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Gibt es Leben auf dem Mars?. Andreas EschbachЧитать онлайн книгу.

Gibt es Leben auf dem Mars? - Andreas Eschbach


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      Der Autor

      Andreas Eschbach,

      1959 geboren, studierte Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete zunächst als Softwareentwickler, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Bekannt wurde er durch den Thriller »Das Jesus Video«, der monatelang an der Spitze der Bestsellerlisten stand und erfolgreich verfilmt wurde. Andreas Eschbach lebt als freier Schriftsteller in der Bretagne.

      Titel

      Andreas Eschbach

      Gibt es Leben auf dem Mars?

      oder

      Das Marsprojekt – Der flüsternde Sturm

Arenaneu.tif

      Impressum

      Erste Veröffentlichung als E-Book 2013

      2009 by Andreas Eschbach

      Alle Rechte vorbehalten

      Cover: Frauke Schneider

      ISBN 978-3-401-80271-8

      www.arena-verlag.de

      Ein Begräbnis

      Es ist eine der traurigen Tatsachen des Lebens, dass es keinen Fortschritt gibt ohne Opfer.«

      Die Stimme, die das sagte, gehörte Jewgenij Turgenev, einem der Männer, die jenseits der durchsichtigen Kuppel dabei waren, einen Toten beizusetzen. Vier Männer in Raumanzügen trugen den in ein weißes Tuch gehüllten Leichnam so würdevoll, wie es die geringe Schwerkraft des Mars zuließ. Zwei andere warteten neben dem Grab, das man auf dem kleinen Friedhof am östlichen Kraterrand ausgehoben hatte.

      Die übrigen Trauergäste – praktisch die gesamte Bevölkerung der Marssiedlung, an die zweihundert Menschen – standen innerhalb der Treibhauskuppel in dem Gras, das darin wuchs. Die Kuppel bestand nur aus einer hauchdünnen Folie, dünner als ein menschliches Haar: Das war alles, was sie von der graubraunen Marswüste trennte und von einer Atmosphäre, deren Druck nahezu null betrug. Da draußen konnten Menschen nur leben, wenn sie einen Raumanzug trugen. Und dieser Raumanzug durfte nicht versagen, wie er es bei dem unglücklichen Mann getan hatte, der heute begraben wurde.

      »Lasst uns in dieser Stunde eines Mannes gedenken, der dieses Opfer gebracht hat«, fuhr Jewgenij fort, »und dessen Name Dimit­ri Vassilewitsch Gorki gewesen ist.«

      Elinn spähte hinüber zu der blonden Frau, die, gestützt von einigen anderen Frauen, dicht an der Kuppel stand und immer wieder Anstalten machte, diese anzufassen. Woran die anderen sie jedes Mal hinderten. Das war auch gut so, denn da die Folie so dünn war, hatte sie dieselbe Temperatur wie die Marsatmosphäre – war also sehr kalt. Wer sie mit der bloßen Hand anfasste, riskierte, sich eine Kälteverbrennung zu holen.

      Elinn wusste, dass die blonde Frau Dimitris Freundin gewesen war. Die beiden hatten sich hier auf dem Mars kennengelernt.

      Und nun war Dimitri tot. Elinns Blick wanderte über den kleinen Friedhof. Im Lauf der Zeit waren schon viele Menschen auf dem Mars gestorben, die meisten allerdings an Krankheiten. Doch Unfälle kamen auch vor – häufiger als auf der Erde, wie sie mal jemanden hatte sagen hören.

      Die Erde. Elinn kannte die Erde nicht. Sie war hier auf dem Mars geboren und alles, was sie über die Erde erfuhr, ließ sie ihr wie einen fremden Planeten erscheinen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie das war, wenn Milliarden anderer Menschen um einen herum lebten. Wie das war, ohne Raumanzug aus einem Gebäude zu treten und draußen herumzulaufen, in ganz normaler Kleidung. Oder Regen; wenn Wasser von oben auf einen herabfiel – das stellte sie sich gruselig vor.

      Leute, die auf der Erde geboren waren, lachten sie aus, wenn sie das sagte. Und auf der Erde geboren waren die meisten, die auf dem Mars lebten. Eigentlich alle bis auf sie, ihren drei Jahre älteren Bruder Carl, der als der erste auf dem Mars geborene Mensch in den Geschichtsbüchern stand, und Ariana. Selbst Ronny, das vierte der sogenannten »Marskinder«, war nicht auf dem Mars geboren, sondern noch auf der Erde. Er war als Säugling mit seinen Eltern auf den Mars gekommen, war hier aufgewachsen und konnte sich an die Erde nicht erinnern. Aber er war dort geboren, das blieb eine Tatsache.

