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Ich kann keinem Menschen mehr vertrauen: Dr. Staffner packt aus 15. Wolf G. RahnЧитать онлайн книгу.

Ich kann keinem Menschen mehr vertrauen: Dr. Staffner packt aus 15 - Wolf G. Rahn


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Ich tat, als schliefe ich. Doch diese Nacht war die furchtbarste in meinem Leben.

      Umso ungläubiger starrte ich am anderen Morgen Annemarie und Karl-Heinz an, die bei uns läuteten. Annemarie, die inzwischen aus der Klinik entlassen worden war, fiel mir weinend um den Hals und bat mich, ihr zu verzeihen. Auch Karl-Heinz murmelte eine Entschuldigung.

      Was war geschehen? Bernhard erklärte es mir. Er hatte sich eines Rechtschreibfehlers erinnert, den ich mir einfach nicht abgewöhnen konnte. Der anonyme Brief enthielt ihn nicht. Das wäre für ihn schon Beweis genug gewesen.

      Aber er war überzeugt, dass nur jemand hinter der Geschichte stecken konnte, der von Karl-Heinz' Entgleisung erfahren oder sie sogar mitangesehen hatte. Durchs Fenster zum Beispiel.

      Er sagte der Kirchleitner seinen Verdacht auf den Kopf zu, und diese war so überrascht, dass sie es zugab und noch am gleichen Tag mit ihm zu den Untersbergers ging.

      Sie zog kurz darauf aus unserer Gegend fort. In der Nachbarschaft war man zuerst sehr verwundert, als man uns wieder mit den Untersbergers einträchtig zusammen sah.

      Nach und nach wurde es wie früher, und nicht wenige Bekannte überschütteten mich mit besonderer Freundlichkeit.

      Daran lag mir nichts. Ich war froh, dass eine Dummheit unsere Freundschaft mit Annemarie und Karl-Heinz nicht nachhaltig zerstört hatte. Vor allem aber werde ich immer daran denken, wie mein Mann in meiner schwersten Zeit zu mir hielt, auch wenn ich das nicht gleich erkannte.

      Wohin mit Claudius?

      Es war beim Pilzesuchen im Wald, als unser Sohn Jürgen aufgeregt angelaufen kam und uns etwas ganz Tolles mitteilen wollte. Wir wurden aus seinen hervorgestoßenen Wortfetzen nicht klug, aber es musste sich wohl um einen besonders prächtigen Steinpilz handeln, den Jürgen entdeckt hatte.

      Wie überrascht waren wir, als uns der Junge zu einem Schäferhund führte, der an einer Buche festgebunden war und sich in erbarmungswürdigem Zustand befand.

      Karlheinz, mein Mann, war genauso empört über die Herzlosigkeit des Besitzers wie ich. Am unglücklichsten aber war unser Zehnjähriger, dem es einfach nicht in den Kopf wollte, dass ein Mensch so etwas tun konnte.

      "Bei uns soll Claudius es gut haben", betonte er ernsthaft, womit er nicht nur den Namen des geschundenen Tieres festlegte, sondern auch dessen künftiges Schicksal.

      Es war für uns kein Geheimnis, dass sich Jürgen schon lange einen Hund wünschte. Da wir jedoch zur Miete wohnten und unser Nachbar sich bereits über Katzen und den Lärm von Wellensittichen aufregte, hatten wir seinem Bitten nie nachgegeben. Aber den Schäferhund konnten wir natürlich nicht seinem traurigen Schicksal überlassen.

      "Wir bringen ihn ins Tierheim", eröffnete Karlheinz mit Nachdruck und erklärte unserem Sohn zum wiederholten Male, warum wir kein Tier, dazu noch ein so großes, halten konnten.

      "Ich versorge Claudius auch ganz allein", trumpfte Jürgen auf. In seinen Augen begannen die ersten Tränen zu blinken. "Im Tierheim sind schon so viele herrenlose Hunde. Außerdem holt ihn vielleicht wieder jemand, bei dem es ihm dann schlecht geht."

      Der Hund sah tatsächlich aus, als wäre er geschlagen worden. Auch uns begegnete er anfänglich mit großem Misstrauen, verschlang aber unseren restlichen Proviant mit wahrem Heißhunger.

      Wir kamen überein, Claudius erst einmal mitzunehmen. Karlheinz wollte sich in der Firma, in der er arbeitete, umhören, ob ein Kollege sich des Tieres annehmen wolle.

      "Dann wissen wir wenigstens, zu wem er kommt", beruhigte er Jürgen, der aber auch über diese Lösung nicht glücklich war.

      "Du musst doch einsehen, dass es in unserer Wohnung ganz einfach zu eng ist", redete ich daheim auf ihn ein.

      Als er dagegenhielt, dass Claudius ja in seinem Zimmer schlafen könne, hielten Karlheinz und ich es für an der Zeit, ihn einzuweihen, dass wir demnächst zu viert sein würden.

