe keinen Grund, ihr deswegen zu misstrauen. Mir macht so leicht niemand etwas vor, ich habe alle Angaben auf den Folien genau nachgeprüft. Alles war restlos einwandfrei, die Bestellungen der Administration Nuchaars hielten auch der Computerkontrolle stand.«
»Waren sie nicht auch – rein zufällig natürlich – schon mehr als zwei Monate alt?«, erkundigte sich der Captain lakonisch. »Ich bin zwar kein Geschäftsmann, aber diese Vermutung liegt auch für mich recht nahe, Jan. Man packt irgend etwas in die Container, schickt sie hierher los und verlässt sich auf deine Integrität. Ihr landet auf Daitha Nuchaara, kommt anschließend durch die Stasis-Kristalle um, und niemand kann eure Ladung kontrollieren, weil der Planet für Menschen unzugänglich ist. Sie gilt als verloren, und nach der üblichen Frist zahlt die Versicherung – und sie muss dann auch zahlen, wenn wir euch mit Waffengewalt an der Landung hindern und die Container dabei zerstört werden, nicht wahr?«
»Du spinnst doch im Quadrat, Mann!«, brüllte der Frachterkapitän. »Dies war mein lukrativster Auftrag seit Langem, glaube nur nicht, dass ich ihn mir durch diese haltlosen Unterstellungen kaputtmachen lasse. Es gibt weder Kristalle noch sonstige Erreger, die kompakte Stahlwände durchdringen können – wir werden auf Nuchaar landen und ausladen, auch wenn du dich auf den Kopf stellst!«
»Tue es nicht, Daddy!«, beschwor ihn die junge Frau, aber Prokop lachte nur.
»Keine Widerrede mehr, Vera, hier an Bord habe noch immer ich zu bestimmen. Halte weiterhin Kurs auf den Planeten, Fran«, wandte er sich an den Piloten, der außerhalb des Kamerabereichs geblieben war. »Dieser Terraner mag wohl jetzt große Töne spucken – dass er aber auf uns schießen lässt, wenn's drauf ankommt, glaube ich nicht!«
*
Er unterbrach die Verbindung, und Delbos sagte etwa zwanzig Worte, gegen deren Aufnahme sich jeder Sprechschreiber gesträubt hätte. Dann hatte er sich abreagiert, wirbelte herum und winkte Carter.
»Eine Verbindung zur LOCUSTA, schnell! Wir müssen uns Maßnahmen überlegen, wie wir diesen gefährlichen Irren möglichst weit draußen abfangen können, und unser Kahn allein schafft das nicht.«
Die drei leichten Kreuzer ZIKADE, LOCUSTA und GRILLE umkreisten Nuchaar stationär in der Formation eines gleichseitigen Dreiecks, jeweils hunderttausend Kilometer von seiner Oberfläche entfernt. Es war ein nicht sonderlich angenehmer Job für ihre Besatzungen, denn die meiste Zeit über ereignete sich nichts, aber die Männer und Frauen hatten sich freiwillig dafür gemeldet, vermutlich der hohen Prämien wegen.
Bisher war es ihnen noch immer gelungen, die vereinzelten Raumer, die den Planeten trotz der Quarantäne anzufliegen versuchten, von ihm fernzuhalten. Meist hatten dazu Worte ausgereicht, mit denen die Gefährlichkeit der grünen Kristalle anschaulich geschildert wurde. Die Letho-Dimonds, die Nuchaar besiedelt hatten, wurden von ihnen verschont, Menschen griffen sie dagegen gnadenlos an, setzten sich an ihren Körpern fest und töteten sie innerhalb kurzer Zeit. Weshalb, das wusste niemand.
Die PROKYON-Crew war ihnen vor einiger Zeit entkommen und hatte eingehend über ihre Erfahrungen mit ihnen berichtet. Alles ließ darauf schließen, dass diese meist in beweglichen Wolken auftretenden Partikel eine Art von Kollektivintelligenz besaßen, wenn ihnen auch ein Leben im herkömmlichen Sinn kaum zuzubilligen war. Dies blieben jedoch reine Spekulationen, denn an eine eingehende Erforschung durch Spezialisten war nicht zu denken. Die Kristalle durchdrangen jede feste Materie mühelos, selbst die molekularverdichteten Stahlwände von Raumschiffen.