      Die Ansprache ging weiter. Es ging um Dimitris Werdegang, um sein Studium in Moskau, Washington und Bombay… Doch das rauschte alles an Elinn vorbei.

      Natürlich hatte sie Dimitri gekannt. Sie kannte alle, die auf dem Mars lebten, wusste von jedem, wie er hieß und woher er kam. Dimitri Gorki war ein lustiger Kerl gewesen, der bei den Sonntagabendfesten manchmal Balalaika gespielt und mit einer schönen Stimme dazu gesungen hatte.

      Elinn sah zu, wie die vier Träger den Leichnam in die Grube senkten, und ballte die Fäuste, weil nun auch ihr eine Träne über die Wange lief.

      Sie musste an ihren Dad denken, der vor vielen Jahren, als sie noch ganz klein gewesen war, bei einer großen Expedition ums Leben gekommen war, einer der größten Expeditionen überhaupt. Dad und seine Leute waren in die Cydonia-Region aufgebrochen, dort in einen großen Sandsturm geraten und spurlos verschwunden.

      Dimitri allerdings war nicht bei einer Expedition gestorben, sondern bei Außenarbeiten an den Messeinrichtungen rings um die Siedlung. Er war mit einem scharfen Werkzeug abgeglitten und hatte sich damit den Raumanzug so stark aufgeschlitzt, dass alle Hilfe zu spät gekommen war.

      Eigentlich galt das Material der Raumanzüge als unzerreißbar. Aber hin und wieder passierte eben doch etwas. Vor ein paar Jahren zum Beispiel hatte Ronny sich ein Loch in den Anzug gerissen, als sie am Koboldfelsen herumgetobt hatten. Zum Glück nur ein kleines; Ronny war mit ein paar Erfrierungen davongekommen.

      »Dimitri Vassilewitsch Gorki«, psalmodierte Jewgenij Turgenev schließlich, »du hast die lange Reise unternommen von der Erde, der Wiege der Menschheit, auf den Mars, in die erste dauerhafte Siedlung außerhalb der Erde. Das Schicksal wollte es, dass du von hier aus deine nächste Reise antrittst, deine letzte Reise, von der es keine Rückkehr gibt. Wir, die wir hier versammelt sind, denken an dich; unsere besten Wünsche begleiten dich, der du als Forscher kamst und als Forscher von uns gegangen bist.«

      Die Männer in den Raumanzügen begannen, die Grube wieder zuzuschaufeln.

      Sicherheitsmaßnahmen

      Die Trauerfeier fand wie alle Feiern auf der Plaza statt, einem Saal mit einer hohen Kuppel, in dessen Mitte ein Springbrunnen sprudelte. Anders als bei den Sonntagsfesten herrschte heute gedrückte Stimmung. Die Leute aßen wenig, redeten mit gedämpften Stimmen und die traurige Musik, die den Platz erfüllte, kam bloß aus Datenspeichern.

      Elinns Mutter stocherte in ihrem Essen herum und starrte ins Leere. Carl saß neben ihr und machte ein Gesicht, als habe er etwas angestellt.

      »Was ist denn?«, fragte Elinn leise.

      »Wieso fragst du?«, gab ihr Bruder flüsternd zurück. »Sie denkt an Dad.«

      »Ach so.« Elinn wusste nicht, was sie weiter sagen sollte, also stand sie auf und ging mit ihrem Teller noch einmal ans Büfett.

      Sie nahm sich gerade von dem Risotto, als jemand ihr die Hand von hinten auf den Kopf legte.

      »Ach Kind«, seufzte eine Frauenstimme, »wenn dein Vater doch nur auch hier bei uns läge.«

      Es war Mrs Dumelle, die vor vielen Jahren zusammen mit ihrem Mann, einem Raumfahrttechniker, auf den Mars gekommen war. Sie war eine angenehme Person, stattlich, rundlich; so, wie sich Elinn ihre Großmutter vorstellte, die schon lange nicht mehr lebte. Wenn Mom von ihr erzählte, hatte Elinn immer Mrs Dumelle vor Augen.

      »Mein Dad hat gesagt, wenn man im Leben das tut, woran das Herz hängt, ist es nicht so wichtig, wann man stirbt und wo«, erinnerte sich Elinn in dem Moment. Vielleicht, weil Dad ihr auch manchmal so die Hand auf den Kopf gelegt hatte. »Glauben Sie, er hat das getan, woran sein Herz gehangen hat?«

      Mrs Dumelle lächelte sanft und mit von Tränen verschleierten Augen. »Oh, ganz bestimmt. Natürlich hat sein Herz an euch gehangen, aber er hat immer voller


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