      "Du bekommst noch ein Baby?", rief Jürgen strahlend und fiel mir um den Hals. "Das ist ja prima." Als ausreichenden Grund, sich von seinem neuen Freund zu trennen, wollte er aber auch den Nachwuchs nicht akzeptieren.

      Aus Erfahrung wusste ich, dass man dem Jungen Zeit lassen musste. Deshalb plädierte ich dafür, Claudius zunächst zu behalten, bis wir eine bessere Lösung gefunden hatten.

      Doch diesmal war die Zeit nicht unser Verbündeter. Je länger der Hund bei uns war, um so unzertrennlicher wurden er und Jürgen. Mit jedem Tag würde den beiden der Abschied schwerer fallen.

      Und dass Claudius nicht bei uns bleiben konnte, stand nicht nur aus räumlichen Gründen fest. Es gab Ärger mit unserem Nachbarn, der sich über das gelegentliche Bellen aufregte und sich von dem Tier belästigt und sogar bedroht fühlte.

      Schon jetzt ahnte ich, wie der Mann auf künftiges Babygeschrei reagieren würde. Leider bestand keine Aussicht, eine größere, erschwingliche Wohnung zu bekommen. Also musste zumindest Claudius weichen.

      Es gelang Karlheinz nicht, in seiner Arbeitsstätte ein neues Zuhause für unseren Schützling zu finden. "Es bleibt wohl doch nur das Tierheim", bedauerte er. Ich sah ihm an, dass auch er sich nur ungern von Claudius trennte.

      Jürgen tat alles, um uns umzustimmen. Er nahm seine freiwillig übernommenen Pflichten sehr ernst. Hatte ich anfangs erwartet, dass seine Begeisterung sehr bald nachlassen würde, wenn er mehrmals täglich mit dem Hund spazierengehen musste, während seine Freunde Fußball spielten, so versetzte er mich immer mehr in Erstaunen.

      "Herr Östhagen hat auch gesagt, dass Claudius ein besonders kluger Hund ist", erzählte er von einem Mann, den er bei seinen ausgedehnten Spaziergängen mit Claudius kennengelernt hatte.

      Dieser Herr Östhagen entwickelte sich im Laufe der Wochen zu einem regelrechten Verbündeten für unseren Sohn. Zu gerne hätte ich mit ihm ein paar Worte gewechselt. Ich fand es nicht richtig, dass er den Jungen auch noch in seinem unerfüllbaren Wunsch bestärkte.

      "Komm doch einfach mal mit", schlug Jürgen vor.

      Das tat ich auch, und ich war bestürzt, als ich den Mann sah, den sich mein Jürgen als Vorbild erkoren hatte. An seiner Jacke fehlten zwei Knöpfe, sein Hemd war nicht das sauberste, und die Weisheiten, die er zum besten gab, ließen auf einen Menschen schließen, der mit der Weltordnung auf Kriegsfuß lebte.

      "Es gibt Wichtigeres als reine Hemden", brummte er. "Dass man zum Beispiel eine wehrlose Kreatur nicht seinem Schicksal überlässt."

      Wollte er mir etwa noch Vorwürfe machen? Ich setzte ihm auseinander, warum wir Claudius nicht behalten konnten.

      Er schien mir überhaupt nicht zuzuhören, kraulte Claudius verträumt hinter den Ohren und lächelte versonnen.

      Jürgen stand daneben und schaute mich erwartungsvoll an. Hatte mich sein Freund überzeugt?

      "Herr Östhagen mag ja sehr nett sein und vor allem Tiere lieben", sagte ich auf dem Heimweg zu ihm. "Aber unser Nachbar ist eben leider genau das Gegenteil. Er mag keine Hunde und..."

      "...und bestimmt auch keine Babys", fiel mir Jürgen triumphierend ins Wort. "Herr Östhagen hat Kinder sehr gerne. Ich muss ihm oft von der Schule erzählen. Und von meinen Freunden."

      "Ich finde, er lässt sich ziemlich gehen", tadelte ich. "Er ist wohl nicht verheiratet?"

      "Seine Frau ist tot", wusste Jürgen, "und seine beiden Töchter sind verheiratet. Aber nicht hier in der Stadt. Jetzt ist ihm oft sehr langweilig in seinem Haus. Deshalb geht er auch so viel spazieren."

      "Er besitzt ein eigenes Haus?", staunte ich und stellte mir die Unordnung darin vor. "Das würde ich mir gerne einmal ansehen."

      Jürgen arrangierte mit Herrn Östhagen alles Nötige, und am Wochenende besuchten wir den Mann in seinem Haus am Stadtrand.

      Jetzt war auch Karlheinz überrascht. "So viele Räume! Und diese herrliche Lage!"

      "Platz für einen riesigen Schäferhund und für ein winziges


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