Die Behörden hatten, nachdem der GRAT-Kreuzer GEMINI und das Großfrachtschiff JAKOB FUGGER – neben mehreren anderen bis jetzt noch nicht identifizierten Fahrzeugen – auf Nuchaar ihre Besatzungen verloren hatten, rasch gehandelt. Allen Planeten der Raumkugel war die Quarantänewarnung übermittelt worden, die drei Kreuzer waren im Nonstopflug zum Dimonio-System gestartet. Bisher hatten sie ihre Aufgabe voll erfüllt, ein besonders renitenter Frachterkapitän hatte nach der Androhung von Waffengewalt schließlich auch aufgegeben.
Nun ging der Einsatz der drei Wachschiffe seinem Ende entgegen. In einer Woche sollten sie durch Einheiten Nimboids ersetzt werden, die Ablösung war längst unterwegs. Und jetzt tauchte plötzlich ein Mann auf, der alle Warnungen einfach ignorierte und stur weiterflog, auf dem besten Wege, mit seiner ganzen Besatzung zusammen Selbstmord zu begehen!
»Wir müssen ihn unbedingt stoppen, Chris!«, sagte Claude Delbos, als die Verbindung zur LOCUSTA stand. »Die Firma auf Shardeeba, die ihn oder vielmehr sein Schiff gechartert hat, hat den Umstand, dass er in letzter Zeit pausenlos unterwegs war, schamlos ausgenutzt. In den sechzehn Containern befindet sich vermutlich nur Schrott, während die Frachtpapiere eine besonders wertvolle Ladung ausweisen. Der Mann ist zwar stur, aber meiner Ansicht nach auch ehrlich, und außerdem ...«
»... hat er eine recht ansehnliche Tochter, nicht wahr?«, fiel ihm Captain Chris Landon amüsiert ins Wort. »Ich habe eure Unterhaltung rein zufällig mitgehört, die LOCUSTA kam gerade hinter dem Planeten hervor, so dass auch bei uns die Ortung ansprach. Okay, Claude, ich mache selbstverständlich mit. Wir können den Orbit ohne Bedenken gleichzeitig verlassen, es ist kaum anzunehmen, dass ausgerechnet in den nächsten Stunden ein zweiter Eimer hier aufkreuzen wird. Und selbst wenn, ist ja die GRILLE auch noch da.«
Captain Delbos atmete auf und nickte.
»In Ordnung, ich werde Niko Bourokostas sofort unterrichten, damit er doppelt gut aufpasst. Dann scheuche ich meine restlichen Leute aus den Betten, in einer Viertelstunde sausen wir los. Wir handeln nach Einsatzplan B, klar?«
»Müssen wir schon, Alter, die MICKEY ist nur noch 700 Millionen Kilometer entfernt. Dieser Prokop scheint es besonders eilig zu haben, sich ins Verderben zu stürzen, sein Antrieb läuft mit vollem Schub. Er glaubt noch immer nicht, dass wir es wirklich ernst meinen – beweisen wir ihm das Gegenteil!«
Claude Delbos alarmierte zunächst seine restliche Besatzung, rief dann die GRILLE an und unterrichtete Captain Bourokostas. Indessen glitt bereits das Schott auf, und Mary Houston betrat die Zentrale, der weibliche Erste Offizier und Kybernetiker der ZIKADE. Man sah ihr an, dass sie erst vor Kurzem aus dem Bett gekommen war, denn das gewohnte Make-up fehlte, und das halblange blonde Haar war nur mangelhaft zurechtgekämmt. Gähnend und wortlos nahm sie den Platz am Bordcomputer ein, und Jens Carter zuckte bei ihrem Anblick leicht zusammen. Bisher hatte er sie heimlich verehrt, aber in diesem Moment starben in ihm einige Illusionen in Bezug auf ihre Person.
Er kam jedoch nicht zu weiterem Nachdenken, denn nun meldete sich auch der Bordingenieur Julio